Tiefe Trauer nach Lauda-Tod: Einen Helden verloren

dpa Zürich. Niki Lauda war ein Mann mit Rückgrat. Der Österreicher gehörte zu den ganz Großen in der Formel 1. Dreimal holte er die Fahrer-WM, 1976 überstand er einen Horror-Unfall wie durch ein Wunder. Laudas Tod schockt nicht nur die Motorsportwelt.

Tiefe Trauer nach Lauda-Tod: Einen Helden verloren

Formel-1-Legende Niki Lauda ist tot. Foto: Nelson Antoine/AP

Die Formel 1 hat eine ihrer größten Legenden verloren. Der Tod von Niki Lauda löst weit über die Rennserie hinaus Trauer und Bestürzung aus.

Fahrer, Teamchefs und Fans huldigten mit bewegenden Worten einer der Ikonen des Motorsports. „Er verkörperte Heldentum, Menschlichkeit und Aufrichtigkeit auf und abseits der Strecke“, sagte Mercedes-Teamchef Toto Wolff. „Niki, Du bist einfach unersetzbar, es wird niemals wieder jemanden wir Dich geben.“

Lauda wurde 70 Jahre alt. Bewegte 70 Jahre, voller Dramen und Triumphe. Ein Leben vor allem für die Formel 1. Eines, das Stoff sogar für Hollywood bot. Ein Leben der Extreme auch als Unternehmer, ebenfalls mit Höhen und Tiefen. Am Montag starb Lauda im Kreis seiner Familie in der Universitätsklinik in Zürich. Friedlich sei er entschlafen, teilte eine Sprecherin der Fluggesellschaft Laudamotion, dessen Namensgeber Niki Lauda ist, im Namen der Familie mit.

„Für immer in unseren Herzen, für immer unsterblich in unserer Geschichte“, twitterte die Formel 1 am Dienstag. „Die Motorsport-Gemeinschaft betrauert den verheerenden Verlust einer wahren Legende.“ Lauda werde auf ewig in „unseren Herzen und in denen der Fans bleiben“, schrieb der Rennstall Ferrari, mit dem Lauda 1975 und 1977 die ersten beiden seiner drei WM-Titel geholt hatte.

„Legende. Ikone. Champion“, kommentierte der britische Sender BBC. Für die „Gazzetta dello Sport“ in Italien endete ein denkwürdiges „Leben auf dem Gaspedal“. Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen äußerte: „Ein ganz Großer und Schillernder, ein Idol und ehrgeiziger Kämpfer, der nie aufgegeben hat, ist von uns gegangen“. Lauda, der einer Wiener Industriellenfamilie entstammt, soll nach dem Willen seiner Heimatstadt ein Ehrengrab bekommen. Diese vergibt die Stadt an Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.

Mercedes hat nach den Worten von Teamchef Wolff „seinen Leitstern“ verloren, die Formel 1 eine ihrer Leitfiguren. Der Rennserie steht ein trauriger Großer Preis von Monaco am Wochenende bevor. Nach Glanz, Glamour und dem üblichen Tamtam dürfte Wenigen zumute sein. Zu verwurzelt, zu respektiert war dieser Niki Lauda im Fahrerlager.

„Er war ganz klar ein Ausnahmemensch, der immer am Boden geblieben ist“, sagte Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko dem österreichischen Fernsehsender „oe24“. Als Sportler sei Lauda aber ein „wahnsinniger Egoist“ gewesen. „Er war ein letztlich guter und großzügiger Mensch, und das ist am Ende immer mehr zu Tage getreten.“

Lauda war ein Klartextsprecher, einer mit Rückgrat, einer, zu dem alle aufschauten. Weil alle seine einzigartige Geschichte mit dem schrecklichen Feuerunfall 1976 in der Grünen Hölle des Nürburgrings und das unfassbare Comeback sieben Wochen später kennen. „Das wohl eindrucksvollste Comeback aller Zeiten“, meinte Wolff, Landsmann, Freund und beruflicher Wegbegleiter von Lauda, seit beide zusammen das Mercedes-Team in der Formel 1 zum unumstrittenen Branchenführer und Serien-Triumphator gemacht haben.

