Unwissenheit schützt nicht vor Strafe

Der Dopingverstoß von Stefan Luitz löst Unverständnis aus und setzt den DSV unter Druck

Gröden /DPA - Streng nach Reglement ist Stefan Luitz seinen ersten Weltcup-Sieg los. Der Skirennfahrer hat bei einem Rennen Sauerstoff eingeatmet und gegen das Anti-Doping-Reglement des Skiweltverbandes Fis verstoßen. Das bestreiten weder der Deutsche Skiverband (DSV) noch Luitz.

Dennoch sind Fragen offen: Warum hat die Fis eineinhalb Wochen nach dem Vorfall in Beaver Creek (USA) und wenige Tage vor dem nächsten Riesenslalom am Sonntag noch keine Strafe ausgesprochen? Warum ist sie bemüht, Luitz nicht aus der Wertung nehmen zu müssen? Und wie kann einem professionell arbeitenden Verband wie dem DSV ein so kapitaler Fehler passieren?

Anonym haben viele in der Szene aber eine eindeutige Meinung. „Es sollte nicht passieren, aber das ist kompliziert“, sagt jemand zum Fehler des DSV. „Verständnis hab ich sicher“, sagt ein anderer, „aber natürlich sollte man alle Regeln kennen.“ Und zum Prozedere der Fis? „Ich sehe keinen Spielraum. Wenn du jetzt Spielraum gibst, was machst du dann beim nächsten Vergehen?“, fragt ein erfahrener Coach.

Diese Meinung teilt grundsätzlich auch Wolfgang Maier. Der 57 Jahre alte Sportvorstand des DSV ist mächtig angefressen über alles, was passiert ist, seit er die Sauerstoffflasche im Aufenthaltsraum in Beaver Creek das erste Mal gesehen hat. Sofort habe er die Frage gestellt, ob das erlaubt sei.

Auch weil die Internetsuche seines Cheftrainers Mathias Berthold im Reglement ­wegen der schlechten Verbindung ständig abbrach, stellte er die Frage dem zuständigen DSV-Mediziner. Der habe auf die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada verwiesen und gesagt: Kein Problem, ist erlaubt.

Wada- und Fis-Reglement stimmen in diesem Punkt aber nicht überein. Die Liste der verbotenen Substanzen der Wada ist zwar aktueller, doch bei Weltcup-Rennen gelten auch Fis-Regeln. Ein Wada-Kontrolleur hätte beim Anblick der Sauerstoffmaske ­also nicht mal gezuckt – laut Fis-Regeln ist es aber ein klares Dopingvergehen.

Dass das Vorgehen des DSV als „unprofessionell“ wahrgenommen wird, trifft Maier. „Da muss man mir auch mal zugestehen, dass ich nicht alle Regeln kenne und mich darauf verlasse“, sagt er. „Wir akzeptieren, wenn man sagt, wir haben einen Regelverstoß gemacht“, sagt der Bayer. „Aber nicht, dass wir gedopt haben. Wir ­betrügen nicht.“

Klar ist, dass er die Ver­antwortung trägt. Deswegen ist ihm wichtig, dass der DSV keinerlei ­Versuch unternommen habe, etwas zu vertuschen: „Wir haben einen Fehler gemacht, da stehen wir auch dazu. Weil wir nicht wussten, dass die Fis ihr Reglement nicht an den Wada-Code angepasst hat.“

Irgendeine Strafe wird Luitz bekommen, daran zweifelt Maier nicht: „Da kann ich nichts dagegen machen. Das wäre sinnlos. Unwissenheit schützt vor Bestrafung nicht.“ Nur ist die Situation in seinen Augen nicht ganz so eindeutig. „Die müssen ihn nicht disqualifizieren. Aber sie können.“