Von Breuningsweiler in US-College-Liga

Das Interview: Der ehemalige Backnanger Jugendspieler Justin Eisenmann hat ein Fußballstipendium in den USA ergattert

Justin Eisenmann (19) vom Landesligisten SV Breuningsweiler fiebert seinem Fußballstipendium in den USA entgegen. Wie der ehemalige A- und B-Jugendspieler der TSG Backnang einen der begehrten Plätze an einem College ergatterte und welche Sorgen ihm dabei das Coronavirus bereitet, hat er unserer Zeitung in einem Interview verraten.

Von Breuningsweiler in US-College-Liga

Künftig nicht mehr für Landesligist Breuningsweiler, sondern in der US-College-Liga am Ball: Justin Eisenmann, der als Jugendlicher auch schon das Trikot der TSG Backnang trug. Foto: V. Müller

Von Maximilian Grau

Wie kam es zu dem Wechsel in die USA?

Der Wunsch entstand im Winter 2018. Mein damaliger Trainer beim VfR Aalen ist US-Amerikaner. Er hat mir das Thema College-Soccer nahegebracht und mich dafür begeistert. Nach und nach stieg das Interesse bei mir und ich fing an, mit einer Vermittlungsorganisation zu kooperieren, welche mir beim langen Weg in die USA geholfen hat.

Was waren die Gründe, in den USA zu studieren und gleichzeitig dort als Stipendiat Fußball zu spielen?

Das dortige Collegesystem hat einige Vorteile: Ich kann gleichzeitig studieren und meine Fußballkarriere vorantreiben. Das Programm bietet mir die Möglichkeit, beide Ziele miteinander zu kombinieren, ohne dass sie sich dabei gegenseitig im Weg stehen. In Deutschland gibt es etwas Vergleichbares einfach nicht. Da heißt es meistens: entweder oder. Das war für mich der ausschlaggebende Punkt. Zudem bin ich sehr interessiert an der Sprache und offen, etwas Neues zu erleben.

Was sind die Voraussetzungen, um einen der begehrten Stipendienplätze zu bekommen?

Die Grundvoraussetzung ist, Abitur oder Fachabitur zu haben und den SAT (US-amerikanischer Aufnahmetest für Studienplatzbewerber) zu bestehen. Zusätzlich musste ich aufzeigen, dass ich ein hohes fußballerisches Niveau habe. Für die Division 1 Universities, in der die größten Universitäten mit den erfolgreichsten Sportmannschaften vertreten sind, sollte man Männer-Verbands- oder Jugend-Oberliga gespielt haben. Außerdem ist es wichtig, englischsprachig sehr fit zu sein.

Konntest du dir aussuchen, auf welches College du gehen wirst?

Insgesamt hatte ich Gespräche mit 14 Colleges, die mich gerne in ihrem Soccer-Team gehabt hätten. In den USA wird das Ansehen des College an der Größe gemessen: Je mehr Studenten es hat, umso besser ist sein Ansehen. Für mich spielten zudem das Niveau der Mannschaft und der Conference (College-Liga), der Trainerstab, der Standort, das akademische Level und natürlich das Finanzielle eine entscheidende Rolle. Letztendlich habe ich mich für die Olivet Nazarene University (ONU) in der Nähe von Chicago (Illinois) entschieden und werde ab Herbst für die ONU Tigers auflaufen. Da die Olivet Nazarene University bei meinen Kriterien am besten abgeschnitten hat, fiel mir die Entscheidung nicht schwer.

Wann geht das Abenteuer los und worauf freust du dich am meisten?

Die Vorbereitung auf die Fußballsaison, die sogenannte Preseason, beginnt am 1. August, mein Studium, Sportmanagement, aber erst am 1. September. Daher habe ich einen ganzen Monat, um mich an das neue Umfeld zu gewöhnen. Ehrlich gesagt freue ich mich auf alles: natürlich insbesondere auf die neue Aufgabe, aber auch auf die vielen neuen Themenbereiche, die mir durch mein Studium nähergebracht werden.

Bereitet dir das Coronavirus bei der Planung Sorgen?

Das Coronavirus ist auf jeden Fall meine größte Sorge. Ich hoffe, dass alles klappt. Das kann aber leider niemand genau sagen. Zudem ist es schwer, Familie und Freunde zu verlassen, aber mit Face-Time können wir ja leicht Kontakt halten.

Ist es dein Traum, nach dem Studienabschluss im Profifußball Fuß zu fassen?

Den Traum habe ich, seitdem ich ein kleiner Junge bin. Ich werde alles dafür tun, ihn noch zu erreichen. Die Grundsteine dafür sind mit dem Sportstipendium auf jeden Fall gelegt. Allerdings ist es trotzdem ein sehr harter und weiter Weg bis in den Profifußball. Da sind wir uns, denke ich, alle einig.

Wie hoch sind die Chancen für europäische College-Absolventen, nach dem Studium bei einer Profimannschaft in den USA unterzukommen?

Das ist schwierig zu sagen, da man abhängig vom Team, Trainerstab und Umfeld ist. Es gibt aber sehr viele Beispiele von jungen europäischen Spielern, die in den USA ihre Chance ergriffen haben und Profifußballer wurden.

Du hast schon früh als sehr talentiert gegolten. Trotzdem hast du sehr lange bei Breuningsweiler in der Jugend gespielt. Warum kam der Wechsel zu größeren Vereinen wie der TSG Backnang und danach dem VfR Aalen erst im zweiten B-Jugend-Jahr?

Ich bin sehr an den SV Breuningsweiler gebunden. Ich bin in unserem Dorf aufgewachsen, habe zusammen mit meinen Freunden gespielt, und auch meine beiden Eltern haben früher beim SVB Fußball gespielt. Ich denke, ich habe mich schlichtweg nicht getraut, den Schritt zu wagen.

Bei Aalen hast du zum Schluss noch ein Jahr in der U-19-Oberliga gespielt. Eine wichtige Erfahrung für dich?

Es war ein sehr tolles und auch erfolgreiches Jahr. Durch die sehr guten Trainingsbedingungen beim Verein, die zahlreichen Spiele gegen Topklubs, sowohl in der Liga als auch in Freundschaftsspielen wie gegen den VfB Stuttgart, Red Bull Salzburg oder Eintracht Frankfurt sowie den Leistungsdruck habe ich mich als Fußballer, aber auch als Person enorm weiterentwickelt.

Zur Person
Justin Eisenmann