Team am Boden, Trainer frustriert: Schalke in tiefer Krise

Von Von Ulli Brünger, dpa

dpa Gelsenkirchen. Die Mannschaft des FC Schalke wirkt ausgelaugt und taumelt dem Saisonende entgegen. Verletzungsprobleme und Führungsschwäche setzen dem Revierclub mächtig zu. Sportchef Schneider kündigt Konsequenzen an. Und der Club-Patron hat andere Probleme.

Team am Boden, Trainer frustriert: Schalke in tiefer Krise

Trainer David Wagner erlebt mit dem FC Schalke 04 bittere Wochen. Foto: Martin Meissner/AP-Pool/dpa

Die Krise des FC Schalke 04 wird zum Dauerzustand und nicht folgenlos bleiben. Seit 15 Spielen ist die Mannschaft ohne Sieg, und die nicht enden wollende Negativserie setzt dem Fußball-Bundesligisten mächtig zu. Am Sonntag kündigte Sportchef Jochen Schneider Konsequenzen an.

„So kann es nicht weitergehen“, sagte der 49-Jährige einen Tag nach dem 1:4 gegen den VfL Wolfsburg den „Ruhr Nachrichten“. Trainer David Wagner darf aber weitermachen. Eine vor Wochen getätigte Job-Garantie für den frustrierten Wagner erneuerte Schneider am Sonntag noch einmal. Er habe zu „100 Prozent“ Vertrauen in Wagners Arbeit, sagte der 49-Jährige.

Einen Tag zuvor hatten Wagners Aussagen wie Durchhalteparolen geklungen: „Nach einer 1:4-Niederlage noch etwas Positives herauszuziehen, ist schwierig. Nichtsdestotrotz werden wir auch am nächsten Samstag in Freiburg versuchen, zu gewinnen.“

Schon vor dem Spiel gegen Wolfsburg hatte Wagner angekündigt, den sportlichen Absturz in der Rückrunde mit der Führungscrew zu analysieren und Ursachen für den Absturz zu erforschen. Dies ist nun wohl abgeschlossen. Entsprechende Konsequenzen sollen laut Schneider nach dem abschließenden Saisonspiel am kommenden Samstag beim SC Freiburg verkündet werden. „Wir stecken in einer ganz, ganz bitteren Phase. Ich kann mich nur bei jedem Schalke-Fan für die Leistungen entschuldigen, die die Mannschaft größtenteils in den vergangenen Monaten abgeliefert hat“, sagte Schneider.

Zuvor waren er und Alexander Jobst als Vorstandsmitglieder mehr oder minder abgetaucht. Auch Club-Patron Clemens Tönnies taugt als Krisenmanager auf Schalke derzeit nicht. Der 64 Jahre alte Unternehmer steht wegen des dramatischen Corona-Ausbruchs in seinem Fleisch-Imperium derzeit unter großem Druck und hat viel gravierendere Probleme. Weil er unter sogenannter Arbeitsquarantäne steht, konnte er die Partie in der Arena zudem nicht live verfolgen.

Selbst ein Sieg im Breisgau würde die völlig verkorkste Schalker Rückrunde mit nur einem Sieg zum Jahresauftakt gegen Borussia Mönchengladbach (2:0), neun Niederlagen und sechs Remis nicht retten. Ein Ausweg aus der Misere ist nicht in Sicht, zumal sich personell im Saisonfinale nichts Entscheidendes verbessert. Im Gegenteil: Der vom FC Everton geliehene Rechtsverteidiger Jonjoe Kenny hat sein letztes Spiel im Schalke-Trikot bestritten, fehlt in Freiburg gelbgesperrt.

So taumelt Schalke dem Saisonende entgegen. Tapfer versucht Kapitän Daniel Caligiuri seine Mitspieler zu motivieren: „Die Köpfe spielen eine große Rolle. Wir dürfen zukünftig nicht so negativ denken, im Moment fällt es uns als Mannschaft aber sehr schwer“, sagte der 32-Jährige. „Wir kämpfen solange, bis die Saison zu Ende ist und müssen versuchen, in Freiburg was mitzunehmen und die Krise zu beenden.“

Doch dass sich das ausgelaugte Team mit seinen vielen unerfahrenen Nachwuchskräften im Breisgau nochmal richtig quälen kann, ist schwer zu glauben. Dabei ist die Endplatzierung in der Tabelle nicht ganz unbedeutend, weil vor allem die Verteilung der TV-Gelder davon abhängt. Andererseits - um es böse zu formulieren - hat der klamme Club zuletzt eine Menge Siegprämien eingespart.

Unübersehbar ist die Offensiv-Schwäche im zweiten Saisonteil. Ganze neun Tore (bei 33 Gegentreffern) brachte Schalke zustande. Allein bei Wagner die Schuld für den sportlichen Niedergang zu suchen, wäre unfair. Schließlich steht er auch für eine beachtliche Hinserie, als sein Team dank laufintensivem Pressing 30 Punkte sammelte.

Die riesigen Verletzungsprobleme seit Februar mit dem Ausfall von bis zu zehn Stammkräften sind nicht wegzudiskutieren, auch wenn sich Wagner schwer tut, dies immer wieder als Entschuldigung anzuführen. Nach den Toren von Wout Weghorst (16./56.), Kevin Mbabu (59.) und Joao Victor (70.) sowie der Ergebniskosmetik durch Rabbi Matondo (71.) stellte er ernüchtert fest: „Wir sind auf einen Gegner getroffen, der im Moment ein anderes Level hat als wir.“