Wutausbruch von Reus: Dortmunder Selbstzweifel im Titelkampf

dpa Frankfurt/Main. Das Remis in Frankfurt fühlt sich für Borussia Dortmund wie eine Niederlage an. Entsprechend fallen die Reaktionen aus - vor allem Kapitän Marco Reus schimpft und flucht nach dem späten Ausgleich.

Wutausbruch von Reus: Dortmunder Selbstzweifel im Titelkampf

Der BVB kam in Frankfurt nicht über ein 2:2 hinaus. Foto: Uwe Anspach

Der Wutausbruch von Kapitän Marco Reus vor laufender TV-Kamera dokumentierte den ganzen Frust bei Borussia Dortmund und die Selbstzweifel an der eigenen Titelfähigkeit.

Nach dem neuerlichen Rückschlag im Fernduell mit Tabellenführer RB Leipzig und Rekordmeister Bayern München durch das späte 2:2 (1:1) bei Eintracht Frankfurt herrscht beim ambitionierten Vize-Meister schon am 5. Spieltag der Fußball-Bundesliga eine gereizte Stimmung.

Das Remis fühlte sich an wie eine Niederlage - und ließ Reus am Sonntagabend nach dem Abpfiff am Sky-Mikrofon ausflippen, als ihm die Mentalitätsfrage gestellt wurde. „Das geht mir so auf die Eier. Ihr mit eurer Mentalitätsscheiße. Jede Woche dieselbe Kacke“, fluchte der Nationalspieler. Eine mangelhafte Einstellung wollte Reus der Mannschaft nicht vorwerfen lassen. „Das hat nichts mit Mentalität zu tun, sondern mit unserem Defensivverhalten“, sagte er. Auch Trainer Lucien Favre wollte seinen Schützlingen diesbezüglich keine Vorwürfe machen: „Ich denke nicht, dass es eine Frage der Mentalität ist.“

Darüber ließe sich jedoch trefflich streiten. Zumal Eintracht-Trainer Adi Hütter sein Team nach dem späten Comeback lobte: „Mentalität heißt für mich, dass man bis zum Schluss an etwas glaubt und nie aufgibt.“ Genau daran fehlte es dem BVB in der rasanten Partie vor 51 500 Zuschauern, wie Sportdirektor Michael Zorc enttäuscht feststellte. „Für mich haben wir die Punkte in der ersten Halbzeit verloren, zwischen der elften Minute und dem Halbzeitpfiff. Nach dem 1:0 war die Eintracht am Boden, da haben wir überhaupt nicht fokussiert auf das nächste Tor gespielt“, kritisierte der Sportdirektor und schimpfte: „So spielt keine Spitzenmannschaft, das muss ich ganz klar sagen. Wir haben es leichtfertig verspielt.“

Unter den Augen von Bundestrainer Joachim Löw hatte der BVB durch Axel Witsel (11. Minute) und Jadon Sancho (66.) zweimal vorgelegt. Doch Eintracht-Neuzugang André Silva (44.) mit seinem ersten Bundesligator und ein Eigentor von Thomas Delaney (88.) zerstörten die Dortmunder Hoffnungen. „Wir müssen das 2:1 über die Zeit bringen, das haben wir nicht geschafft. Wir müssen in der Schlussphase besser dagegenhalten und es bis zum Ende durchziehen“, schimpfte Reus.

Eine richtungsweisende Woche mit drei großen Spielen endete für den BVB so mit Ernüchterung. Auf das starke 4:0 gegen Bayer Leverkusen folgten das 0:0 gegen den großen FC Barcelona in der Champions League und das Remis beim Europa-League-Halbfinalisten in Frankfurt. In beiden Partien war für das Favre-Team deutlich mehr drin. „Die Kaltschnäuzigkeit und die Effizienz haben uns gefehlt - wie schon gegen Barça“, monierte Torhüter Roman Bürki. „Es sind auf jeden Fall zwei verlorene Punkte.“

Mit zehn Zählern sind die Dortmunder als Tabellendritter zwar weiter in Schlagdistanz zu Spitzenreiter Leipzig (13) und Titelverteidiger Bayern (11) - doch der nächste Tiefschlag in der Fremde nach dem 1:3 bei Aufsteiger Union Berlin hinterließ deutliche Spuren. „Wir sind sehr enttäuscht“, beschrieb Favre die Gemütslage.

Seine Mannschaft habe es versäumt, die eigene Überlegenheit besser zu nutzen. „Du kannst ein Spiel nicht 90 Minuten dominieren. Aber in den dominanten Phasen müssen wir unsere Chancen besser finalisieren“, rügte der BVB-Coach. Er vermisste vor allem die Beschleunigung in die Tiefe und die Passgenauigkeit in der torgefährlichen Zone. „Wir haben teilweise nicht gut gespielt.“

Dabei scheinen die Offensive um Kapitän Reus und die Defensive um den nach einer Rückenblessur ausgewechselten Abwehrchef Mats Hummels eigentlich tauglich für die große Attacke auf den FC Bayern. Doch dem BVB fehlt es regelmäßig an der nötigen Abgezocktheit. „Das zieht sich wie ein roter Faden durch“, meinte Reus. Ändert sich das nicht bald, könnten die schwarz-gelben Titelträume schnell platzen.