Turngau Rems-Murr denkt über Umbenennung nach

Präsidentin Gislind Gruber-Seibold stößt beim Treffen der Rems-Murr-Vereine in Backnang eine Diskussion an, ob das 50-Jahr-Jubiläum ein guter Zeitpunkt wäre, um sich einen neuen Namen zu geben. Unabhängig vom Ergebnis bleibt es ein Hauptanliegen, Kinder in Bewegung zu bringen.

Turngau Rems-Murr denkt über Umbenennung nach

Vielleicht benötigt der Turngau bald ein neues Logo und einen neuen Titel für sein regelmäßig erscheinendes Heft. Foto: Alexander Becher

Von Steffen Grün

Dort, wo 1974 mit der Fusion der Turngaue Backnang und Rems zum Turngau Rems-Murr alles begonnen hat, könnte im nächsten Jahr eine weitere wichtige Entscheidung fallen. 2024, anlässlich des 50. Geburtstags der Organisation, findet der Gauturntag wie einst bereits die Gründungsversammlung in Rudersberg statt. Und bis dahin könnte eine Diskussion, die Turngau-Präsidentin Gislind Gruber-Seibold beim Treffen in Backnang in die Öffentlichkeit getragen hat, in einen Beschluss münden: Ist die Bezeichnung Turngau eine Tradition, die es zu bewahren gilt, oder ein verstaubter Begriff aus der Vergangenheit, der nicht mehr zeitgemäß ist?

„Mir geht es um das Wörtchen Gau und die Nähe zum Nationalsozialismus“, erklärt die Frau an der Spitze des Rems-Murr-Turnens, weshalb sie für eine Veränderung plädiert, wohl wissend, dass es ein wesentlich älterer und – laut Wikipedia – „mehrdeutiger und letztlich unscharfer Begriff für Region, Landschaft oder Verwaltungseinheit“ ist. Im Präsidium habe es den Vorschlag gegeben, künftig vielleicht als Turnverband zu firmieren, und „ich könnte mir auch Turnerbund vorstellen“. Logischerweise stets mit dem Zwei-Flüsse-Zusatz, der auch dem gesamten Landkreis seinen Namen gibt.

Turngau-Präsidentin hält beim Namen auch einen Kompromiss für möglich

Par ordre du mufti, also auf ihre Anordnung und ohne Einbeziehung der Betroffenen, könnten Gruber-Seibold und ihre Mitstreiter im Führungsgremium die Entscheidung ohnehin nicht treffen. Sie wollen es auch nicht, sondern ihnen geht es vor allem darum, „dass drüber gesprochen wird und dass sich die Vereine austauschen, was sie sich wünschen“. Keinesfalls werde sie einen Antrag gegen die Mehrheit stellen, verkündet die Präsidentin und kann sich auch vorstellen, dass das Wörtchen Gau nur „etwas in den Hintergrund tritt“. Dass also beispielsweise nicht mehr von Gauumlage die Rede ist oder aus dem Gauturntag der Turngautag wird. „In meinen Augen wäre das ein guter Kompromiss“, sagt Gruber-Seibold, die unabhängig von einzelnen Standpunkten und dem Ausgang der Namensdebatte verspricht: „Wir werden uns alle gemeinsam weiterhin für die Freude am Turnen und am Sport im Allgemeinen einsetzen.“

Dass dies dem Turngau ein Anliegen ist, zeigte auch das Thema der von den Vizepräsidenten Armin Höttges und Diethard Fohr moderierten Fragerunde bei der Tagung in der Hagenbachhalle in Backnang: „Kinder in Bewegung bringen für ein starkes Leben.“ Vielleicht ein wenig sperrig formuliert, aber dafür wählten die fünf Experten eine deutliche Sprache. „Der Trend bleibt besorgniserregend“, auch wenn die Entwicklung nicht ganz so schlecht wie befürchtet sei, ordnete Klaus Hage von der AOK eine Studie ein, die besagt, dass 15 Prozent der Kinder im Rems- Murr-Kreis übergewichtig sind, davon sechs Prozent sogar in extremer Form. „Die Eltern müssen Vorbild sein, denn Kinder bewegen sich grundsätzlich gerne“, forderte Petra Häffner und erntete ein Kopfnicken der Mitdiskutanten. „Der Sport muss in den Alltag eingebaut werden“, ergänzte die sportpolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion und riet dazu, den Nachwuchs mit dem Fahrrad oder zu Fuß in die Schule zu schicken. Zudem ärgere sie sich über jeden, „der vor dem Aufzug steht, statt die Treppe zu nehmen“. Wie es sich auswirken kann, wenn Eltern mit gutem Beispiel vorangehen, erzählte ihr Kollege von der SPD-Fraktion. „Ich bin mit meinem Papa immer zum Laufen gegangen“, erinnert sich Gernot Gruber, aus dem selbst ein begeisterter Läufer wurde: „Von ihm habe ich die Ausdauer, von meiner Mutter die Grundschnelligkeit.“

