So schnell wie möglich zurück ins Wasser

Der Zusammenhalt sei sogar noch gewachsen, blicken Schwimmer und Wasserballer der TSG Backnang auf nun fast elf Wochen ohne Hallen- und Freibad zurück. Sie halten sich mit kreativen Mitteln fit, ihr eigentliches Element vermissen die Sportler aber schmerzlich.

So schnell wie möglich zurück ins Wasser

Hoffen, dass sich die Türen ins Freibad in Kürze öffnen (von links): Athletikcoach Marcel Hänsch, Wasserballer Fabio Taccogna und Schwimmerin Cara Möhle und von der TSG Backnang.Foto: A. Becher

Von Steffen Grün

Alle Athleten konnten in den vergangenen Wochen und Monaten nicht so, wie sie es eigentlich wollten und wie sie es vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie gewohnt waren. Spiele wurden abgesagt und Wettkämpfe gestrichen, Hallen blieben verriegelt und Sportplätze geschlossen. Man tut aber wohl trotzdem keinem unrecht, wenn man betont, dass es Schwimmer und Wasserballer besonders hart getroffen hat. Mit der Schließung der Hallen- sowie der verschobenen Eröffnung der Freibäder fehlte ihnen schlicht und ergreifend das Element, das ihren Sport im Kern ausmacht. „Wir waren nicht dort, wo wir sein sollten“, sagt Jörg Scheifele und der Trainer der Backnanger TSG-Schwimmer meint damit natürlich das wohltemperierte Wasser einer öffentlichen Badeanstalt. Nur die richtig Hartgesottenen zog es vielleicht mal in den Neckar oder einen Badesee, aber allen voran für die Kinder und Jugendlichen war das keine ernsthafte Alternative.

Was also tun, um trotzdem irgendwie fit zu bleiben und den Teamgeist zu pflegen, obwohl seit Mitte März kein gemeinsames Training im üblichen Modus möglich ist? „Wir haben rasch angefangen, uns zu den eigentlichen Trainingszeiten via Skype zu treffen“, erzählt Ulrich Beuthner und stellt seinen Wasserballern ein starkes Zeugnis aus. Er habe sich im Rahmen der Bildtelefonie als Trainer weitestgehend zurücklehnen können, weil Woche für Woche ein anderer Spieler seine Ideen einbrachte. „Das war unheimlich kreativ“, lobt der 53-Jährige die Eigendynamik, die sich entwickelte: „Jeder hat etwas anderes ausgegraben.“ Mal wurde der Muskelapparat im Rücken gestärkt, mal der im Bauch oder sonst wo. Zum Repertoire gehörte zudem auch Trockenschwimmen und das sei „ganz schön anstrengend“, stöhnt der Trainer. Vielleicht liegt’s an solchen Übungen, dass einer seiner Schützlinge ein überraschendes Fazit zieht. „Wir stehen so gut im Saft wie selten“, sagt Fabio Taccogna und schmunzelt. Der 29-Jährige, der vor dieser Saison nach Backnang wechselte und aus Esslingen sogar Bundesliga-Erfahrung mitbringt, lobt die Nachwuchstalente, die viel Verantwortung übernommen hätten. Insgesamt habe alles „wunderbar funktioniert, wir sind als Team noch enger zusammengewachsen“.

Nichtsdestotrotz hofft Fabio Taccogna, „dass wir jetzt in Kürze wieder ins Wasser können, denn das ist unser Element“. Damit spricht er seinem Coach aus der Seele, der das Zepter dann wieder stärker in die Hand nehmen und sich der Herausforderung stellen wird, „auch unter den weiterhin gegebenen Einschränkungen ein möglichst abwechslungsreiches Training anzubieten“. Solange Körperkontakt untersagt und der Kampf um den Ball komplett tabu ist, bleibt weiterhin Kreativität gefragt.

