Trainer gestützt, das Team in der Pflicht

Fußball-Oberligist TSG Backnang widersetzt sich vor dem wegweisenden Kellerduell in Friedrichstal dem branchenüblichen Reflex

Fünf Schlappen in Serie, seit sieben Spielen ohne Sieg und dabei sechsmal nacheinander kein Tor geschossen – logisch, dass Backnangs Oberliga-Fußballer mit dieser Bilanz auf den drittletzten Platz abgerutscht sind. Vom vermeintlichen Allheilmittel, den Trainer zu wechseln, hält Marc Erdmann aber wenig. Vor dem Kellerduell am Sonntag beim Letzten in Friedrichstal nimmt das TSG-Vorstandsmitglied lieber die Spieler in die Pflicht.

Trainer gestützt, das Team in der Pflicht

Trainer Andreas Lechner hat trotz der zuletzt schlechten Ergebnisse weiterhin das Vertrauen der TSG-Verantwortlichen. Fotos: A. Hornauer

Von Steffen Grün

Am Montagabend steckte in den Etzwiesen ein Trio die Köpfe zusammen. „Wir haben uns offen und durchaus auch kritisch ausgetauscht“, berichtet der für das Oberliga-Team zuständige Erdmann vom Treffen mit Sportvorstand Rüdiger Lüftner sowie dem Trainer. Andreas Lechner den Stuhl vor die Tür zu stellen, sei aber kein Thema gewesen: „Es liegt nicht an ihm. Er arbeitet akribisch, da gibt’s nichts auszusetzen. Ich bin kein Freund von Aktionismus. Er hat unser volles Vertrauen.“

Die Dreierrunde betrieb vielmehr Ursachenforschung, warum die Roten aus 14 Saisonspielen nur acht Punkte holten und an welchen Stellschrauben zu drehen ist, um die Trendwende zu schaffen. „Das Ziel war und ist der Klassenverbleib“, sagt Erdmann: „Wir waren uns aber vor dieser Saison der Schwere der Aufgabe bewusst, weil die Oberliga noch einmal stärker geworden ist.“ Die Leistungen zu Rundenbeginn, die mit vier Punkten aus den ersten beiden Duellen (1:1 gegen Villingen, 3:1 in Spielberg) belohnt wurden, sowie auf dem Weg ins Viertelfinale des WFV-Pokals zeigen dem TSG-Funktionär, „dass das Team grundsätzlich das Niveau hat, um in der Oberliga mitzuhalten“. Ungeachtet dessen, dass es danach mit dem 3:1 gegen Göppingen den bislang letzten Sieg für Backnang gab, sieht Erdmann das 3:4 in Oberachern nach einer 3:1-Führung als „Knackpunkt. Seitdem steckt der Wurm drin, da gibt es nichts zu beschönigen.“

Eine Rolle spielt zweifellos der lange Ausfall von Mario Marinic, der in der Vorsaison 21 Treffer erzielte und mit drei Toren in den ersten zwei Punktspielen sowie mit zwei Buden im dazwischen liegenden Pokalduell in Gmünd im Begriff war, in dieser Runde exakt so weiterzumachen. Beim 0:1 gegen Reutlingen am dritten Spieltag weilte der Torjäger im Urlaub, aus dem er sich mit dem goldenen Tor im Pokalspiel bei den Stuttgarter Kickers zurückmeldete. Es war sein letzter Einsatz, da ihn seitdem ein Knorpelschaden im rechten Knie in die Zuschauerrolle zwingt. Ohne ihn eroberte der Etzwiesenverein aus elf weiteren Spielen nur vier Punkte und markierte gerade einmal sieben Törchen. „Mir war klar, dass wir Mario Marinic nicht ersetzen können“, erklärt Erdmann, „aber nicht, dass es so eine Tragweite hat.“ Ein Problem sei gewesen, dass eine Weile parallel auch Daniel Lang ausgefallen ist und man damit ohne nominellen Stürmer auskommen musste. „Uns fehlt die Torgefahr über die offensiven Außenpositionen und aus dem Mittelfeld“, bemängelt das Vorstandsmitglied, „manchmal fehlt auch der absolute Wille, ein Tor machen zu wollen.“

Den bringt Marinic immer mit, zudem ist der 34-Jährige ein Führungsspieler par excellence. Davon, die Misere alleine mit seinem Fehlen zu erklären, hält Erdmann aber nichts. Schon deshalb nicht, um den Kollegen kein billiges Alibi zu liefern. „Es gibt auch andere Spieler mit Führungsanspruch, von denen wir jetzt noch mehr erwarten“, stellt er fest und wird mit Blick auf das bittere 1:4 beim Tabellennachbarn in Linx am vergangenen Samstag noch deutlicher: „Es irritiert uns schon, wenn ein 19-jähriger Leon Maier unser bester Mann ist. Er hat jeden Ball gefordert, ist keinem Zweikampf aus dem Weg gegangen. Das erwarte ich von allen, vor allem die Führungsspieler müssen vorangehen.“

Das gilt erst recht am Sonntag beim Tabellenletzten Friedrichstal. „Ich erwarte, dass sich alle zerreißen, denn es ist ein extrem richtungsweisendes Spiel. Nur drei Punkte zählen, nichts anderes“, gibt Erdmann als Marschroute aus. Für Marinic kommt die Partie ziemlich sicher zu früh – nicht ausgeschlossen ist jedoch, dass er in den weiteren drei Spielen vor der Winterpause noch zum Einsatz kommt. „Uns ist nicht geholfen, wenn er zwei Spiele macht und danach für den Rest der Saison ausfällt“, warnt Erdmann vor einem Schnellschuss, auch wenn sein Torinstinkt derzeit dringender denn je gebraucht würde. Damit, was im Falle einer weiteren Niederlage beim Schlusslicht passiert, „beschäftige ich mich nicht, denn ich gehe fest davon aus, dass wir die überlebenswichtigen drei Punkte holen“. Das Vertrauen in den Trainer bedeute aber keinen Freifahrtschein, wenn die Resultate dauerhaft ausbleiben.

Trainer gestützt, das Team in der Pflicht

Marc Erdmann