Viel Routine sorgt für neuen Schwung

TSG-Coach Youssef Hillaneh stammt aus einem Dorf bei Damaskus. In Syrien hat er Erstliga-Teams und die Frauennationalmannschaft trainiert. Nun will er die Backnanger Volleyballerinnen in der Oberliga mit seiner Erfahrung unterstützen.

Viel Routine sorgt für neuen Schwung

Trainer Youssef Hillaneh beim ersten Spiel der Volleyballerinnen der TSG Backnang gegen Ludwigsburg. Foto: T. Sellmaier

Von Kristin Doberer

Youssef Hillaneh trainiert seit August die Volleyballmannschaft der Frauen bei der TSG Backnang 1846. Eigentlich kommt der 49-Jährige aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Damaskus. Hier hat er als Zehnjähriger ersten Kontakt zum Volleyball bekommen, seitdem ist der Sport ein wichtiger Aspekt seines Lebens. Einen Verein gab es dort in seiner Kindheit nicht, trotzdem habe er Volleyball in seiner Schulzeit schnell für sich entdeckt. „Wir hatten nicht mal eine Halle und haben immer draußen gespielt.“ Dann kam der Umzug nach Damaskus und er spielte in der syrischen Hauptstadt in verschiedenen Vereinen. Nach dem Abitur studierte Hillaneh in Damaskus Sportwissenschaft und spezialisierte sich nach den ersten Jahren, in denen es allgemein um ganz unterschiedliche Sportarten ging, auf Volleyball. Eine Zeit, in der er außerdem auch als Trainer wirkte und selbst als Zuspieler auf dem Feld stand.

Seine Begeisterung für Volleyball hat sich der neue TSG-Coach auch nach dem Studium erhalten. Neben seiner Arbeit als Sportlehrer baute er seine Trainertätigkeit aus. Zum Beispiel als Coach der U-16-Nationalmannschaft und ein Jahr als Trainer des Frauennationalteams.

Für Hillaneh spielte der Sport in allen Lebensabschnitten eine Rolle, vor allem bei der Arbeit als Trainer war er in Syrien sehr erfolgreich. In seinem Heimatdorf gründetet er 2000 sogar einen eigenen Volleyballverein. Dessen Frauenmannschaft schaffte es schnell in die zweite und im Jahr darauf sogar in die erste syrische Liga. „Eine wirklich tolle Leistung, in Syrien gab es nur die drei Ligen, es war schwer, den Aufstieg zu schaffen“, erinnert sich Hillaneh. Nach einem Jahr stieg die Mannschaft zwar wieder ab, doch im Jahr 2010 gelang erneut der Aufstieg. Dann kam der Krieg. „Sofort gab es einfach gar keinen Sport mehr.“ Für seinen Dorfverein das Aus. „Wir hatten ja immer noch keine Halle. Und draußen konnte man nach Kriegsbeginn schon gar nicht mehr spielen.“

2015 beschloss er, mit seiner Familie nach Deutschland zu gehen. Das war allerdings nicht sein erster Aufenthalt hier. Bereits 2010 hatte er für ein Jahr in Leipzig studiert und gelebt. Auch sind die Backnangerinnen nicht die erste Mannschaft, die er in Deutschland trainiert. „Ich kann einfach nicht weit weg vom Volleyball bleiben.“ Deshalb hat er bei der Spvgg Renningen zuerst die U 15 trainiert, anschließend zusätzlich für drei Jahre das Herrenteam. „Die Mannschaft ist in der Bezirksliga geblieben, aber mehr konnte ich dort nicht erreichen.“

Hillaneh lebt eigentlich in Weil der Stadt und arbeitet in Leonberg sowie in Herrenberg als Sport- und Schwimmlehrer. Für das Volleyballtraining fährt er mehrmals die Woche die 65 Kilometer nach Backnang. Die weite Strecke sei zwar durchaus ein Aufwand, doch den nehme er gerne in Kauf. „Die Gruppe hat mir gefallen, es sind sehr gute Spielerinnen und sie funktionieren zusammen ganz gut. Da sind mir andere Sachen dann egal.“ Auch fühlt er sich allgemein sehr wohl bei der TSG. Außerdem sei ihm Volleyball sehr wichtig, andere Interessen gebe es für ihn eigentlich gar nicht. Andere Vereine haben ihm zwar auch ein Angebot unterbreitet, doch der erste Eindruck der Backnanger Mannschaft habe ihn sofort überzeugt.

Auf die TSG aufmerksam wurde er, als der Verein auf Facebook, Instagram und in der Verbandszeitung einen neuen Trainer gesucht hatte, nachdem sich der vorherige Coach Ronny Schmitzer nach dem Abstieg nach Berlin verabschiedet hatte. Hillaneh fand den Aufruf online und schaute für ein Probetraining vorbei, nachdem es die Coronavorschriften Ende Juli zuließen. Dabei habe die Mannschaft ihm dann sehr imponiert. Im Anschluss daran haben sich das Team und der Trainer zunächst auf ein Jahr Zusammenarbeit geeinigt.

Bisher kommt die Mannschaft sehr gut mit dem neuen Coach aus Syrien zurecht. „Wir sind voll zufrieden“, meint Susann Haffke. „Er macht sehr gute Übungen mit uns, man merkt, dass er als Trainer viel Erfahrung hat.“ Der Abstieg in die Oberliga, einige Abgänge und nachrückende Spielerinnen aus der unteren Mannschaft haben eine große Umstellung für das Team mit sich gebracht. „Wir sind noch etwas in der Findungsphase“, meint die Spielerin. Hillaneh hat sich vor allem vorgenommen, am Zusammenspiel innerhalb der Mannschaft zu arbeiten. „Es sind gute Spielerinnen, trotzdem muss man noch mit ihnen arbeiten. Man merkt einfach, sie wollen miteinander besser werden“, sagt der Coach. Dabei will er das Team nun mit seiner langjährigen Erfahrung unterstützen. Zum Beispiel mit viel Koordinationstraining und dem Erarbeiten von verschiedenen Abwehrmöglichkeiten.

Volleyballspiel TSG Backnang

Das zweite Saisonspiel der Backnanger Volleyballerinnen findet am heutigen Samstag um 19 Uhr statt. Dabei trifft die TSG 1846, die zum Auftakt mit 2:3 verlor, in der Sporthalle Katharinenplaisir auf die TSF Ditzingen, die ihre erste Partie 3:0 gewannen.