TSG Backnang gegen Stuttgarter Kickers: Nur finanziell stimmt’s für die Gastgeber

Der Fußball-Oberligist aus den Etzwisen ist beim 0:4 gegen den Spitzenreiter völlig chancenlos. Freude gibts beim Kellerkind aus dem Murrtal lediglich wegen einer gut funktionierenden Organisation und der fast 3000 Zuschauer, die für eine gut gefüllte Kasse sorgen.

TSG Backnang gegen Stuttgarter Kickers: Nur finanziell stimmt’s für die Gastgeber

Angreifer Loris Maier war einer der auffälligsten Stuttgarter. Gleich zweimal überlistete der Ex-Backnanger seinen alten Kumpel Marcel Knauß im Tor der Gastgeber. Foto: Alexander Becher

lVon Uwe Flegel


Gut eineinhalb Stunden war die Partie bereits vorbei, da war Uli Schäufele immer noch mit Aufräumen beschäftigt. Er, der Mann, der beim Fußball-Oberligisten TSG Backnang dafür zuständig ist, dass zum Beispiel in Sachen Parken und Bewirtung alles funktioniert. In der Vorrunde hatte er nach dem Nachbarschaftsduell mit Großaspach Kritik kassiert. Die TSG war damals davon überrascht worden, dass trotz Sommerferien über 2000 Fans gekommen waren und dafür zunächst nicht genug Bier da war. Nun war Schäufele der einzige Backnanger, der nach der 0:4-Niederlage gegen Spitzenreiter Stuttgarter Kickers noch lachte. „Diesmal kann die BKZ ruhig schreiben, dass wir sogar noch Bier und Rote Würste übrig haben“, rief er und baute weiter ab.

Trainer Mario Klotz ärgert sich über die „individuellen Fehler“

Die funktionierende Organisation und die satten Eintrittsgelder von zweieinhalbtausend zahlenden Besuchern waren zum Auftakt nach der Winterpause die positiven Fakten bei den auf den drittletzten Rang zurückgefallenen Murrtalern. Sportlich herrschte Tristesse. Selbstverständlich hatte die TSG damit rechnen müssen, die Partie zu verlieren. Unerwartet war die Chancenlosigkeit des Außenseiters, vor allem in der ersten Halbzeit. Das 0:3 zur Pause war jedenfalls kein Zufall. Trainer Mario Klotz hoffte, dass die dank der guten Vorbereitung aufgekommene „Euphorie nun nicht gleich wieder weg ist“. Es war zu spüren, wie enttäuscht er darüber war, dass seine Elf „mit individuellen Fehlern“ bei allen drei Gegentoren in der ersten Hälfte zum Steigbügelhalter für den großen Favoriten geworden war. Zudem ärgerte ihn, „dass alle zweiten Bälle zu den Kickers gingen“. Ein Zeichen dafür, wer gedanklich und läuferisch schneller und besser unterwegs ist. Das war nicht die gegen den Abstieg, sondern die um den Aufstieg kämpfende Elf.

Deren Trainer Mustafa Ünal durfte dann auch sehr zufrieden sein. Seine Mannschaft ist ganz offensichtlich gut über den Winter gekommen. Zudem hat sie während der Pause das große Ziel keinen Millimeter aus den Augen verloren. Perfekt wurde umgesetzt, was der 39-jährige Coach seiner Elf vorgegeben hatte: den Gegner auf dem unebenen Geläuf sofort unter Druck zu setzen und zu Fehlern zu zwingen. Es klappte. Beim ersten Gegentor war Backnangs komplette Defensive nach einem schnellen Einwurf im Tiefschlaf. Vor dem zweiten und dritten Kickers-Treffer leisteten sich Maximilian Kuchler und Thomas Doser jeweils einen folgenreichen Ballverlust. Für Ünal waren das allerdings nicht nur einfach Patzer des Kontrahenten: „Du musst den Gegner dazu auch zwingen“, sagte er und fügte hinzu: „Dazu gehört viel Laufbereitschaft.“

