Sportliches Glücksspiel unter freiem Himmel

Hans-Ulrich Kirmse blickt mit Backnangs Tennismännern auf eine gute Saison zurück. Gleichzeitig verweist der Coach darauf, dass Reutlingen als Viertletzter absteigt, obwohl es mit 5:3 Punkten gleich viele Siege wie der Tabellenzweite TSG und drei weitere Württembergligisten feierte.

Sportliches Glücksspiel unter freiem Himmel

Hans-Ulrich Kirmse erlebte mit der TSG eine spannende Runde. Am Ende reichte es Backnang zu 5:3-Siegen, damit zu Rang zwei und trotzdem eher knapp zum Ligaverbleib. Foto: B. Strohmaier

Von Uwe Flegel

Hans-Ulrich Kirmse fühlt sich bestätigt: „Ich habe ja immer gesagt, dass das alles ganz, ganz eng ist.“ Das alles, das ist die Württembergliga der Männer und der erfahrene Trainer der TSG Backnang Tennis hatte ein gutes Näschen bewiesen. Denn in der Liga, in der so ziemlich jeder gegen jeden gewonnen hat, stieg beispielsweise mit dem TC Markwasen Reutlingen ein Team als Viertletzter ab, das mit 5:3 Zählern genau so viele Punkte vorweisen kann wie der Zweitplatzierte TSG Backnang und wie der TV Reutlingen II, der TC Metzingen und auch der TC Oberstenfeld.

„Wir haben zum Beispiel gegen den späteren württembergischen Meister Böblingen 6:3 gewonnen – und das war kein enges Spiel, allerdings gegen den Tabellenletzten Cannstatter TV 4:5 verloren“, verdeutlicht Kirmse, was in der vierthöchsten deutschen Liga an Ergebnissen diesmal möglich war. Für den Mann, der seit nunmehr dreieinhalb Jahrzehnten bei der TSG fürs Training zuständig ist, steht fest: „Die Württembergliga dieses Jahr war die beste, die es bisher gab. Und ich kann das beurteilen, habe ich diese Klasse doch von Anfang an begleitet.“

Deshalb ist dem erfahrenen Coach durchaus bewusst, dass das Team um den sich im Verein zudem als Sportwart engagierenden Maximilian Hepp zwar eine gute Runde spielte, aber auch etwas Glück hatte. Denn nachdem es unerwartet sogar vier Absteiger gab, hätte eine Backnanger Niederlage im zuvor als eher bedeutungslos angesehenen letzten Saisonspiel den Gang in die Oberliga bedeutet. Die TSG siegte beim bis dahin zweitplatzierten TV Reutlingen II mit 7:2, kletterte in der Tabelle noch zwei Ränge hoch und war gerettet. Dagegen musste der TC Markwasen neben Cannstatt, der SG Schorndorf und dem TC Kirchheim in den sauren Apfel beißen. Und das trotz positiver 5:3 Punkte – kurios und ganz, ganz bitter.

Neue Ausländerregel sorgt für Spannung und ein höheres Niveau in der Liga

Das hohe Niveau und auch die eher wenig kalkulierbaren Ergebnisse haben für den Backnanger Coach durchaus etwas mit der Änderung der Ausländerregelung zu tun. War zuvor immer ein Spieler ohne deutschen Pass pro Mannschaftsduell erlaubt, so wurde vor dieser Runde jegliche Begrenzung aufgehoben. Theoretisch hätte jedes Team mit sechs ausländischen Akteuren um Punkte kämpfen können. Tat aber niemand. „Keiner hat es übertrieben, das fand ich gut“, erklärt Kirmse. Sein Verein zum Beispiel baute in allen Vergleichen auf den Franzosen Sebastian Boltz, der es an Nummer zwei im Einzel wie auch im Doppel auf eine klasse 7:1-Bilanz brachte, sowie an eins abwechselnd auf den Ungarn David Szintai oder den Briten Billy Harris. Die hatten in den Einzeln jeweils eine durchwachsene Bilanz, blieben in den Doppeln aber ohne Niederlage. Der TSG-Trainer, der im Backnanger Herren-55-Team in der Regionalliga Südwest selbst noch zum Schläger greift, sagt zum Ausländerthema: „Zwei hast du einsetzen müssen. Wer nur mit einem gespielt hat, der war chancenlos.“

Vorne punktet Sebastian Boltz und hinten Nico Hadeler und Nils Hoffacker

Wobei bei seiner Sechs nicht nur der Franzose Boltz ein sicherer Punktesammler war. „Nico Hadeler und Nils Hoffacker an Position fünf und sechs waren ebenfalls eine Bank“, urteilt der Coach. Wie Boltz vorne, so kamen auch die beiden hinten in den Einzeln jeweils auf sehr gute 7:1-Siege. „Damit hatten wir im Prinzip in jedem Spiel nach den Einzeln drei der sechs Punkte sicher. Das war für uns schon sehr wichtig, da wir in den Doppeln bekanntlich immer stark sind.“ In der Tat war es auch diesmal so, dass Backnang dank dieser Qualität einige der acht Duelle für sich entschied. Zum Glück für die Sechs aus dem Murrtal, wie sich nach dem Abstieg des TC Bad Schussenried aus der Regionalliga in der Endabrechnung der Württembergliga zeigte.

Doch nicht nur deshalb ist Kirmse mit dem Verlauf der Runde höchst zufrieden. Er gesteht, dass er nach der langen Zwangspause wegen Corona und aufgrund der Regeländerung vorher „nicht so richtig wusste, was auf uns zukommt“. Nun sagt er: „Es war eine unglaublich tolle Saison. Auch weil es menschlich bei uns gut gepasst hat.“ Deshalb hofft der Coach, dass die Mannschaft weitestgehend so zusammenbleibt. Allerdings will sich die TSG umschauen, ob es in der Region noch einen interessanten Spieler gibt. Mit dem und mit dem in den USA lebenden TSG-Eigengewächs Kay Bartmann, der aufgrund der Coronasituation dieses Jahr nicht zu den Punktspielen über den großen Teich in die alte Heimat flog, sieht Kirmse seinen Verein auch für die nächste Württembergliga-Saison gut gewappnet. Wobei das für den Trainer momentan noch etwas Zukunftsmusik ist. Wichtiger ist ihm, „dass wir in dieser Spielklasse nach der Änderung der Ausländerregelung erst einmal Fuß gefasst haben.“