Etwas leichter hat es da der Kollege von Ulrich Beuthner, der bei den Schwimmern der TSG Backnang den Takt vorgibt. Jörg Scheifele kann die Mädchen und Jungs in der Leistungsgruppe ohne größere Probleme mit dem gebotenen Abstand sowie auf verschiedenen Bahnen in das Becken schicken. Dort gilt es dann, die nötigen Kilometer abzuspulen, um „das Wassergefühl zurückzuerlangen und die Form langsam wieder aufzubauen“. Alles das, um für den Tag X gerüstet zu sein, wenn wieder Meetings stattfinden. Wann das sein wird, weiß keiner, aber trotzdem ist die Erleichterung riesig, dass sich zumindest die harte Zeit ohne richtiges Schwimmtraining langsam ihrem Ende zuneigt. „Alle sind sehr froh, wenn es wieder losgeht“, gibt Cara Möhle stellvertretend für sämtliche Teammitglieder zu Protokoll. Die vergangenen Wochen seien zwar besser gelaufen, als sie anfangs befürchtet hatte, „und wir haben die Phase miteinander gut überstanden, aber die Gruppe hat mir schon sehr gefehlt“. Insofern war es zumindest ein kleiner Anfang, dass es auf dem Hagenbachgelände mittlerweile bereits drei gemeinsame Konditions- und Krafteinheiten gab, „denn das alleine trainieren wird mit der Zeit immer schwieriger“, betont Scheifele. Zu Beginn der Zwangspause sei noch viel Enthusiasmus dabei gewesen und die selbst gedrehten Filme seiner Schützlinge, mit der sie ihr Heimtraining dokumentierten, „waren richtig lustig“, aber nun sei es auch gut.

Die Schwimmer zieht es mit aller Macht zurück ins Becken. „Seit ich diesen Sport betreibe, gab es noch nie einen so langen Zeitraum, in dem ich nicht zum Training im Wasser war“, sagt Cara Möhle – und die 17-jährige Schülerin ist immerhin auch schon etwas mehr als zehn Jahre dabei. Die Sommerpause dauere drei bis vier Wochen, aber da geht’s ans Meer oder einfach so einmal ins Freibad. Nun waren die Wassersportler schon seit beinahe elf Wochen überhaupt nicht in ihrem Element.

Nahender Saisonstart im Freibad: Das Wonnemar wartet nur noch aufs Signal der Landesregierung

„Ich sehe Licht am Ende des Tunnels“, sagt Mark Daynes. Der Leiter der Schwimmabteilung der TSG Backnang, der in dieser Funktion auch für die Wasserballsparte zuständig ist, hegt aus zweierlei Gründen die berechtigte Hoffnung, dass seine Sportler nach einer Zwangspause von mittlerweile beinahe elf Wochen bereits in naher Zukunft wieder ins Wassertraining zurückkehren können.

Da wäre zunächst die aktuelle Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg, die es ab Dienstag, 2. Juni, erlaubt, dass Hallen- und Freibäder für Kurse und Vereinssport wieder öffnen. Die Sache hat aber einen Haken: Das Wonnemar teilt auf seiner Homepage bereits mit, dass es sich nicht lohne, nur dafür zum Beispiel die Becken zu beheizen. Zwar hätte Centermanager Ricardo Haas „prinzipiell nichts dagegen“, sollten Wasserballer und Schwimmer direkt nach Pfingsten wieder kommen, doch sie müssten im Freibad mit Wassertemperaturen von unter und im Hallenbad von rund 20 Grad vorliebnehmen. Denkbar, dass sie das mit Neoprenanzügen tatsächlich tun, deutet Daynes an. Er liebäugelt mit dem Hallenbad, obwohl Jörg Scheifele „für ein vernünftiges Training“ 24 bis 25 Grad für nötig hält. Der Schwimmcoach sieht im Angebot des Betreibers allerdings auch „ein Entgegenkommen, mit dem man nicht unbedingt rechnen müsste“, weshalb es zumindest zum sanften Einstieg kommen könnte. Das Wonnemar würde zwar nur den Öffnungs- und den Schließdienst leisten und ansonsten wäre der Verein laut Haas „weitgehend auf sich alleine gestellt“, doch das ist in normalen Zeiten meist genauso.

Vielleicht sind solche Gedankenspiele aber auch schon in Kürze obsolet, weil es Baden-Württemberg den meisten anderen Bundesländern gleichtun und zumindest den Freibädern den grundsätzlichen Saisonstart gestatten könnte. „Wir sind prinzipiell startklar und warten auf das Signal“, sagt Haas und Martin Hinderer als Geschäftsführer der Städtischen Bädergesellschaft stimmt zu: „Wir haben alle Vorbereitungen getroffen, um das Freibad baldmöglichst öffnen zu können. Nur das Wasser ist noch nicht beheizt.“ In wenigen Tagen, abhängig vom Wetter, wäre es warm genug – davon hätten dann Vereinssportler, Kursteilnehmer und normale Gäste gleichermaßen etwas. Fürs Hallenbad braucht es eine etwas längere Vorlaufzeit und grundsätzlich bleibt abzuwarten, unter welchen Auflagen die Bäder in diesem Jahr geöffnet werden.