Ultra-Fans drohen mit Protesten und Spielabbrüchen

Von Von Eric Dobias, dpa

dpa Frankfurt/Main. Eine schnelle Rückkehr zur Normalität auf den Rängen der Bundesliga-Stadien wird es wohl nicht geben. Ein Großteil der Fanszene verweigert im Streit mit dem DFB den Dialog und setzt weiter auf Konfrontation.

Ultra-Fans drohen mit Protesten und Spielabbrüchen

Fans protestierten während des Pokalspiels des 1. FC Saarbrücken gegen Fortuna Düsseldorf gegen den DFB. Foto: Oliver Dietze/dpa

Mit einer ultimativen Forderung an den Deutschen Fußball-Bund und der Ankündigung weiterer Proteste bis hin zu möglichen Spielabbrüchen haben Ultras aus ganz Deutschland im Streit um Kollektivstrafen die nächste Eskalationsstufe gezündet.

„Wir Fans werden die Praxis vom letzten Spieltag nicht einfach so hinnehmen und im Zweifel weiter Unterbrechungen und auch Abbrüche in Kauf nehmen“, kündigte der Zusammenschluss „Fanszenen in Deutschland“ in einer Erklärung an.

Die Gruppierungen fordern vom Deutschen Fußball-Bund die Abschaffung von Kollektivstrafen und die „sofortige Aufhebung der gegen Borussia Dortmund ausgesprochenen Zuschauerausschlüsse“, heißt es in der Stellungnahme weiter. „Diese verfassungswidrige Art der Bestrafung ist mit unserem Verständnis von Demokratie nicht in Einklang zu bringen.“

Das DFB-Sportgericht hatte eine Bewährung für die BVB-Fans wegen fortgesetzter Schmäh- und Hassplakate gegen Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp unlängst aufgehoben und alle Dortmunder Anhänger für die nächsten zwei Jahre von den Bundesligaspielen ihres Clubs in Sinsheim ausgeschlossen. „Die tatsächliche Schande der vergangenen Wochen liegt im Verhalten der Verbände, allen voran des DFB“, kritisierten die Fanvertreter die Entscheidung.

Die Ultras werfen dem DFB zudem Zensur vor, weil es zuletzt auch wegen Plakaten ohne beleidigenden Inhalt zu Spielunterbrechungen gekommen war. Unter dem neuen Präsidenten Fritz Keller habe sich „nichts zum Positiven verändert“. Vielmehr „sollen von nun an zum Wohle eines Milliardärs (Hopp/Anm.) sämtliche Diskriminierungen und Beleidigungen sanktioniert werden“, kritisieren sie. Dem DFB wird ferner vorgeworfen, kein „ernsthaftes Interesse an einem Dialog“ zu haben.

Kritik gab es auch von Union Berlins Präsident Dirk Zingler. „Ich glaube, der DFB hat in den vergangenen Jahren seine natürliche Autorität verloren“, sagte der 55-Jährige in einem Interview der Tageszeitung „Welt“ (Freitag). „Mein Kernvorwurf lautet: Der DFB hat den Kontakt zu und das Verständnis für die Mehrheit der Fußballfans, insbesondere der Stadionbesucher, verloren“, sagte Zingler.

Seiner Ansicht nach ist der DFB aber der falsche Ansprechpartner in dem Konflikt, weil er die Probleme nicht lösen könne. Es sei vielmehr die „ureigenste Aufgabe der Vereine, mit den Fanszenen und den Zuschauern ein vernünftiges Miteinander zu organisieren. Ich denke, dass der DFB vom Vereinsfußball lernen kann“, sagte Zingler. „Wenn er glaubt, dass er mit Menschen und Organisationen so umgehen kann wie vor zehn, 20 Jahren, dann funktioniert das nicht.“ Den Fans schrieb er gleichwohl ins Stammbuch, dass es inakzeptabel sei, Menschen bei ihren Protesten zu diffamieren.

Nach der unmissverständlichen Kampfansage der Fanszene schwinden nun die zarten Hoffnungen auf eine schnelle Rückkehr zur Normalität auf den Rängen der Bundesliga-Stadien, die durch eine erste Annäherung zwischen DFB, DFL und Fanvertretern genährt worden waren.

Bei einem längeren Gespräch am Donnerstag in Frankfurt, an dem unter anderen DFL-Boss Christian Seifert und DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius teilnahmen, hätten die Vertreter der Dachorganisationen des deutschen Fußballs angekündigt, „für den kommenden Spieltag für höhere Handlungssicherheit sorgen zu wollen, zum Beispiel durch eine bessere Information der Schiedsrichter*innen. Aber auch der Öffentlichkeit“, hatte das Bündnis „Unsere Kurve“ danach mitgeteilt.

Seifert sprach am Freitag von einer Kommunikationskultur in der AG Fankulturen, „die vertrauensvoll und belastbar ist. Diesen Raum nutzen wir in regelmäßigen Abständen, um uns zuzuhören und gegenseitig Perspektiven zu eröffnen. Nach den Turbulenzen des vergangenen Wochenendes war dies jetzt umso wichtiger.“

Ein großer Teil der Fanszene setzt im Kulturkampf um den Fußball aber offenbar eher auf Konfrontation als Kompromisse. „Wir sind nicht gutgläubig und waren es auch nie. Und so lassen wir uns auch diesmal nicht blenden. Es geht hier weder um antirassistisches Engagement, noch um Diskriminierung und schon gar nicht um Anstand und Werte“, behaupteten die Vertreter der „Fanszenen in Deutschland“ in ihrem Statement. „Es geht schlichtweg um die Bekämpfung unserer Fankultur und unserer Werte.“