Trösten oder anschreien? Relegation nun das Werder-Ziel

Von Von Jens Marx und Andreas Krühler, dpa

dpa Berlin. Rettung Relegation? Für Werder ist Platz 16 nach dem verspielten Sieg in Berlin nun das vorrangige Ziel - auch wenn es gegen den HSV gehen könnte. Das Problem: Zum wiederholten Mal kann das Kohfeldt-Team eine Führung nicht verteidigen. Es könnte laut werden in Bremen.

Trösten oder anschreien? Relegation nun das Werder-Ziel

Das Team von Trainer Florian Kohfeldt verspielte in Berlin eine 2:0-Führung. Foto: Soeren Stache/dpa-Zentralbild/dpa

Florian Kohfeldt will sich dieses Spiel seines SV Werder, dieses bittere 2:2 nach einer 2:0-Führung bei Hertha BSC, wirklich noch mal anschauen.

Wenn er dann die Antwort auf die Frage hat, warum seine Mannschaft den Sieg gegen zunächst leblose, wirkungslose und ideenlose Gastgeber weggegeben hat, „weiß ich, ob ich sie anschreie oder in den Arm nehme“, sagte der Werder-Trainer.

Freude über das Ende einer Serie von fünf Pleiten in der Fußball-Bundesliga nacheinander? Über die ersten selbst erzielten Meisterschafts-Tore nach 84 Tagen? Konnte beim Tabellenvorletzten nicht aufkommen. „Es tut weh“, betonte vielmehr Davy Klaassen, einer der beiden Torschützen in einer rasanten Bremer Anfangsphase.

Nur gut sechs Minuten hatte Kohfeldts Mannschaft für die 2:0-Führung gebraucht. Zuerst traf Joshua Sargent (3.), dann Klaassen. Hertha drohte auseinanderzufallen wie beim 0:5 gegen den 1. FC Köln. Aber die Berliner Mannschaft fand wieder ins Spiel - so wie beim 3:3 nach 0:3-Rückstand bei Fortuna Düsseldorf.

Dass die Aufholjagd gegen Bremen gelang, hatte vor allem zwei Gründe. Der beste Mann auf dem Platz trug ein Hertha-Trikot: Matheus Cunha, der noch unter Jürgen Klinsmann von RB Leipzig gekommen war, traf erneut und zeigte eine überragende Leistung. Dass er das so konnte, lag wiederum an den Bremern, die nach ihrem Blitz-Doppelpack nach und nach nachließen. „Wir bringen den Gegner, der gefühlt fast schon tot war, durch eigenes Verschulden wieder ins Spiel“, sagte Kevin Vogt.

Es ist nicht das erste Mal, dass sie eine Führung nicht halten können und so die Spielzeit laut Manager Frank Baumann im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF „die schlechteste Saison der Vereinsgeschichte“ wurde. Beispiele? Schon im Hinspiel gegen Hertha geführt, am Ende remis, gegen Dortmund geführt, am Ende remis, gegen Augsburg geführt, am Ende verloren, sogar gegen Bayern geführt, am Ende 1:6 verloren.

Warum konnte Kohfeldt im Berliner Olympiastadion nicht entscheidend eingreifen? „Ich habe leider zehn Kilo zuviel, um selbst auf den Platz zu gehen“, sagte der 37-Jährige - der Humor schien ihm noch nicht vergangen zu sein, auch wenn er sich mächtig über die zwei vergebenen Punkte in dem Abstiegskampfduell ärgerte: „Wir haben nichts zu verschenken in unserer Situation.“

Kohfeldt glaubt weiterhin, dass die direkte Rettung möglich ist, hat aber nun als vorrangiges Ziel Rang 16 ausgegeben. „Wenn es notwendig ist, machen wir es darüber.“ Hieße auch, dass es in den beiden Spielen womöglich gegen den Erzfeind Hamburger SV gehen könnte.

Bis dahin bleiben den Bremern zehn Spiele, um es besser zu machen als in Berlin, wo sieben Werder-Tage zum Vergessen endeten. Zunächst wurde das Heimspiel am Sonntag vergangener Woche gegen Frankfurt abgesagt, dann schied Bremen bei der Eintracht im Pokal-Achtelfinale inklusiver neuer Verletzter aus und zum Schluss die Gefühlsschussfahrt im Olympiastadion - ausgerechnet auch noch gegen seinen Vorgänger auf dem Bremer Trainerposten, Alexander Nouri.

Dessen viertes Spiel drohte fast schon sein letztes bei der auch noch nicht geretteten Hertha werden zu können. Die Elf ließ wieder anfangs alles vermissen, ehe sie ins Spiel fand. „Wir beißen uns selbst in den Arsch, dass es so ist“, kommentierte Niklas Stark die zwei Gesichter der Mannschaft. Der Nationalspieler (41.) und Cunha (60.) erlösten Mitspieler, Trainer und auch Fans, die die Mannschaft schon mal für das nächste Heimspiel in die Pflicht nahmen: In zwei Wochen geht es gegen den Stadtrivalen und Hinspielsieger 1. FC Union Berlin. „Da haben wir noch etwas gut zu machen“, sagte Marvin Plattenhardt.