„Wäre schön, wenn die Beachtung steigt“

Das Interview: Jens Holderle blickt als Trainer der Backnanger Judofrauen zurück und wagt auch einen Ausblick

Nach der erfolgreichen Titelverteidigung ist die Stimmung bei den Judofrauen der TSG Backnang prächtig. Trainer Jens Holderle blickt auf die Veranstaltung in der Karl-Euerle-Halle zurück. Der 38-Jährige wagt aber auch einen Ausblick auf die Wettkämpfe, die in diesem Jahr noch stattfinden, und auf die sportlichen Höhepunkte in 2019.

„Wäre schön, wenn die Beachtung steigt“

Jens Holderle ist nach dem Titelgewinn der Judofrauen die Freude anzusehen. Foto: A. Becher

Von Heiko Schmidt

Wie bewerten Sie mit einigen Tagen Abstand die erfolgreiche Titelverteidigung?

Wir sind als Verein unheimlich stolz darauf, dass wir das geschafft haben. Es ist nicht meine Leistung und nicht nur die Leistung vom Team, sondern es ist die komplette Vereinsmannschaft, die gewonnen hat. Es war absolut kein Selbstläufer und schwierig, auch wenn die Ergebnisse deutlich waren. Es ist aber schön, dass man sich das verdient hat.

Was bleibt für Sie vom Wettkampftag besonders in Erinnerung?

Alles eigentlich. Ich fand es unheimlich schön, wie der gesamte Verein zusammen geholfen hat. Schon einige Tage vorher hat das ganze Helferteam mit angepackt. Man hat gemerkt, dass alle Feuer und Flamme waren. Es kam auch die eine oder andere Herausforderung auf uns zu. Nichtsdestotrotz war es für mich eine tolle Veranstaltung. Es war einfach schön, zu sehen, wie viele Leute dies gemanagt und ihren Job sehr gut erledigt haben. Für mich war es toll, dass es im Verein so gut funktioniert hat und alle mit angepackt haben.

War der Druck für Ihre Mannschaft nach dem Titelgewinn im Jahr 2017 und nun mit dem Heimvorteil im Rücken groß?

Die Mannschaft stand mega unter Strom. Die Kämpferinnen waren sehr angespannt. Das Gleiche hatten wir vor zwei Jahren, als wir die Play-offs ausgerichtet hatten. Es war für viele ganz arg wichtig, dass es kein Déjà-vu gibt. Das hat man gespürt. Auf der anderen Seite habe ich auch gemerkt, dass es dieses Mal ein anderes Auftreten war von der Mannschaft, ein konzentriertes Auftreten. Wir waren fokussierter und sind in den entscheidenden Momenten ruhig geblieben, haben abgewartet und es nicht übers Knie brechen wollen. Das war nachher der Schlüssel für den Sieg.

Erhoffen Sie sich durch den erneuten Gewinn der Goldmedaille noch mehr Beachtung des Judosports in Backnang?

Es wäre unheimlich schön, wenn die Beachtung steigen würde, vor allem für die Jugendarbeit. Ich denke auch, für das ganze Umfeld ist es wichtig, wenn sich etwas bewegen würde. Das wünsche ich mir ganz arg. Wir freuen uns auch über jede Finanzspritze, das ist natürlich klar. Aber unser eigentliches Steckenpferd ist neben der Bundesliga, die immer etwas hervorgehoben wird, schon auch unsere eigene Jugendarbeit und die Einzelleistungen unserer Athleten wie früher Michaela Semsch, Matthias Klee und Felix Korthals sowie aktuell mit Katharina Menz und Helena Grau. In den Startlöchern stehen Robin Angerer und Karl Bschlangaul. Das ist das, was uns auszeichnet. Es wäre schön, wenn diese Sportler und diese Arbeit noch mehr Anerkennung finden würden.

Apropos Finanzspritze. Das Backnanger Frauenteam hat sich mit dem Titelgewinn 2017 für die European Club Championships am 8. und 9. Dezember in Bukarest qualifiziert. Gibt es da neue Tendenzen, ob die TSG-Mannschaft dabei sein wird?

Wir werden das in der Abteilungsleiterbesprechung noch mal genau abwägen. Das entscheide ich nicht alleine. Es ist natürlich eine finanzielle Sache. Die Bundesliga-Mannschaft hätte es absolut verdient, dort starten zu dürfen. Schon allein deswegen, da sich sie sich das letzte Mal mit dem siebten Platz in Wuppertal gut präsentiert hat. Allerdings möchte ich nicht auf Teufel komm raus eine andere Mannschaft zusammenstellen. Und ich verstehe auch, wenn die Sportlerinnen sagen, dass sie mal eine Pause brauchen. Es stehen nämlich in diesem Jahr der wichtige Wettkampf in Taschkent, kurze Zeit später ein Trainingslager in Japan und zum Abschluss eine Asientour mit dem Grand Slam in Osaka an. Die Topsportlerinnen sind Weltenbummler, aber ohne sie geht es nicht. Wir müssen also mehrere Sachen noch abklären.

Können Sie schon einen Ausblick für das Frauenteam auf das Jahr 2019 geben?

Wir bleiben da ganz bodenständig. Wir freuen uns wahnsinnig, dass wir es zweimal geschafft haben. Aber wir wissen auch genau, dass die Konkurrenz mit anderen Topmannschaften im Süden nicht schläft. Auch wenn vielleicht Wiesbaden vom Deutschen Judo-Bund aus in die Nordgruppe der Ersten Bundesliga hochgehen wird. Da gibt es Überlegungen einer Umstrukturierung. Wir machen uns aber nichts vor, die Südgruppe wird weiterhin stark sein. Unser nächstes Ziel ist es, dass wir wieder in die Play-offs kommen. Erst danach denken wir an den Tag der Finalrunde und da ist alles möglich.

Und dann gelingt der Titel-Hattrick?

(Lacht.) So weit denke ich nicht. Wir genießen jetzt den Moment und wir bleiben auf dem Boden. Ich denke da nicht an eine Titelverteidigung. Wir nehmen es, so wie es kommt und arbeiten mit den Gegebenheiten, die nächstes Jahr anstehen. Ich denke, es wird ein schwieriges Jahr für uns. Es steht die Vorbereitung für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio auf dem Programm. Wenn ich mir den Fahrplan der deutschen Topkämpferinnen wie Luise Malzahn, Katharina Menz, Anna-Maria Wagner und Martyna Trajdos und auch die ausländischen Kämpferinnen anschaue, müssen wir froh sein, wenn sie uns an einem Bundesliga-Kampftag zur Verfügung stehen. Mit solchen Sportlerinnen steht und fällt natürlich der Erfolg. Unser Ziel ist also ganz klar das Erreichen der Finalrunde. Wir wollen eine gute Saison und gutes Judo bieten sowie Zuschauer in die Mörikesporthalle locken und den Judosport attraktiv präsentieren.

Gibt es zum jetzigen Zeitpunkt schon Tendenzen, wie der Kader der Frauenmannschaft nächstes Jahr aussehen wird?

Wir sind in der Planung. Es gibt Gespräche. Mir ist nicht bekannt, dass jemand weg möchte von uns. Von dem her denke ich, dass wir auf die gleiche Truppe wieder zurückgreifen können. Wir müssen aber auch als Verein im Blick behalten, dass wir immer wieder frisches Blut in die Mannschaft reinbringen. Da sind wir gerade dran. Es gibt noch nichts Konkretes.