Unsicherheiten durch Verordnungen

Durch die neue allgemeine Coronaverordnung vom 19. Oktober herrscht bei Sportvereinen und Gemeinden noch Unklarheit. Besonders größere Vereine müssen sich nun mit der Frage nach der zulässigen Zuschauerzahl beschäftigen.

Unsicherheiten durch Verordnungen

Regeln über Regeln: Damit auch weiterhin Zuschauer im Stadion dabei sein können, muss das Hygienekonzept stimmen. Foto: A. Becher

Von Kristin Doberer

Die Coronazahlen steigen in ganz Deutschland an, immer mehr Sportvereine entscheiden sich wieder für Geisterspiele. So zum Beispiel der FC Astoria Walldorf II, der gegen die Oberliga-Kicker der TSG Backnang am kommenden Samstag um 15.30 Uhr spielen wird. Der Gastgeberverein hat schon im Vorfeld angekündigt, dass er keine Zuschauer zulassen wird. Diesen Schritt will die TSG bei ihren Heimpartien vorerst aber nicht gehen. „Bei den Jugendspielen erreichen wir ohnehin nicht so hohe Zuschauerzahlen“, sagt Janos Kovac, Geschäftsführer der TSG Fußball. Beim Oberliga-Spiel am Mittwoch, 28. Oktober, um 18.30 Uhr gegen den FSV 08 Bissingen schaut es anders aus, erwartet werden eigentlich mindestens 250 Zuschauer. „Wir wissen noch nicht, ob wir jetzt nur 100 oder mehr Zuschauer reinlassen dürfen.“ Denn bei den Vorgaben herrscht in den Vereinen noch Unklarheit.

Am vergangenen Wochenende wurde auch der Rems-Murr-Kreis als Risikogebiet mit mehr als 50 Infizierten pro 100000 Einwohner eingestuft. Eine der verschärften Regeln deckelt die Teilnehmerzahl bei Veranstaltungen auf 100. Für größere Vereine stellt sich da natürlich die Frage: Gilt das auch für die Zuschauerzahl bei gut besuchten Spielen? Unsicherheiten herrschen nicht nur bei den Vereinen, sondern auch in den Verwaltungen. „Die Allgemeinverfügung vom 19. Oktober widerspricht hier der Coronaverordnung Sport vom 8. Oktober“, sagt Christine Wolff, Pressereferentin der Stadt Backnang. Sie gehe davon aus, dass diese für den Sport aber noch immer gelte. Auch der Württembergische Fußballverband (WFV) betont, dass für den Sport weiterhin die Verordnung vom 8. Oktober gilt. „Für den organisierten Sport und den Trainingsbetrieb ergeben sich daraus keine unmittelbaren Veränderungen“, schreibt WFV-Pressesprecher Heiner Baumeister. Er betont aber, dass die Gesundheitsämter und Behörden vor Ort zuständig sind, die sich an den aktuellen Infektionszahlen orientieren.

Der HCOB will die Zuschauerzahl auf genau 100 begrenzen.

Zuschauerzahlen von über 100 betreffen vor allem den SG Sonnenhof, die Oberliga-Fußballer der TSG Backnang und die Drittliga-Handballer des HC Oppenweiler/Backnang. Besonders die SG musste die Zuschauerfrage schnell klären, war doch eigentlich gestern ein Heimspiel mit fast 500 verkauften Tickets angesetzt. Im Schnellverfahren hat sich die SG um eine Ausnahmegenehmigung bemüht, damit weiterhin bis zu 500 Personen zugelassen werden. Solche Ausnahmegenehmigungen bedürfen eines mit dem Gesundheitsamt abgestimmten Hygienekonzepts. Der Aufwand war allerdings umsonst, denn das Spiel wurde wegen zwei positiven Coronatests bei Spielern der SG abgesagt.

Ein weiterer Verein, der leicht mehr als die 100 zugelassenen Zuschauer anziehen würde, ist die Drittliga-Mannschaft der Handballer des HC Oppenweiler/ Backnang. Schon für das erste Heimspiel musste der Verein statt der möglichen 600 Plätze auf 130 zurückschrauben, damit alle Coronaverordnungen und Abstandsregeln eingehalten werden können. „Da mussten wir uns schon stark einschränken, aber wir wollen streng mit den Coronaregeln umgehen“, sagt der HCOB-Vorsitzende Gerald Hug. Dementsprechend will der Verein beim kommenden Heimspiel die Zuschauerzahl auf 100 begrenzen, eine Ausnahmegenehmigung strebt er vorerst nicht an.

„Vom Arbeitsaufwand ist es dafür weniger. Wir stoppen den Verkauf eben bei 100 Karten“, meint Hug. Denn die Tickets können Fans bisher online kaufen. Sind die 100 Karten verkauft, ist Schluss. Direkt beim Ticketverkauf wird abgefragt, wer in einem Haushalt lebt und dementsprechend auch zusammensitzen darf. Dementsprechend werden die Sitze in der Halle dann gekennzeichnet. „Das ist unglaublich viel Arbeit.“ Da beim ersten Heimspiel durchaus mehr als nur die 130 Personen eine Karte kaufen wollte, bittet der Verein seine Dauerkartenbesitzer ausdrücklich, sich nur dann anzumelden, wenn sie tatsächlich vorhaben, zum Spiel zu kommen. „Wir wissen ja, dass eigentlich mehr zuschauen wollen, aber wir müssen nach der neuen Regelung einfach bei 100 Schluss machen“, sagt Hug. Das Spiel am kommenden Samstag gegen den TSV Blaustein filmt der Verein deshalb mit Beїs Creations und überträgt es auf Sportdeutschland.TV live und in Farbe.

Ob die TSG Backnang bei ihrem nächsten Heimspiel gegen Bissingen am 28. Oktober, das vermutlich eine größere Zuschauermenge anziehen würde, mehr als 100 Fans zulassen kann, ist noch fraglich. Das, so der Geschäftsführer Kovac, hänge ganz von den Vorgaben des Gesundheitsamts und der Gemeinde ab. Außerdem betont Kovac: Die Lage könne sich ganz schnell wieder ändern. „Wer weiß, vielleicht ist der Kreis nächste Woche nicht mehr im roten Bereich, vielleicht gelten ganz andere Regeln.“

Vermehrt Absagen von Spielen

Besonders beim Handball gab es zuletzt Spielabsagen. Von 152 Partien in Württemberg mussten 72 abgesagt werden, also über 47 Prozent. Bei den Aktiven waren es 18 Partien, der Rest entfiel auf die Jugend. In der Kreisliga A der Frauen fand nur eines von vier Spielen statt, in der Frauen-Bezirksklasse wurde kein Spiel durchgeführt.

Im Fußball sind dagegen wenige Spiele mit Rems-Murr-Beteiligung ausgefallen, allerdings doch mehr als in den zurückliegenden Wochen. „Unser Ziel ist es, die Winterpause zu erreichen“, sagt Bezirksspielleiter Ralph Rolli. Dann wären 50 Prozent der Spiele absolviert, die Saison könne über die Quotientenregel gewertet werden.

Der württembergische Verband der Ringer hat die Saison wegen Corona zunächst bis Mitte November ausgesetzt. Betroffen von der Regelung sind auch Verbandsligist SC Korb und der ASV Schorndorf II.