Zwei Ex-Backnanger und ein Weissacher drehen bei den Gästen mächtig auf

Das ist ebenso richtig, wie es Fakt ist, dass drei der Stuttgarter Protagonisten im Prinzip Lokalmatadoren waren und in vertrauter Umgebung prompt zu den stärksten Gästeakteuren zählten. Das war zum einen der Unterweissacher Nico Blank. Der 25-Jährige ist dienstältester Akteur der Kickers und war nur wenige Kilometer vom Zuhause im Täle mit einer Flanke entscheidend an der frühen Gästeführung beteiligt. „Der perfekte Start ist uns entgegengekommen“, urteilte der laufstarke Mittelfeldspieler erfreut und blickte kurz nach links, wo zwei Mitspieler standen, die ebenfalls sehr glücklich wirkten: Loris und Leon Maier.

Die vor dieser Saison aus den Etzwiesen hoch auf Degerlochs Höhen gewechselten Zwillinge hatten allen Grund dazu. Angreifer Loris hatte gegen sein Ex-Team den ersten und den dritten Stuttgarter Treffer erzielt, Defensivspieler Leon Maier ausgerechnet gegen seine ehemaligen Mitspieler sein Startelfdebüt im Kickers-Trikot gefeiert. Dabei hatte er mit Paul Polauke in der Innenverteidigung ein sehr souveränes Duo gebildet. Entsprechend groß war die Freude. „Der Fußball schreibt die schönsten Geschichten“, sagte Leon und die Augen leuchteten. Ausgerechnet in Backnang hatte er das erste Mal in der Kickers-Anfangsformation gestanden, 90 Minuten durchgespielt und eine starke Leistung gezeigt.

Dem Kumpel im gegnerischen Tor gleich zwei Eier ins Nest gelegt

Bruder Loris stand daneben und freute sich mit, wohl wissend, dass er ebenfalls viel dafür getan hatte, dass der Favorit nicht überrascht wurde. Allerdings ließen beide keinen Zweifel daran, dass sie bei all dem Glück auch die Gefühlslage ihrer Ex-Mitspieler im Hinterkopf hatten. Denn „es ist eben die TSG, die gegen uns verloren hat“. Ein Verein, der ihnen trotz des Abgangs nicht egal ist. „Nach jedem Spiel mit den Kickers gilt unser zweiter Blick immer dem Backnanger Ergebnis“, erzählte Loris Maier. Wobei die Freude des Duos über den Kickers-Sieg eindeutig größer war als das Bedauern über die Niederlage des Ex-Klubs. Vor allem „weil ich gegen Marcel Knauß zweimal getroffen habe“, so Loris Maier. Damit hatte er sichergestellt, dass der Freund im TSG-Tor, mit dem die Zwillinge jahrelang zusammen mit dem Auto ins Training nach Backnang fuhren, bei gemeinsamen Frotzeleien zumindest vorläufig Zurückhaltung üben sollte. Wie erwähnt: Beim Etzwiesenklub gab es niemanden, der lächelte, Uli Schäufele mal ausgenommen.

TSG Backnang: Knauss – Kuchler, Tichy, Doser, Dannhäußer – Benkeser (46. Schwemmle), Gleißner – Santoro, Tasdelen, Mollo (67. Coutroumpas) – Rienhardt.

Stuttgarter Kickers: Otto – Riedinger (39. Moos), Polauke, Leon Maier, Kammerbauer – Blank, Kiefer (63. Campagna) – Dickl- huber, Eroglu (81. Kohler) – Berisha (60. Riehle), Loris Maier.

Tore: 0:1 (13.) Loris Maier, 0:2 (26.) Eroglu, 0:3 (33.) Loris Maier, 0:4 (88.) Kohler. – Schiedsrichter: Reck (Höfingen). – Zuschauer: 2800.