Seit Ende 2012 arbeitete Lauda als Aufsichtsratschef der Silberpfeile. Dass Fünffach-Champion Lewis Hamilton sich anschickt, zum erfolgreichsten Piloten der Formel 1 zu werden, ist auch ein Verdienst von Lauda. Dessen Tod wird den britischen WM-Spitzenreiter hart treffen, beide verstanden sich prächtig. Auch er hatte gehofft, Lauda bald wieder an der Strecke begrüßen zu können, nachdem Lauda im Sommer vergangenen Jahres eine Lunge transplantiert worden war.

Nach einer Grippe-Erkrankung musste er aber im Januar erneut im Krankenhaus behandelt werden. „Ich komme wieder zurück und es geht volle Pulle bergauf“, hatte Lauda zu seinem 70. Geburtstag am 22. Februar gesagt. Der Mann mit der roten Kappe, die immer einen Teil seiner Narben durch den Feuerunfall am 1. August 1976 verdeckte, kommt diesmal nicht mehr zurück.

Stellvertretend für die Trauer in seiner Heimat Österreich sagte Schauspiel-Star Arnold Schwarzenegger: „Niki war ein Champion. Er war eine Ikone. Er war ein österreichischer Schatz. Er war einer meiner liebsten Freunde. Ich werde diesen großzügigen, wegweisenden Helden von ganzem Herzen vermissen.“

„Sein unermüdlicher Tatendrang, seine Geradlinigkeit und sein Mut bleiben Vorbild und Maßstab für uns alle“, heißt es in der Mitteilung der Familie zu Laudas Tod. „Abseits der Öffentlichkeit war er ein liebevoller und fürsorgender Ehemann, Vater und Großvater. Er wird uns sehr fehlen.“ Lauda hat aus erster Ehe zwei Söhne und aus seiner Ehe mit Birgit Lauda Zwillinge.

Noch heute mutet es unglaublich an, was Lauda er- und überlebte. Nach seinem Unfall in der Eifel bekam er bereits die letzte Ölung. „Da habe ich mir gedacht: So nicht mit mir“, erzählt er später: „Das war gut so und motivierte mich, am Leben zu bleiben.“ 42 Tage später wird Lauda Vierter in Monza in seinem Ferrari, die WM verliert er um einen Punkt, weil er beim Finale in Fuji vorzeitig aus seinem Wagen aussteigt. Freiwillig. Im strömenden Regen will er sein Leben nicht schon wieder aufs Spiel setzen. Sein Duell mit dem Lebemann und Playboy James Hunt wird zur Vorlage für den Kino-Film „Rush“.

1985 trat Lauda aus der Formel 1 zurück. Der Sohn einer Industriellenfamilie gönnte sich aber keinen Leerlauf. Aus seiner Begeisterung für das Fliegen entwickelte er als Pilot seine eigene Airline. Und wieder muss Lauda ganz schwere Moment verkraften. 1991 stürzt eine seiner Maschinen in Thailand ab. 223 Menschen sterben. Für Lauda das schlimmste Ereignis in seinem bewegten Leben. „Ich war tief erschüttert“, erzählte er. Lauda fühlte sich schuldig. Erst nach mehreren Monaten wurde herausgefunden, dass es sich um einen technischen Defekt handelte.

Lauda stieg später vorübergehend wieder aus dem Airline-Geschäft aus. Zwischen 1993 und 1995 beriet er Ferrari, wurde TV-Experte für RTL - mit unverblümter Meinung - und dann Teamchef bei Jaguar. Im September 2012 folgte der Einstieg bei Mercedes. „Es war uns eine Ehre, Dich unseren Chairman zu nennen - und mein Privileg, Dich als Freund zu haben“, sagte Mercedes-Teamchef Wolff. Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche sagte: „Der Motorsport hat seinen größten Kämpfer verloren.“