„Unvermeidlich“: Corona im olympischen Dorf angekommen

Von Von Christian Hollmann und Lars Nicolaysen, dpa

dpa Tokio. Schon vor dem Start der Olympischen Spiele ist das Coronavirus im Athletendorf von Tokio angekommen. Das bringt die Organisatoren der Sommerspiele in Erklärungsnot.

„Unvermeidlich“: Corona im olympischen Dorf angekommen

Das Athletendorf für die Olympischen Spiele in Tokio steht im Hafenviertel Harumi. Foto: ---/Kyodo/dpa

Die ersten Corona-Fälle bei Athleten im olympischen Dorf bringen die Tokio-Macher schon vor der Eröffnungsfeier noch mehr in Bedrängnis.

Zwei südafrikanische Fußballer und ein Betreuer des Teams wurden am letzten Wochenende vor dem Start der Sommerspiele positiv auf das Virus getestet. Eilig verkündete IOC-Olympiadirektor Christophe Dubi: „Wir halten das Risiko minimal, aber es ist unvermeidlich, dass wir einige Fälle haben.“ Zudem musste das Internationale Olympische Komitee auch einen positiven Test beim südkoreanischen IOC-Mitglied Seung-Min Ryu, Olympiasieger im Tischtennis in Peking 2004, bei der Einreise in Japan bestätigen.

Deutsche Equipe nach Tokio gestartet

Mit gemischten Gefühlen wurde die deutsche Olympia-Mannschaft am Frankfurter Flughafen offiziell nach Tokio verabschiedet worden. „Unser aller Auftrag ist es, unsere Athleten bestmöglich dorthin zu bringen und - toi toi toi - spätestens am 9. August alle aus dem Team D gesund wieder hierher zurück. Das zählt so viel wie die eine oder andere Medaille mehr“, sagte Alfons Hörmann, der Delegationsleiter und Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), am Sonntag kurz vor dem Flug LH716 mit 84 Teammitgliedern. Angesichts der Corona-Pandemie und Restriktionen vor Ort beschränken die Sportler ihren Aufenthalt in Tokio auf ein Mindestmaß.

55 Fälle seit dem 1. Juli

Die Zahl der festgestellten Neuinfektionen im Umfeld von Olympia in Tokio stieg am Sonntag um zehn auf nun offiziell 55 Fälle seit dem 1. Juli. „Wir glauben, dass wir die Lage im Griff haben“, sagte Hidemasa Nakamura, der Leiter der zuständigen Abteilung des Organisationskomitees der Tokio-Spiele. Für den Großraum Tokio gilt während des gesamten Olympia-Zeitraums zum vierten Mal der Corona-Notstand, die Infektionszahlen in der Metropole stiegen zuletzt auf den höchsten Tagesstand seit einem halben Jahr.

Besonders hart treffen die Organisatoren die Fälle im olympischen Dorf, in dem auch schon deutsche Sportler wohnen. IOC-Präsident Thomas Bach hatte noch vor wenigen Tagen beteuert, vom Dorf mit seinen tausenden Bewohnern gehe „null Risiko“ aus. Olympiadirektor Dubi bekräftigte, es handle sich dort um die „am meisten kontrollierte Bevölkerungsgruppe der Welt“. Werde eine Infektion entdeckt, werde „jeder Stein umgedreht“, um eine Ausbreitung des Virus zu vermeiden.

Infizierten Sportler in Quarantäne

Als die neu Infizierten im Dorf wurden am Sonntag die Fußballer Thabiso Monyane und Kamohelo Mahlatsi sowie Video-Analyst Mario Masha von Südafrikas Olympischem Komitee bestätigt. Alle drei Betroffenen seien nun in Quarantäne. Alle anderen Mitglieder des Fußball-Teams seien zweimal negativ getestet worden, alle hätten vorher die Corona-Regeln eingehalten, hieß es weiter. Zudem kämpfen die Südafrikaner mit einem Corona-Ausbruch bei ihrem Rugby-Team. Im japanischen Trainingslager in Kagashima sei ein vierter Infektionsfall in der Mannschaft festgestellt worden, diesmal bei Trainer Neil Powell.

Ein weiterer ausländischer Athlet war am Sonntag schon bei der Einreise positiv auf das Virus getestet worden. IOC-Mitglied Ryu hatte seine Infektion zunächst selbst in den Sozialen Medien bestätigt. Wie alle neu Infizierten, befinde der frühere Tischtennis-Bundesligaspieler sich nun in Selbst-Isolation, hieß es. „Die Maßnahmen werden umgesetzt und sie funktionieren“, hatte IOC-Chef Bach bereits am Samstag versichert.

Kurz zuvor hatte der Corona-Fall eines im olympischen Dorf wohnenden Betreuers, der später als der südafrikanische Fußball-Videoanalyst identifiziert wurde, für Aufsehen gesorgt. „Wir tun alles, um sicherzustellen, dass es keinen größeren Corona-Ausbruch gibt“, sagte Organisationschefin Seiko Hashimoto. Nachdem der Funktionär bei der Einreise noch ein negatives Ergebnis erhalten hatte, stellte ein weiterer Test im Athletendorf das Coronavirus fest.

Eigentlich hatten die Gastgeber der Spiele mit einem strikten Regelwerk verhindern wollen, dass Infektionen im Dorf auftreten. „Wir lassen nichts unversucht“, beteuerte Hashimoto. „Wenn wir doch einen Ausbruch haben, werden wir einen Plan haben, um zu reagieren“, fügte Japans Rekord-Olympionikin hinzu.

Olympia in Tokio findet unter strikten Vorgaben für alle Beteiligten statt. Maskenpflicht, sehr häufige Corona-Tests, Abstands- und Hygieneregeln sollen eine Verbreitung des Virus ebenso verhindern wie der Ausschluss aller Zuschauer bei den Wettbewerben in Tokio.

Trotz eines Corona-Falls im Vorbereitungscamp rechnet IOC-Chef Bach fest mit dem Start des Flüchtlingsteams in Tokio. Er sei „sehr zuversichtlich“, die Athleten des Refugee Olympic Team in Japan zu sehen, sagte Bach nach Beratungen der IOC-Exekutive. Weitere Fälle habe es im Trainingslager in Katar nicht gegeben, sagte Bach. Am Sonntag bekräftigte das IOC, dass alle 26 Athleten sowie 16 Trainer und zehn Betreuer aus dem Trainingslager in Katar nach Tokio reisen werden. Die ersten Mitglieder des Teams wurden schon am Sonntag auf dem Flughafen Narita erwartet.

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