WM der Extreme: Mihambo auf dem Sprung zu Gold

dpa Doha. Die deutschen Leichtathleten haben bei der Wüsten-WM in Katar einige Medaillenkandidaten am Start, aber auch viele Ausfälle zu verkraften. Anwärterin Nummer eins auf Gold ist Weitspringern Malaika Mihambo.

WM der Extreme: Mihambo auf dem Sprung zu Gold

Weitspringerin Malaika Mihambo startet als Titelfavoritin bei der WM. Foto: Uwe Anspach

Die Wüsten-WM wird für die 71 Starter des Deutschen Leichtathletik-Verbandes in jeder Hinsicht eine große Herausforderung: Viele Ausfälle, extreme Hitze und ein eher wenig DLV-gerechtes Wettkampfprogramm.

„Wenn man jeden Tag Überraschungen melden will, stellt der Zeitplan eine Herausforderung dar. Wir sind darauf eingestellt“, sagte DLV-Generaldirektor Idriss Gonschinska. An den ersten drei Tagen der am Freitag in Doha/Katar beginnenden WM (bis 6. Oktober) ist absehbar keine Medaille zu holen und Geduld gefragt.

Nach einer ungewöhnlich hohen Zahl von Athleten, die wegen Verletzungen absagen mussten, ist die Erwartungshaltung gedämpft. Bei der WM 2017 in London holten die DLV-Asse fünf Medaillen. Verzichten mussten unter anderen auf die Reise nach Katar der zweimalige Kugelstoß-Weltmeister David Storl, die Mehrkämpfer Carolin Schäfer, Rico Freimuth (beide WM-Silber 2017) sowie Zehnkampf-Europameister Arthur Abele und die Hochspringerin Marie-Laurence Jungfleisch (EM-Dritte).

„Man muss klar sagen, dass wir diese Ausfälle nicht kompensieren können. Das könnte keine europäische Nation“, erklärte Gonschinska. Als Ursachen für die lange Ausfallliste nennt er den „außergewöhnlich späten Termin der WM“, aber retrospektiv auch die Heim-EM in Berlin, in die die Athleten „viel Motivation, Energie und Aufwand“ gelegt hätten. Gonschinska: „Einige Aussagen von Athleten verdeutlichen, dass dies bei aller Begeisterung mental Spuren hinterlassen hat.“

Es gebe jedoch auch „tolle Saisonverläufe“, die bei der WM hoffen ließen - auch auf Gold. Mit einer Serie von Sieben-Meter-Sprüngen ist Malaika Mihambo auf Platz eins der Weitsprung-Weltranglisten gesprungen und zur Titelfavoritin geworden. „Ich sage mir immer, das Wichtigste ist, dass ich mein Ding mache. Über Medaillen und Platzierungen mache ich mir keine Gedanken“, versicherte die 25-jährige Europameisterin und Olympia-Vierte. „Aber klar bin ich so etwas wie eine Favoritin.“

Medaillencoups sind im Speerwurf Titelverteidiger Johannes Vetter, Olympiasieger Thomas Röhler und dem EM-Zweiten Andreas Hofmann zuzutrauen sowie im Zehnkampf dem WM-Dritten Kai Kazmirek und Niklas Kaul. Auch Hindernisläuferin Gesa Krause und Rekordläuferin Konstanze Klosterhalfen peilen Edelmetall an. Die Fachzeitung Leichtathletik“ hat sogar 17 Medaillenchancen des DLV hochgerechnet. „Wir haben interessante Athleten und Chancen in Doha“, versicherte Gonschinska.

Hitze, Luftfeuchtigkeit und der späte WM-Termin machten Vorhersagen schwierig. Es gehe trotz des auf 26 Grad Celsius heruntergekühlten Khalifa-Stadions darum, wer diese Rahmenbedingungen mental am besten manage. „Mit Vorleistungen von Athleten kann man weniger als bisher etwas prognostizieren“, so Gonschinska. Dies sieht auch Wurf-Ass Röhler so: „Mein Trainer (Harro Schwuchow) sagt allen vor der WM: Wartet mal ab! Das Zitat finde ich gut, nehmen wir.“

Gespannt sein darf man auf Diskus-Olympiasieger Christoph Harting, der mit einer Vorleistung von 66,01 Meter nur auf Platz 17 der Weltbestenliste zu finden ist. Dafür lieferte er mit unakzeptablen Angriffen gegen den DLV und Konkurrenten ein Topthema. Trotzdem hat der DLV auf den Berliner mit großer Schnauze nicht verzichtet und setzt nach einer Aussprache mit dem Rebellen auf andauernde Einsicht. „Wir haben eine gute Idee, wie wir zukünftig die Zusammenarbeit gestalten werden“, sagte Gonschinska.

Ein Spitzenthema der WM bleibt Russland, das mit 30 Athleten erneut nur unter neutraler Flagge starten darf. Nach dem Verdacht, Doping-Daten aus dem Moskauer manipuliert zu haben, droht dies nicht nur dem seit 2015 gesperrten Leichtathletikverband RUSAF, sondern dem ganzen Land für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio.

Die WM in Doha ist die erste nach dem Rücktritt der charismatischen Sprint-Lichtgestalt Usain Bolt, unter den mehr als 2000 Startern wird ein neuer Superstar gesucht. Topkandidat, aus Bolts Schatten zu rennen, ist Christian Coleman (23). Der US-Amerikaner ist auch verdammt schnell, hat flotte Sprüche darauf - sorgte aber auch mit verpassten Doping-Tests für negative Schlagzeilen. Das Zeug zu einem ganz Großen hat auch Stabhochspringer Armand Duplantis. Für den Youngster aus Schweden ist die Sechs-Meter-Marke kein Hindernis.