Spitzenteam oder Profiteur: Wie gut ist Wolfsburg wirklich?

dpa Wolfsburg. Der VfL Wolfsburg steht auf einem Champions-League-Platz und ist als einzige Mannschaft der Bundesliga noch ungeschlagen. Doch auch das 1:0 gegen Union warf die Frage auf: Wie gut ist dieses Team wirklich?

Spitzenteam oder Profiteur: Wie gut ist Wolfsburg wirklich?

Der VfL Wolfsburg bleibt mit Trainer Oliver Glasner ungeschlagen. Foto: Peter Steffen/dpa

Vor Bayern München, vor Borussia Dortmund und auch vor dem nächsten Gegner RB Leipzig: Der VfL Wolfsburg geht nach dem 1:0 (0:0)-Sieg gegen den 1. FC Union Berlin als Tabellenzweiter in die Länderspiel-Pause der Fußball-Bundesliga.

Schon in der vergangenen Saison legten die Niedersachsen unter Bruno Labbadia eine rasante Entwicklung vom Fast-Absteiger zum Europa-League-Teilnehmer hin. Unter dem neuen Trainer Oliver Glasner haben sie nun zumindest in der Tabelle noch einmal einen Schritt nach vorn gemacht. Doch ist der VfL bereits ein Spitzenteam? Was spricht dafür - und was dagegen?

DIE TAKTIK: Schon nach wenigen Wochen in Deutschland ist sich der Österreicher Glasner sicher: „Die Bundesliga ist sehr ausgeglichen und intensiv. In dieser Liga steckt sehr viel Physis. An diesem Samstag ist jede Mannschaft bis auf Borussia Dortmund mehr als 120 Kilometer gelaufen. Dagegen musst du erst einmal ankämpfen in jedem Spiel.“ Der VfL hat für einen derart kräftezehrenden Wettbewerb im Moment genau die richtigen Eigenschaften. Mit nur vier Gegentoren hat er die beste Abwehr der Liga. Im 3-4-3-System von Glasner ist er nur so schwer zu knacken, dass er unter seinem neuen Trainer von zehn Pflichtspielen in drei Wettbewerben noch kein einziges verloren hat.

DIE MENTALITÄT: Die beiden Fast-Abstiege 2017 und 2018 haben ihre Spuren hinterlassen. „Wir haben viele Spieler, die hungrig sind, die wieder Erfolg haben und unsere Vergangenheit ad acta legen wollen“, sagte Robin Knoche am Sonntag. Schon Labbadia lobte ständig die Mentalität dieses Teams. Glasner hat zwar die Spielanlage des VfL verändert, gibt seinem Vorgänger aber im Grundsatz völlig recht. „Wir haben jedes Spiel sechs bis acht Verletzte. Und die Spieler, die dann reinkommen, machen das fantastisch“, sagte er. „Alle Spieler bei uns haben einen unglaublich guten Charakter. Wenn man sie braucht, sind sie da. Das ist die Basis für das, was wir bisher erreicht haben.“

DER SPIELPLAN: Köln, Hertha, Paderborn, Düsseldorf, Hoffenheim, Mainz, Union: Die „Wölfe“ haben noch gegen kein Team aus der oberen Tabellenhälfte gespielt. Leipzig, Dortmund, Leverkusen: Das sind drei der nächsten vier Gegner. Der Spielplan hat den Wolfsburger Saisonverlauf bislang enorm begünstigt. Er wird auf die Frage, wie gut diese Mannschaft wirklich ist, aber auch zeitnah einige Antworten liefern. Zehn Spiele ohne Niederlage primär auf die Gegner zu schieben, lässt Glasner aber nicht gelten. „Es gibt in dieser Liga keine Pflichtsiege - egal, wann wer gegen wen wo spielt“, sagte er.

DIE SPIELWEISE: Jeder VfL-Fan ist wunschlos glücklich - das könnte man nach diesem Saisonstart meinen. Tatsächlich aber ist auf den Tribünen auch viel Unmut über die vermeintlich unansehnliche Spielweise zu hören. Glasner ist dabei, aus einer Ballbesitz- eine Kontermannschaft zu formen. Das ist ein Prozess, der „viel Energie fordert“ (Josuha Guilavogui) und der sich nur in einzelnen Schritten angehen lässt. Also hat der Trainer seinen Schwerpunkt zunächst auf die Defensive gelegt. Für alles andere gilt: „Die Feinabstimmung und die Details - das passt noch nicht ganz“, sagt Maximilian Arnold. Dafür brauche man Zeit. Ein Champions-League-Kandidat sei man „noch nicht“.