Spiegelbild der Hinrunde

Warum der VfB Stuttgart zum Jahresausklang allenfalls einen Aufschwung light erkennen lässt

Von Gregor Preiß

Auswärtspleite - „Der Abstiegskampf wird uns noch lange begleiten“, mutmaßt VfB-Sportchef Michael Reschke. Ein Erfolg gegen Schalke 04 wäre deshalb ein wichtiger Mutmacher für das kommende Jahr.

Stuttgart Irritiert blickte Michael Reschke auf den Bildschirm, auf dem kurz nach Spielschluss in der Wolfsburger Arena die Zusammenfassung der anderen Bundesligaspiele gezeigt wurde.

Hatte Fortuna Düsseldorf doch tatsächlich das 2:0 gegen Borussia Dortmund erzielt, durch einen schönen Weitschuss eines gewissen Jean Zimmer. „Es läuft nicht wirklich gut für uns“, kommentierte der Sportchef des VfB Stuttgart den Sieg von Fortuna Düsseldorf in Kombination mit der eigenen 0:2-Niederlage trocken. Wodurch der VfB zurück auf den Relegationsplatz 16 fiel.

Der Aufsteiger aus dem Rheinland hält sich dagegen wacker. Und ist noch lange nicht der sichere Abstiegskandidat, für den ihn immer noch viele Experten halten. So ­lautet eine Erkenntnis dieses 16. Spieltags.

„Der Abstiegskampf wird uns noch lange begleiten“, folgerte Reschke und fuhr sich nachdenklich mit der Hand übers Gesicht. 14 Punkte stehen vor dem abschließenden Vorrundenspiel gegen den FC Schalke 04 am Samstag (15.30 Uhr) auf der Habenseite der Stuttgarter. Das kommt dem vor einigen Wochen angepeilten Ziel von 15 Punkten bis zur Winterpause zwar ziemlich nahe. Was aber nicht heißen soll, dass diese Zwischenbilanz irgendjemand zufriedenstellen würde. „Gegen Schalke“, sagte Reschke, habe man die Chance, die Vorrunde „ordentlich abzuschließen“. Mehr aber auch nicht.

Im nächsten Jahr soll dann alles besser werden. Mit neuem Mut und frischen Kräften. Wenn es noch eines Beweises für die Notwendigkeit einer Blutauffrischung im Stuttgarter Kader gebraucht hätte, die 90 Minuten von Wolfsburg lieferten ihn den Strategen vom Cannstatter Wasen eindrucksvoll. Dem VfB gelang gegen einen guten, wenngleich nicht übermächtigen Gegner in 90 Minuten kein gefährlicher Torschuss. Geschweige denn brachte er so etwas wie eine Torchance zustande. Timo Baumgartls banale Erkenntnis: „So kannst du kein Spiel gewinnen.“

Tatsächlich kommt es nicht von ungefähr, dass die Mannschaft von Markus Weinzierl in zehn ihrer 16 Spiele ohne eigenen Torerfolg blieb. Weshalb Reschke den Auftritt am Dienstagabend „als symptomatisch für unsere gesamte Hinrunde“ wertete. Im neunten Spiel unter Cheftrainer Markus Weinzierl bleibt es bei einem Aufschwung light. In der niedersächsischen Autostadt verdiente sich der VfB das Prädikat stets bemüht, versuchte zumindest, den Gegner an dessen Strafraum zu attackieren und früh unter Druck zu setzen. Allein, es blieb beim Versuch. „Die Ansätze waren da“, befand Weinzierl. „Aber nur der Wille reicht nicht.“ Was wiederum die Qualitätsfrage nach sich zieht. Die zwei Abwehrpatzer, die zu den beiden Gegentoren führten, waren noch das geringste Problem.

Die Kernzonen spielerischer Armut liegen weiter vorne. Auf den Außenpositionen, auf denen das Stuttgarter Angriffsspiel grundsätzlich aufbaut. Nur fehlte es dort Anastasios Donis nach seiner langen Verletzung an Mut und Überzeugung in die eigene Stärke. Während Pablo Maffeo weiter ausfällt, Borna Sosa nach seiner Schambeinverletzung gerade erst wieder Fahrt aufnimmt, ließ Chadrac Akolo in seinem zweiten Spiel in Folge von Beginn an keine Weiterentwicklung erkennen.

Also spulten die Stuttgarter ihr Schema F ab: Flanken aus dem Halbfeld. Die erweisen sich meist so gefährlich wie ein Mondball im Tennis und landen überall – bloß nicht dort, wo sie eigentlich hin sollen: bei Angreifer Mario Gomez. Nach der Pause konzentrierte sich das Spiel durch die ­Hereinnahme von Daniel Didavi mehr aufs Zentrum. Immer wieder suchten die Mitspieler Didavi, nach dem Motto: Mach du mal!

Doch für den an einer gereizten Achillessehne leidenden Spielmacher gilt wie für die gesamte Truppe: Er kommt auf der letzten Rille daher. Durch die vielen Verletzungen in dieser Hinrunde ist zu viel in Schieflage geraten, als dass sich Automatismen im Stuttgarter Offensivspiel hätten ausbilden können. Weshalb es also neue Spieler richten sollen. Drei Neue für sämtliche Problemzonen werden es aber wohl nicht werden. Reschke sprach am Dienstag von „kleineren Nachjustierungen“ und davon, dass er dem aktuellen Kader grundsätzlich vertraue. „Der Transfermarkt im Winter ist schwierig“, machte der Sportchef deutlich, dass Kaliber wie die letztjährigen Winterneuzugänge Erik Thommy und Mario Gomez nicht zwingend zu erwarten seien.

Jean Zimmer, den sich erste Fans nach seinem Traumtor gegen Dortmund schon zurückwünschen, wird jedenfalls nicht darunter sein. Der Ex-Stuttgarter wurde fest an Fortuna Düsseldorf abgegeben. Und dass der Flügelflitzer beim VfB so funktionieren würde wie beim Aufsteiger, bleibt eine kühne Herleitung.