Claudia Krimmer, Geschäftsführerin der TSG Backnang 1846, verkündete die erfreuliche Nachricht, dass es nach dem coronabedingten, vor allem den Kinder- und Jugendbereich betreffenden Mitgliederminus gelungen ist, diesen Trend zu stoppen. Yoga für Schwangere biete „sogar Ungeborenen die Möglichkeit, bei uns im Verein zu sein“, sagte sie lachend. Reinhold Sczuka, neuer Sprecher des Sportkreispräsidiums, betonte, dass „ein wesentlicher Baustein unserer Arbeit die Sportkreisjugend sein wird“. Insgesamt sei es die Aufgabe seiner Organisation, den Finger in die Wunde zu legen und zugleich Angebote wie das Mini-Sportabzeichen oder die normale Version zu machen, um sämtliche Altersgruppen zu erreichen.

Ein gutes Beispiel, wie viel Freude Sport machen kann, lieferte das TSG-Showteam. Rund 20 Mädchen zwischen vier und zwölf Jahren brachten ordentlich Schwung in die Bude. Unter der Anleitung von Alina Stein, Alina Lux und Samira Schumacher begeisterten sie die 82 Delegierten aus 46 Vereinen. Bei der Bestandserhebung 2022 zählte der Turngau Rems-Murr insgesamt 95 Klubs mit knapp 45388 Mitgliedern.

Berichte und Ehrungen beim Gauturntag in der Hagenbachhalle

Rückblick „Beim vergangenen Gauturntag hatten wir noch gebibbert, ob er stattfinden kann“, erinnerte sich Gislind Gruber-Seibold an den Januar 2022. Mit 2-G-Regel, Maskenpflicht, Abstandsgebot und im Turbomodus wurde die Veranstaltung in Oppenweiler durchgezogen und im Nachhinein war es so etwas wie der Startschuss für ein Jahr, in dem Monat für Monat wieder mehr möglich und bald fast Normalität eingekehrt war. Wettkämpfe wurden ausgetragen, verschobene Jubiläen und Ehrungen nachgeholt und gefeiert. „Es war beeindruckend, was die Vereine auf die Beine gestellt haben“, freut sich die Turngau-Präsidentin.

Ausblick Die 61-jährige Alfdorferin und ihr Team planen bereits für den Gauturntag in Rudersberg im Jubiläumsjahr 2024. Für einige Veranstaltungen in diesem Jahr werden dagegen noch Ausrichter gesucht. Das gilt etwa für STB-Kindercups, die Bewegungs- und Tobetage oder das Gaufrauentreffen mit der Schaubühne.

Ehrungen Ein großer Erfolg für den Turngau war die Gala im Backnanger Bürgerhaus mit über 200 Mitwirkenden und fast 500 Besuchern. Für ihren Einsatz als choreografische Leiterin erhielt Helena Ewersmeyer vom VfL Winterbach beim Gauturntag die bronzene Ehrennadel des Schwäbischen Turnerbundes. Für besondere Verdienste um den Sport bekam Rainer Böhle den Sportkreis-Ehrenbrief. Der 64-Jährige ist seit 2013 der Abteilungsleiter der TSG-Turner und hatte seit 1985 viele andere Funktionen. Die Wegbegleiterin Claudia Krimmer bescheinigte ihm in ihrer Laudatio unter anderem „unermüdliches Engagement, Ideenreichtum und Empathie“.