VfB kämpft um bessere Aussichten

Bundesligist steckt erneut im Dauertief – und will bis zu zehn Millionen Euro in Zugänge investieren

Von Carlos Ubina

Bundesliga - Wolfgang Dietrich ist vor dem letzten Hinrundenspiel am Samstag gegen den FC Schalke 04 unzufrieden. Deshalb bestätigt der VfB-Präsident, dass es Wintertransfers geben wird.

Stuttgart Noch ein Spiel. Und in diesen 90 Minuten werden sich wieder all die Hoffnungen und Befürchtungen verdichten, die den VfB Stuttgart seit Saisonbeginn begleiten. Gestartet ist der Fußball-Bundesligist mit dem Ehrgeiz, sich spielerisch weiterzuentwickeln, und der Perspektive, sich möglichst in der Tabelle in der oberen Hälfte einzunisten. Nun steckt die Mannschaft aber im Abstiegskampf und das letzte Hinrundenspiel an diesem Samstag (15.30 Uhr) gegen Schalke 04 ist eine Begegnung zwischen zwei Clubs, die ihren Erwartungen hinterherlaufen.

Jetzt geht es auch darum, ob der VfB etwas beruhigt oder reichlich angespannt in die Winterpause geht. „Natürlich sind wir mit dem bisherigen Saisonverlauf nicht zufrieden, aber wir haben vor Rundenbeginn die Plätze neun bis 13 als Saisonziel ausgegeben“, sagt Wolfgang Dietrich – und davon sieht sich der Präsident mit Blick auf die Tabelle nicht so weit entfernt. Genau genommen ist es sogar nur ein Zähler, wenn man das Ganze von unten her betrachtet. Doch an diesem Punkt lässt sich ein Problem bereits festmachen: Anspruch und Wirklichkeit klaffen beim VfB auseinander.

Die Zeit, sich die Bundesligatabelle besorgt anzuschauen, schien vorbei. Lieber wäre man Werder Bremen, das als Tabellenneunter näher an den Europacup-Rängen ist als an den Abstiegsplätzen. Wobei fairerweise erwähnt werden muss, dass sowohl Wolfgang Dietrich als auch der Manager Michael Reschke bereits während der Sommervorbereitung stets betonten, dass der VfB nun vor dem erfahrungsgemäß verflixten zweiten Jahr als Aufsteiger stehen würde – selbst wenn der Club eher ein außergewöhnlicher denn ein klassischer Vertreter dieser Gattung sei.

Eingepreist wurde diese Einschätzung in den internen sportlichen Kalkulationen. Wirklich gerechnet hat mit dem Abwärtstrend aber keiner. Als Tiefstapelei wurden die Mahnungen außerhalb des Vereins abgetan. Als ein Abwehrreflex, um die Euphorie der Fans nicht noch mehr zu befeuern, als es der siebte Tabellenplatz aus der Vorsaison ohnehin schon getan hatte. Die rosig-stürmische Zukunft des neuen VfB hatten viele nach dem Sensationssieg gegen den FC Bayern im letzten Saisonspiel bereits vor Augen, zumal noch einmal mehr als 30 Millionen Euro in den Kader investiert wurden.

Doch der Masterplan ist bisher nicht aufgegangen: In ein stabiles Gebilde sollten junge Spieler eingebaut werden. Fehler, Formschwäche und Verletzungen konterkarieren diese angedachte Entwicklung. Es mangelt an Konstanz, und im Grunde hat die Realität die Stuttgarter bereits im ersten Pflichtspiel eingeholt. Der Erstligist verlor im DFB-Pokal beim Drittligisten Hansa Rostock – und seither steckt er in einem Dauertief, das er auch nach dem Trainerwechsel von Tayfun Korkut zu Markus Weinzierl nicht überwunden hat. Noch nicht, wenn es nach Dietrichs Überzeugungen geht. Er will noch keine Zwischenbilanz ziehen, er will auch die Zugänge nach einem halben Jahr nicht bewerten.

Der Präsident handelt in kritischen Phasen zwar gelegentlich kurzfristig, aber er denkt langfristig und der Blick richtet sich mehr nach vorne als nach hinten. „Wenn wir überhaupt einen Vorteil aus dieser schwierigen Lage ziehen können, dann den, dass uns früh klar war, dass wir gegen den Abstieg kämpfen werden“, sagt Dietrich. Die Mannschaft habe die ungewollte Herausforderung angenommen, wie er nach Gesprächen mit den Führungsspielern Christian Gentner und Mario Gomez versichert.

Dagegen könnte zum Beispiel Schalke von der Eigendynamik des Misserfolgs in der Liga noch voll erfasst werden. Denn als Champions-League-Achtelfinalist spielt das Team von Trainer Domenico Tedesco international weiter im Konzert der Großen mit, national steht es nur ein Pünktchen besser als der VfB da – und wie die Weiß-Roten suchen die Königsblauen einen Weg aus der Misere.

„Dazu gehört, dass wir die verletzten Spieler fit zurück brauchen, dass wir eine gemeinsame Vorbereitung haben. Wir brauchen ebenso einen neuen Spielstil, also eine gemeinsame Spielidee – und wir brauchen Neuzugänge. Dann haben wir genügend Potenzial, um unser Ziel zu erreichen“, sagt VfB-Trainer Markus Weinzierl.

Wie Dietrich bestätigt, wird es im Winter Verpflichtungen geben, jedoch keinen Aktionismus. Das ist das Vorhaben, das sich an den erfolgreichen Wintertransfers vor einem Jahr orientiert, aber schwer umzusetzen sein wird. Mario Gomez, Erik Thommy und Jacob Bruun Larsen, der seine Qualität jedoch erst nach der Rückkehr zu Borussia Dortmund ausspielte, kamen damals. Jetzt hält sich der Name Patrick Herrmann (Borussia Mönchengladbach).

Doch an dem Flügelflitzer zeigt sich die Problematik eines Wintertransfers: Herrmann ist nach einigen Verletzungen offenbar nicht mehr der Spieler, der er einmal war. Er ist aber einer, den der VfB bekommen könnte. Am Geld werden die Aktivitäten jedenfalls nicht scheitern. Zehn Millionen Euro sollen zur Verfügung stehen. Und sie sollen helfen, die Sehnsucht der Fans nach ruhigen Tagen zu erfüllen.