Schaulaufen der Neuen, einige Stars fehlen

Fußball-Zweitligist VfB Stuttgart gewinnt Jubiläumsspiel der TSG Backnang mit 3:0 – Fußballfest mit 3 000 Fans in den Etzwiesen

Ein herrlicher Sommerabend und mit etwa 3000 Zuschauern eine tolle Kulisse: Das Jubiläumsspiel zum 100. Geburtstag des Verbandsligisten TSG Backnang gegen den VfB Stuttgart war ein Fußballfest. Was nicht ganz in das Bild passte, war die trotz des 3:0-Sieges sehr durchwachsene Leistung des Zweitligisten, der zudem ohne einige Stars antrat. Das tat der Stimmung aber keinen Abbruch, zumal die angeschlagenen und geschonten Spieler abseits des Platzes für die Fans da waren.

Schaulaufen der Neuen, einige Stars fehlen

Hat klare Vorstellungen und trichtert sie seinen Spielern ein: Der neue VfB-Coach Tim Walter. Foto: A. Becher

Von Steffen Grün

Schon eine Stunde vor dem Anpfiff haben die Parkplatzeinweiser vor den Toren des Etzwiesenstadions alle Hände voll zu tun. Die Neugier auf das stark umgekrempelte Team lockt die VfB-Anhänger in Scharen unter das Murrtal-Viadukt, für alle TSG-Sympathisanten ist der Besuch des Jubiläumsspiels ohnehin Ehrensache. Die Zeit, bis es losgeht, vertreiben sich Jung und Alt mit dem Kauf von Fanartikeln, kühlen Getränken und Roten Würsten oder mit Versuchen an der Schussmessanlage, an der es unter anderem ein VfB-Trikot mit Original-Unterschriften zu gewinnen gab.

Als sich die Mannschaften aufwärmen – die Einheimischen im rot-weiß-gestreiften Jubiläumsdress, der später nicht zum Einsatz kommt – ist heiteres Zugänge-Raten angesagt. Tatsächlich sind die Neuen beim schwächelnden Stolz der Schwaben stark vertreten: Tanguy Coulibaly, Roberto Massimo und Hamadi Al Ghaddioui im ersten Abschnitt, nach dem Wechsel dann Pascal Stenzel, Atakan Karazor und der erst am Vormittag von Bayern München II geholte Maxime Awoudja, dazu Mateo Klimowicz über die vollen 90 Minuten. Wer sich einen Eindruck von den frischen Hoffnungsträgern verschaffen möchte, kommt auf seine Kosten. Wer aber die verbliebenen Stars auf dem Rasen sehen will, wird enttäuscht: Mario Gomez, Gonzalo Castro und Daniel Didavi werden fürs heutige Duell in Uzwil mit Zürich geschont. „Das hat nicht nur uns als Mannschaft, sondern auch die Zuschauer enttäuscht“, sagt Backnangs Kapitän Oguzhan Biyik nach dem Abpfiff. Erweitert wird die Liste der Fehlenden von den verletzten David Kopacz und Philipp Klement, vom am Zahn operierten Anastasios Donis, vom angeschlagenen Holger Badstuber sowie von den neuen Torhütern Gregor Kobel und Fabian Bredlow.

Der Anstoß bleibt Frank Nopper vorbehalten. Der Oberbürgermeister der Murrmetropole, der treuer TSG-Fan ist, passt den Ball zu Mario Marinic und eilt unter dem Beifall der Zuschauer vom Platz. Böse Zungen könnten sagen, der Rathauschef habe damit einen schnelleren Sprint hingelegt, als es anfangs die Gäste aus Stuttgarter tun. Die legen gemächlich los, die Hausherren wehren sich nach Kräften. In der zehnten Minute drischt Erik Thommy die Kugel aus kurzer Distanz über Backnangs Kasten, sechs Zeigerumdrehungen später legt der Favorit das 1:0 vor. Emiliano Insua flankt von der linken Seite, dann passiert etwas mit Seltenheitswert: Der lediglich 1,68 Meter große Santiago Ascacibar erzielt ein Kopfballtor. In einer leichten Rückwärtsbewegung befördert der Argentinier den Ball gegen die Laufrichtung von Torwart Marcel Knauss ins linke Eck.

Viel los ist fortan aber wieder nicht auf dem Rasen, was nach erst zwei Trainingseinheiten und mit Blick auf die Kräfteverhältnisse nicht der TSG anzulasten ist. Beim VfB dient dagegen allenfalls die hohe Belastung in der heißen Vorbereitungsphase als Ausrede – und die Tatsache, dass das Team in dieser Formation wohl kein Zweitligaspiel bestreiten wird. Zur Pause gibt es trotzdem freundlichen Applaus, in den folgenden 15 Minuten stehen Mario Gomez und Co. im Blickpunkt: Der Inhaber des Hotels Alte Vogtei in Backnang und die anderen VfB-Spieler, die Trainer Tim Walter nicht zum Einsatz bringt, geben Autogramme und posieren für Selfies.

Nach dem Seitenwechsel hat TSG-Torjäger Mario Marinic das 1:1 auf dem Fuß, schießt aber drüber (53.). Besser macht es auf der anderen Seite dann Nicolas Gonzalez, der in der 57. Minute anders als so oft in der Vorsaison eiskalt zum 2:0 abschließt. Den Schlusspunkt setzt Maxime Awoudja in der 76. Minute, und nicht nur deshalb stellt der neue VfB-Coach dem Innenverteidiger ein gutes Zeugnis aus. „Er hat es heute sehr gut gemacht, er ist ein offensiv denkender Spieler.“ Warme Worte von Tim Walter für den brandneuen Spieler, freundliche Worte von seinem Kollegen Evangelos Sbonias für die Gäste: „Ich glaube, dass der VfB Stuttgart mit seinem neuen Trainer in der nächsten Saison ganz vorne mitspielt.“

Stimmen zum Spiel

TSG-Trainer Evangelos Sbonias: „Wir hatten nicht so oft den Ball, aber das war eigentlich klar gegen einen Zweitligisten. Wir haben nicht viel zugelassen. Wenn wir es in der einen oder anderen Situation noch besser ausgespielt hätten und etwas ruhiger am Ball gewesen wären, hätten wir vielleicht sogar ein Tor gemacht. Das hätte mein Team verdient gehabt. Im Großen und Ganzen war es ein sehr guter Auftritt.“

VfB-Coach Tim Walter: „Die Leistung war okay. Wir haben Lösungen gegen einen tief stehenden Gegner kreiert, bei einigen Spielern waren es gute Lerneffekte. Das Spiel kam uns eigentlich etwas ungelegen, da wir auf dem Weg ins Trainingslager sind.“

TSG-Vorstandssprecher Georg Hopp: „Ich bin total zufrieden mit dem Zuschauerzuspruch. Ich wünsche mir, dass viele beim ersten Heimspiel der Verbandsliga-Saison wieder kommen. Heute hat man gesehen, dass wir eine sehr gute Mannschaft haben.“

VfB-Präsident Wolfgang Dietrich: „Wir haben ein schönes Spiel gesehen. Ich glaube, dass nach dem Abstieg sowohl wir beim VfB als auch die TSG die Kurve kriegen.“

TSG-Vorstandsmitglied Marc Erdmann: „Es hat alles gepasst – die Organisation, die beeindruckende Zuschauerkulisse. Wir haben uns gegen einen Zweitligisten überragend präsentiert und haben vor allem in der ersten Halbzeit wenig zugelassen.“

VfB-Präsidiumsmitglied Thomas Hitzlsperger: „Ich bin überrascht, wie gut die TSG Backnang war.“