Statist bei Hazards Finalgala: Sündenbock Özil hat den Blues

dpa Baku. Es sollte sein Abend werden, es wurde ein Debakel. Nach seiner schwachen Leistung im Europa-League-Finale gegen den FC Chelsea war Arsenals Mesut Özil - mal wieder - der Sündenbock.

Statist bei Hazards Finalgala: Sündenbock Özil hat den Blues

Antonio Rüdiger (l) jubelt mit Chelsea-Teamkollege Cesar Azpilicueta. Foto: Arne Dedert

So leer und frustriert hatte Mesut Özil nicht einmal beim WM-Aus nach der Erdogan-Affäre gewirkt. Der Weltmeister von 2014 war geschockt, entgeistert - regelrecht apathisch.

Nach der 1:4 (0:0)-Pleite seines FC Arsenal im Europa-League-Finale gegen den FC Chelsea saß der deutsche Ex-Fußball-Nationalspieler minutenlang alleine und gedankenverloren auf der Ersatzbank. Die Silbermedaille riss er sich sofort wieder vom Hals. Als in der Interviewzone sein Name gerufen wurde, blickte er nicht einmal auf. Nach der Niederlage gegen den Londoner Stadtrivalen hatte Özil den Blues.

Es war aber auch alles schief gelaufen an diesem Abend in Baku, der eigentlich ein Höhepunkt für Özil hätte werden sollen. Doch bei der Final-Gala von Chelsea-Star Eden Hazard bot sich der zum Statisten degradierte Özil für die für ihn zuletzt so oft reservierte Rolle des Sündenbocks regelrecht an.

Zum Hauptdarsteller wurde der auf dem Feld fast unsichtbare Özil nämlich erst wieder im Nachspiel der Kritiker. „Zu ihm fällt uns nichts mehr ein“, schrieb die englische „Sun“. Der „Telegraph“ meinte: „Dass er gegen einen 19-Jährigen ausgewechselt wurde, der seit Februar nur ein Spiel im A-Team gemacht hat, sagt alles.“ Und der „Mirror“ urteilte: „Als es ernst wurde, tauchte er ab.“

Bei Özils Auswechslung waren Buhrufe deutlich zu vernehmen. Und Martin Keown bediente sich bei seinem Urteil beißenden Spotts. „Sie hatten Hazard, wir hatten eben Özil“, sagte die Arsenal-Ikone. Der einst eisenharte Verteidiger, der elf Jahre für die Gunners spielte, ergänzte als Experte bei BT Sport: „Özil ist unser größter Spieler. Aber in der Hälfte der Spiele ist er gar nicht da. Er denkt, er tut genug. Aber das tut er nicht.“

Und so schlich Özil um 1.53 Uhr Ortszeit mit gesenktem Kopf aus dem Stadion und steht vor der nächsten schweren Sommerpause. Privat ist derzeit alles bestens, nächste Woche ist die Hochzeit mit seiner in Baku auf der Tribüne mitfiebernden Verlobten Amine Gülse geplant. Doch sportlich steht er vor einer ungewissen Zukunft. Arsenal will mit ihm verlängern oder ihn verkaufen. Spiele wie das am Mittwoch dürften die zweite Variante wahrscheinlicher werden lassen.

Auch bei den anderen beiden deutschen Gunners herrschte Frust. Shkodran Mustafi und Bernd Leno hatten 90 Minuten auf der Bank gesessen und wollten anschließend ebenfalls nicht reden. Leno hatte im Tor Petr Cech (37) in dessen letztem Karriere-Spiel den Vortritt lassen müssen. Doch auch Cech schlich am Schluss frustriert vom Platz: Sein berühmter Helm baumelte in der rechten Hand, mit dem linken Handschuh wischte er sich eine Träne aus dem Auge.

Der umjubelte Held aufseiten der Blues war Eden Hazard. „Hazard vernichtet Arsenal“, schrieb die spanische Sportzeitung „AS“. Der Bruder des von Mönchengladbach nach Dortmund wechselnden Thorgan Hazard erzielte zwei Tore und bereitete eines vor. Er war mit seiner Präsenz, Agilität und Zielstrebigkeit all das, was Özil an diesem Abend nicht war.

Doch noch auf dem Spielfeld wurde der Belgier zur Spaßbremse, als er seinen seit Monaten erwarteten Wechsel zu Real Madrid ankündigte. „Ich denke, das ist ein Goodbye“, sagte Hazard, der 130 Millionen Euro kosten und mit einem Jahr Verspätung bei Real Nachfolger des zu Juventus Turin gewechselten Superstars Cristiano Ronaldo werden soll. Bei den Königlichen hat Özil selbst drei Jahre gespielt, aber nie einen internationalen Vereinstitel gewonnen. Nach nun sechs Jahren bei Arsenal wartet er immer noch darauf.

Chelseas Nationalspieler Antonio Rüdiger feierte dagegen seinen ersten internationalen Club-Titel und wurde dabei zum Partybiest. Kaum ein Spieler war so oft im TV-Bild zu sehen wie der kürzlich am Meniskus operierte Rüdiger. Er saß auf dem Rücken eines Betreuers und reckte eine Krücke in die Luft, hüpfte auf seinen Gehhilfen über den Rasen und machte Faxen.

„In der Euphorie nach dem Abpfiff hat es kaum noch eine Rolle gespielt, dass ich eigentlich noch auf Krücken gehe“, erzählte Rüdiger am Tag danach der Deutschen Presse-Agentur: „Wenn die Wege einmal zu weit waren, hatte ich ja meine Clubkollegen, die mich kurz getragen haben. Das Tanzen in der Nacht war hingegen etwas schwieriger. Aber ich habe einfach auf dem Hintern getanzt. Dazu braucht man keine Beine.“ Auf Instagram postete der 26-Jährige ein Foto, wie er im Sitzen um den Europa-League-Pokal tanzt.

Statist bei Hazards Finalgala: Sündenbock Özil hat den Blues

Mesut Özil sitzt nach der Niederlage geknickt auf der Bank. Foto: Arne Dedert