Krisentreffen in Frankfurt: „Fußballalltag“ wieder in Sicht?

Von Von Ulrike John, dpa

dpa Frankfurt/Main. Nach den wilden Fan-Protesten und Spielunterbrechungen vom vergangenen Wochenende sitzen Fanvertreter und DFB und DFL erstmals an einem Tisch. Die Proteste in den Stadion schwenken allmählich weg von Hoffenheims Reizfigur Dietmar Hopp.

Krisentreffen in Frankfurt: „Fußballalltag“ wieder in Sicht?

Auch beim DFB-Pokalspiel in Frankfurt zeigten die Fans ihren Protest. Foto: Uwe Anspach/dpa

Ein erster kleiner Schritt zur Befriedung im deutschen Fußball ist getan.

Nach einer Krisensitzung der AG Fankulturen in Frankfurt/Main mit DFL-Geschäftsführer Christian Seifert und DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius scheinen sich beide Parteien des zerfahrenen Machtkampfes wieder anzunähern. „Der kommende Spieltag wird zeigen, ob wieder zu einer Art Fußballalltag zurückgekehrt werden wird“, teilte das Bündnis „Unsere Kurve“ nach der zweistündigen Sitzung mit.

Die Vertreter des Deutschen Fußball-Bundes und der Deutschen Fußball Liga hätten sich „durchaus selbstkritisch“ geäußert, was offenbar gut ankam. „Dieser Selbstkritik müssen nun Taten folgen“, schrieb die Fan-Organisation auch im Namen der Bündnisse „Frauen im Fußball“ und „Queer Football Fanclubs“. Die Verbände „kündigten an, für den kommenden Spieltag für höhere Handlungssicherheit sorgen zu wollen, zum Beispiel durch eine bessere Information der Schiedsrichter*innen. Aber auch der Öffentlichkeit.“

Hoffenheims Geschäftsführer Frank Briel erwartet beim Spiel der TSG am Samstag beim FC Schalke 04 zumindest keine neuerlichen Hasstiraden gegen Mäzen Dietmar Hopp auf den Rängen. „Wir sind hoffnungsvoll und gewillt, dass man das Thema auf eine andere Ebene bringt. Es muss uns gelingen, einen vernünftigen Weg zu finden, bevor wir harte Linien ziehen“, sagte Briel.

Hopp war im Streit um die Kollektivstrafe zur Symbolfigur für einige Fans geworden. Zuletzt konzentrierte sich die Empörung der Fans allerdings mehr auf den DFB. So hatten Anhänger von Eintracht Frankfurt beim Pokalsieg gegen Werder Bremen am Mittwochabend friedlich gegen den Deutschen Fußball-Bund und die Deutsche Fußball Liga protestiert. Wohl wissend um mögliche Konsequenzen bei Schmähungen hing ein Spruchband am Spielfeldrand mit einem Gruß an ihren Trainer Hütter: „Adi, meld dich, wenn du ne Spielunterbrechung brauchst.“

Am vergangenen Bundesliga-Spieltag standen die Partien Hoffenheim gegen den FC Bayern und Union Berlin gegen den VfL Wolfsburg nach zwei Unterbrechungen kurz vor dem Abbruch. Um die Details des Drei-Stufen-Plans ging es auch beim Treffen in Frankfurt. Dieser solle „wieder in seinen Kontext eingebettet und seine Umsetzung klar definiert werden“, schrieb „Unsere Kurve“ im Anschluss. „Ursprünglich war er für rassistische Vorfälle vorgesehen.“

Die DFL hatte nach Informationen der ARD-Sportschau einen von der SpVgg Greuther Fürth initiierten Fragenkatalog der Zweitligisten erhalten, wie mit weiteren Fanprotesten am kommenden Wochenende umgegangen werden soll. Darin ging es auch um eine genaue Einschätzung, wann Spruchbänder noch von der Meinungsfreiheit abgedeckt sind.

Diskutiert wurde deshalb am Donnerstag auch über die Grenzen zwischen freier Meinungsäußerung, Beleidigung und Diskriminierung. Die immer wieder gezeigten Plakate mit Hopps Konterfei im Fadenkreuz sorgten zuletzt für Spielunterbrechungen. Ein Urteil des DFB-Sportgerichts hatte den Widerstand in der Ultra-Szene ausgelöst: Fans von Borussia Dortmund dürfen für die nächsten zwei Jahre keine Partie in Hoffenheim besuchen, weil sie das Fadenkreuz-Plakat trotz einer Bewährungsstrafe wieder in der Kurve gezeigt hatten. 2017 hatte der damalige DFB-Boss Reinhard Grindel dem DFB-Sportgericht empfohlen, keine Kollektivstrafen mehr auszusprechen.

„Kollektivstrafen haben im deutschen Fußball noch nie ein Problem gelöst“, teilte die DFL mit. Der DFB verteidigte sich mit den Worten seines Vizepräsidenten Rainer Koch: „Es wurde im Übrigen immer klar kommuniziert, dass Zuschauerausschlüsse nicht kategorisch abgeschafft sind.“

Der weltgrößte Sportfachverband geriet in den vergangenen Tagen zunehmend unter Druck. Mit der Sitzung der AG Fankulturen wollte der Verband nun den „konstruktive Dialog“ auch „in dieser emotionalen Thematik“ aufnehmen und einen Diskurs starten, „welche Formen - auch der überspitzten - Kritik gangbar sind und wo eine rote Linie verläuft“.

Wegen der Veröffentlichung der Ansetzung eines Krisentreffens war der DFB massiv von „Unsere Kurve“ kritisiert worden. Diese Fans werfen dem Verband vor, Absprachen zur Vertraulichkeit gebrochen zu haben und nicht wie behauptet selbst Initiator des Treffens gewesen zu sein. Diese Aussage zog der Verband dann auch wieder zurück.

Die AG Fankulturen mit ihren 16 Mitgliedern unter der Geschäftsführung der DFL hatte sich 2015 zum Ziel gesetzt, „einen dauerhaft belastbaren Dialog miteinander zu führen“ und „in Zusammenarbeit mit der DFB-Kommission Prävention & Sicherheit & Fußballkultur ein wichtiger Impuls- und Ideengeber zu sein“. Den Dialog abgebrochen haben „ProFans“, die Interessenvertretung für Fan- und Ultragruppen, sowie das Bündnis Aktiver Fußballfans (BAFF). Sie waren nach dpa-Informationen in Frankfurt auch nicht eingeladen.