Ukraine-Reise in Corona-Zeit: Wolfsburger ohne Verständnis

Von Von Sebastian Stiekel, dpa

dpa Kiew. Die Aufgabe ist für den VfL Wolfsburg schon sportlich schwer genug. Gegen Schachtjor Donezk muss der Bundesligist in der Europa League eine 1:2-Niederlage aus dem Hinspiel wettmachen. Doch dafür hat der VfL auch mitten in der Coronakrise noch weit zu reisen.

Ukraine-Reise in Corona-Zeit: Wolfsburger ohne Verständnis

Maximilian Arnold hat kein Verständnis für die Reise in die Ukraine. Foto: Andreas Gora/dpa

Das Flugzeug, das der VfL Wolfsburg eigentlich nie besteigen wollte, hob am Dienstagmittag Richtung Kiew ab.

Ein Europa-League-Spiel während der Corona-Pandemie in der Ukraine: „Dafür habe ich kein Verständnis“, sagte Mittelfeldspieler Maximilian Arnold noch zwei Tage vor dem Achtelfinal-Rückspiel bei Schachtjor Donezk, in dem der VfL am Mittwoch (18.55 Uhr/DAZN) einen beinahe fünf Monate alten 1:2-Rückstand aus der ersten Partie aufholen will.

Der europäische Fußball-Verband UEFA setzte sich bei dieser Ansetzung über alle Wolfsburger Bedenken hinweg. Auch eine Verlegung des Spiels an einen der Orte des Europa-League-Finalturniers in Nordrhein-Westfalen wurde verworfen. Die einzige Konzession an die Corona-Krise ist, beide Teams in der ukrainischen Hauptstadt Kiew spielen und nicht auch noch an den eigentlichen Donezker Spielort im knapp 500 Kilometer entfernten Charkow weiterreisen zu lassen.

VfL-Trainer Oliver Glasner macht ob dieser Entwicklung zwar keine Freudensprünge, nimmt sie aber professionell. „Es ist kein Spieler mit Bedenken auf mich zugekommen. Und ich habe auch kein mulmiges Gefühl“, sagte der Österreicher. „Denn Abstand halten, desinfizieren, Hygiene beachten - das sind wir mittlerweile gewohnt. Ich habe überhaupt keine Bedenken, dass das gut über die Bühne gehen wird.“

Das Hinspiel gewann der ukrainische Serienmeister bereits am 12. März in Wolfsburg mit 2:1. Einen Tag später wurde die Fußball-Saison in weiten Teilen Europas für lange Zeit unterbrochen. Fünf Monate später ist die Coronakrise für den VfL aber immer noch allgegenwärtig.

Sein Schweizer Abwehrspieler Kevin Mbabu wurde nach der Rückkehr aus dem Urlaub positiv auf das Virus getestet und ist deshalb beim Rückspiel gegen Donezk auch nicht dabei. In der ukrainischen Liga gab es nach der Fortsetzung der Saison gleich mehrere Corona-Fälle, allein beim Traditionsclub Karpati Lwiw wurde das Virus im Juni bei gleich 25 Spielern und Mitarbeitern auf einmal nachgewiesen. „Vor nicht notwendigen, touristischen Reisen in die Ukraine wird weiterhin gewarnt“, heißt es auf der Internetseite des deutschen Auswärtigen Amtes. Das ist eine sogenannte „Teilreisewarnung“.

Nun fliegen die Wolfsburger aber nicht zu touristischen Zwecken nach Kiew, sondern um in der nächsten Woche am Finalturnier der besten acht Mannschaften in der Europa League teilnehmen zu können. „Das ist ein Turnier in Deutschland, das ist etwas Besonderes“, sagte Glasner. „Da sind wahrscheinlich sehr renommierte Namen wie Manchester United oder Inter Mailand dabei. Deshalb wollen wir auch dahin.“

Das wird nach der Niederlage im Hinspiel nicht einfach, aber die Chancen sind an diesem Mittwoch vielleicht etwas größer, als sie es in einem Rückspiel Mitte März gewesen wären. Denn Donezk hat gleich zwölf Brasilianer in seinem Europa-League-Kader, diese Mannschaft war den Niedersachsen in der ersten Partie vor allem technisch und spielerisch überlegen. Allerdings war Schachtjor damals im Rhythmus, das Spiel floss, der Ball lief. Und dieser Rhythmus ist nach zwei längeren Spielpausen vielleicht erst einmal dahin. „Das Hinspiel hat alles gezeigt, was Donezk ausmacht“, sagte Glasner. „Sie sind eine fußballerisch sehr gute Mannschaft und haben deutlich häufiger auf der internationalen Bühne gespielt als wir. Aber sie sind anfällig.“

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