Volleyballerin zieht’s vom Nil an die Murr

Vor etwa einem Jahr hat Kenouz Abdelkhalek in Backnang nicht nur ihre sportliche Heimat gefunden. Die TSG-Sportlerin tauschte die ägyptische Metropole Kairo mit der deutschen an der Murr. Sowohl sportlich als auch privat bedauert sie diesen Schritt nicht.

Volleyballerin zieht’s vom Nil an die Murr

Ist bei der TSG als Außenspielerin im Einsatz: Kenouz Abdelkhalek (rechts). Foto: T. Sellmaier

Von Andreas Ziegele

Für die Volleyballerinnen der TSG Backnang ist Kenouz Abdelkhalek auf jeden Fall eine Verstärkung. Wenn sie sich noch mit etwas schwertut in ihrer neuen Heimat, dann ist es die Sprache. „Ich lerne aber ganz fleißig Deutsch, denn ich möchte es fließend sprechen können“, sagt die 25-Jährige auf Englisch. Ab und an kommt dann aber im Gespräch auch der eine oder andere Satz auf Deutsch über ihre Lippen.

Seit November vergangenen Jahres lebt Kenouz Amr Ahmed Mohamed Abdelkhalek, so ihr vollständiger Name, mit ihrem Mann in Backnang. Der Beruf des Gatten als Bauingenieur bei einem großen Backnanger Unternehmen war auch der Grund für den Umzug. Sie selbst hat in Ägypten als Steuerberaterin für Deloitte Egypt gearbeitet, nachdem sie den Bachelor für Finanzen und Rechnungswesen gemacht hatte. Derzeit kümmert sie sich vorwiegend um ihre 18 Monate alte Tochter. „Aber ich will unbedingt wieder als Steuerberaterin arbeiten. Dafür muss ich aber fließend Deutsch können, was ich derzeit auch intensiv lerne“, sagt die junge Mutter.

An Backnang schätzt sie die Sauberkeit in der Stadt und die Fülle an Angeboten wie Supermärkte oder auch Kino. „Aber wegen Corona konnte ich viele Dinge noch gar nicht ausprobieren“, bedauert sie. Allerdings räumt sie auch ein, dass Kairo und Backnang nicht zu vergleichen sind. „In Kairo ist es sehr laut und es gibt unglaublich viel Straßenverkehr“, berichtet sie weiter. Zuvor hatte sie sich bei zwei Besuchen schon einen Eindruck von Deutschland verschafft. „Mein Bruder lebt seit sechs Jahren hier und mittlerweile auch in Backnang.“

Volleyballerin hat Sprung in die Oberliga-Mannschaft geschafft.

Seit Februar dieses Jahres spielt sie nun bei der TSG Backnang Volleyball. Zunächst für die zweite Frauenmannschaft, mit der sie auch einige Meisterschaftsspiele absolvierte. Beim ersten Team konnte sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht mitwirken, da die Saison bereits lief und eine Nachmeldung einer Spielerin nicht möglich war. Seit dem Sommer trainiert und spielt sie für die Oberliga-Mannschaft der TSG. Zunächst als Libera in der Defensive. „Aber der Trainer sagte, es ist besser, wenn man auf zwei Positionen spielen kann“, sagt Abdelkhalek und wird nun auch auf der offensiven Außenposition eingesetzt.

Das Volleyballspielen hat sie in 2005 mit zehn Jahren begonnen. Bei einem der größten Sportvereine Ägyptens, dem Heliopolis Sporting Club in Kairo, spielte sie in der dortigen ersten Liga und wurde mit diesem Team mehrmals ägyptischer Meister. Internationale Spiele sind ihr allerdings verwehrt geblieben. „Leider sind die Klubs aus Ägypten nicht in den internationalen Ligen am Start“, wie sie mit einem Bedauern in der Stimme erzählt. Sportliche Vorbilder hat die junge Frau natürlich auch. Gleich an erster Stelle nennt sie den brasilianischen Volleyballstar Gilberto Godoy Filho, besser bekannt als Giba. An zweiter Stelle folgt dann der ägyptische Volleyballnationalspieler Ahmed Salah.

Bei der Frage nach dem Unterschied im Damenvolleyball in Deutschland und in Ägypten geht sie nicht direkt auf das Sportliche ein. „Hier sind die Menschen zuverlässig, die Hallen sauber und alles ist immer bestens organisiert“, fällt ihr als erste Antwort ein. Wobei sie auch betont: „In Ägypten hat sich der Verein um alles gekümmert. Vom Training über den Transport zu den Spielen bis hin zur Versorgung mit Essen und Getränken.“ Das ist zwar angenehm, sagt sie, betont aber, dass sie in ihrer Zeit in Backnang gelernt hat, selbstständiger zu werden.

Allerdings bedauert sie, dass im Moment kaum trainiert werden kann und die Saison unterbrochen ist. Aus ihrer Sicht ist es schwer einschätzbar, wie sich die Runde für die TSG entwickeln wird, wenn der Spielbetrieb wieder startet. „Wir hatten einen enormen Umbruch in der Mannschaft mit vielen neuen und jungen Spielerinnen und nicht genügend Zeit, uns aneinander zu gewöhnen“, führt sie als Grund dafür an. „Volleyball ist ein klassischer Mannschaftssport und auf dem Feld muss man immer wissen, wie der andere denkt und sich in der jeweiligen Situation verhält“, erklärt die 25-Jährige, die in Kairo geboren wurde. „Die Qualität der Spielerinnen für den Klassenerhalt ist auf jeden Fall vorhanden.“ Vom Team fühlt sie sich richtig gut aufgenommen. Als freundlich und herzlich bezeichnet sie den Umgang der Spielerinnen untereinander.

In arabischer Muttersprache klappt die Verständigung mit dem Trainer.

Auf dem Spielfeld der Volleyballerinnen der TSG Backnang ist die Sprache kein Problem, sagt „Kaj“. Das ist ihr Spitzname innerhalb des Teams. „Wir haben eine internationale Mannschaft“, sagt sie und zählt einige Länder auf, aus denen ihre Mannschaftskolleginnen und der Trainer kommen. „Diese Vielfalt macht das Team stärker“, ist Abdelkhalek überzeugt. Und mit dem aus Syrien stammenden Trainer Youssef Hillaneh kann die Sportlerin sich auch in ihrer arabischen Muttersprache verständigen. Aber grundsätzlich ist die Sprache innerhalb des Teams Deutsch. „Es gibt keine bessere Möglichkeit, eine Sprache zu lernen, als innerhalb eines Teams im Sport“, sagt sie, auch wenn das derzeit schwierig ist, da sich die Spielerinnen aufgrund der coronabedingten Verordnungen so gut wie nicht sehen.

Volleyballerin zieht’s vom Nil an die Murr

Kenouz Abdelkhalek hat im Jahr 2013 die ägyptische Meisterschaft gewonnen. Foto: privat