Tipps von alten Profis für den Nachwuchs

Ex-Weltmeister Frank Mill gastiert mit seiner Fußballschule und früheren Bundesliga-Kollegen wie Maurizio Gaudino in Auenwald. Unter den Augen von einstigen deutschen National- und Bundesliga-Spielern sind 40 Jungs und Mädels mit Feuereifer am Ball.

Tipps von alten Profis für den Nachwuchs

Frank Mill zeigt derzeit 40 Jungs sowie Mädels aus Auenwald und Umgebung, wieviel Freude ein Teamsport wie Fußball machen kann. Foto: A. Becher

Von Uwe Flegel

Der Regen stört weder Kinder noch Trainer. Wäre die Halle da vielleicht besser? „Davon halte ich nichts“, antwortet Frank Mill und blickt zu den 40 Jungs und Mädels, die auf dem Sportplatz des TSV Lippoldsweiler mit einer riesigen Begeisterung dem Ball hinterherjagen. Schließlich trainieren die Kids bis zum morgigen Mittwoch unter der Anleitung eines ehemaligen Weltmeisters, eines Ex-Nationalspielers, eines langjährigen Bundesliga-Verteidigers und eines früheren Zweitliga-Stürmers. Kids Active, die Fußballschule des mittlerweile 62-jährigen Frank Mill, gastiert bei der SGM Auenwald. Mitgebracht hat der einstige Bundesliga-Torjäger das eigene geballte Wissen und Maurizio Gaudino, Axel Sundermann sowie Thorsten Kuhnke, der als Jugendtrainer vor vielen Jahren einen gewissen Manuel Neuer unter seinen Fittichen hatte.

„Fußball ist mein Leben.“ Ein Satz, der von Frank Mill sein könnte, es aber nicht ist. Er stammt vom neunjährigen Linus, der damit erklärt, weshalb er bei diesem unwirtlichen Wetter gerade rund eineinhalb Stunden mit Feuereifer und Spaß über den nassen Rasen gehetzt und gehechtet ist. Dass er dies unter den Augen einstiger Bundesliga-Stars machen kann, scheint ihn besonders zu motivieren. Ernsthafter als im Vereinstraining bei der SGM Auenwald würde er üben, sagt der Steppke und hört sich schon recht erwachsen an. So ein Weltmeister hat eben noch mehr Respekt verdient als der Vereinstrainer. Der ist zwar der eigene Papa, „spielt bei Lippoldsweiler sogar in der Ersten“, doch gut 20 Jahre mit 547 Spielen und 212 Toren in der Ersten und Zweiten Bundesliga sind das halt nicht.

Wobei der Mann, der in der deutschen Eliteklasse für Fortuna Düsseldorf, Borussia Dortmund, Borussia Mönchengladbach und schon als 18-Jähriger für Rot-Weiß Essen stürmte, kein großes Aufhebens darum macht, dass er immerhin 17 Länderspiele für Deutschland bestritt. Dass er bei der Europameisterschaft 1988 im eigenen Land und bei der Weltmeisterschaft 1990 in Italien zum DFB-Aufgebot zählte, dass er die deutsche Olympia-Auswahl 1988 in Seoul als Kapitän zur Bronzemedaille führte. Angenehm umgänglich kommt er rüber und es wird klar, weshalb der gebürtige Essener bei seinen Klubs ein Publikumsliebling war. Der Franky, dem selbst einer der berühmtesten Pfostenschüsse der deutschen Bundesliga von den Dortmunder Fans nicht lange übel genommen wurde. Frank Mill verkörperte das, was er nun den Jungs und Mädels zwischen 6 und 15 Jahren bereiten will: „Am wichtigsten sind der Spaß am Fußball sowie Tipps, was und wie sie’s besser machen können.“

Das erhoffen sich zum Beispiel auch die Schwestern Nila und Maris, die sonst bei den C-Mädels der TSG Backnang am Ball sind. Für die 13- und die 15-Jährige ist es das erste Mal, dass sie bei einer Fußballschule mitmachen. Beide sind sich einig, dass sie am ersten halben Tag in der Gruppe von Maurizio Gaudino schon was gelernt haben. Und der Regen? „Macht nichts. Im Verein wird bei dem Wetter auch trainiert.“ Offenbar sind die erwachsenen Kiebitze empfindlicher als der Nachwuchs auf dem Platz.

Der altgediente Profi ist solche Bedingungen ohnehin gewohnt. Seit 2002 betreibt er seine Fußballschule. „28 000 Kinder“, nennt er die Zahl derjenigen, die er in der Zeit betreut hat. Dieses Jahr sind es 420 Jungs und Mädels. Corona und seine Probleme machen auch vor einem einstigen Klassestürmer nicht halt. Fast alle der zwölf geplanten Feriencamps mussten verschoben werden und „da musst du alle Eltern anrufen und sie fragen, ob das mit der Verlegung in Ordnung geht“. Wäre da eine E-Mail nicht einfacher? „Das ist mir zu unpersönlich.“ Wie schon erwähnt: Mill zählt nicht zu den Abgehobenen. Vielleicht weil er selbst einst mal sagte: „Eigentlich bin ich gar kein Weltmeister.“ Franz Beckenbauer hatte Jürgen Klinsmann, Rudi Völler sowie Karl-Heinz Riedle dem Jungen aus dem Ruhrpott vorgezogen und Mill durfte in Italien nicht eine Minute ran.

Als 62-Jähriger und nunmehr mit einer gewissen Altersmilde gesegnet, blickt er ein wenig anders auf den Triumph zurück, denn: „Diese Mannschaft hat heute noch einen besonderen Bezug zueinander. Wir treffen uns alle fünf Jahre und verbringen dann eine tolle Zeit. Das war und ist immer noch eine echte Einheit. Da gab und gibt es keinen Neid untereinander oder solche Dinge. So eine Gemeinschaft habe ich nie wieder erlebt.“ Vielleicht sind es auch solche Dinge, die er bei seinen Fußballcamps rüber bringt und die 34 Jungs und 6 Mädels in Auenwald vergessen lassen, dass ein goldener Herbst ziemlich regnerisch sein kann.

Bürgermeister als Vermittler

Zur SGM Auenwald kam die Fußballschule von Frank Mill durch die Vermittlung von Ex-Nationalspieler Maurizio Gaudino. Der ist mit Bürgermeister Karl Ostfalk gut bekannt und die beiden kamen auf die Idee, den Rekord-Torschützen der deutschen Olympia-Auswahl mal anzufragen. Mit Erfolg und sehr wahrscheinlich auch nicht zum letzten Mal, denn Frank Mill ließ bereits am ersten der drei Camp-Tage verlauten: „Nächstes Jahr kommen wir nicht erst im Herbst, sondern bereits im Sommer.“