Zweifel an Schalke-Transferpolitik wachsen

dpa Gelsenkirchen. Zum Absturz in der Liga und großen Verletzungssorgen gesellen sich bei Schalke 04 offenbar Zweifel an der Transferpolitik. Sportvorstand Heidel lehnt Hilfe bei der Kaderplanung ab und übt Kritik am Aufsichtschef. Einen Machtkampf kann der Club nicht gebrauchen.

Zweifel an Schalke-Transferpolitik wachsen

Christian Heidel ist der Sportvorstand des FC Schalke 04. Foto: Ina Fassbender

Absturz in der Bundesliga, Verletzungssorgen und nun auch Reibereien in der Führungsetage: Beim FC Schalke 04 knirscht es gewaltig.

Erstmals werden unterschiedliche Auffassungen zwischen Christian Heidel und dem mächtigen Aufsichtsratsvorsitzenden Clemens Tönnies über die künftige Strategie sichtbar. Nach Medienberichten zu Überlegungen, ihm einen Kaderplaner oder externen Berater an die Seite zu stellen, sah sich der in die Kritik geratene Sportvorstand in Erklärungsnot. Das Thema ist offenbar so brisant, dass Schalke bat, nach dem 1:0-Sieg gegen Lokomotive Moskau in den Arena-Katakomben keine Kameras mitlaufen zu lassen.

„Ich habe viele Bewerbungen bekommen“, sagte Heidel sichtlich brüskiert und süffisant. „Und die bekommen dann auch, wenn sie schriftlich erfolgen, eine Antwort: dass da kein Bedarf besteht. Punkt“, stellte der 55-Jährige klar. Damit ließ Heidel keinen Zweifel daran, dass er Hilfe beim Ein- und Verkauf von Spielern ablehnt und nicht nötig hat.

Heidel kritisierte offen, dass derartige Gedankenspiele durch einen „Bild“-Bericht an die Öffentlichkeit gelangt seien. Dass ausgerechnet Tönnies die undichte Stelle war, war für Heidel mehr als unangenehm. Daher habe er Tönnies vor dem Champions-League-Spiel darauf angesprochen. „Clemens hat mir klar gesagt: Er hat nur mal laut gedacht und dass die Entscheidung sowieso bei uns liegt. Das habe ich so zur Kenntnis genommen.“ Heidel verwies darauf, dass allein der Vorstand entscheide. Er nannte es „völlig legitim“, dass „der Aufsichtsratschef sich auch mal Gedanken macht oder eine Idee hat“. Sein enges und vertrauensvolles Verhältnis zu Tönnies werde nicht leiden.

Seit Heidels Amtsantritt im Sommer 2016 hatte sich Fleischfabrikant Tönnies, anders als in früheren Jahren, nicht in sportliche Belange eingemischt - zumindest nicht öffentlich. Gut möglich, dass es nun ein Alleingang war. Der 62-Jährige schaltet sich immer dann ein, wenn er glaubt, dass etwas ganz schief läuft. Dass Tönnies nun Interna durchsickern ließ, ist weder klug noch ein gutes Zeichen.

Auch wenn Schalke im DFB-Pokal und als Achtelfinalist in der Champions League überwintert, wächst im Club angesichts der dürftigen Leistungen und der fehlenden spielerischen Weiterentwicklung die Sorge vor einem weiteren Absturz im Kerngeschäft Bundesliga. So mehren sich nicht nur Zweifel an Trainer Domenico Tedesco. Auch die Transferpolitik des Managers, der insgesamt schon Spieler für geschätzt mehr als 140 Millionen Euro einkaufte, gerät ins Visier.

Vor allem die Sommer-Zugänge wie Sebastian Rudy, Omar Mascarell, Suat Serdar oder Hamza Mendyl erfüllten die Erwartungen bisher bei weitem nicht. Allein Salif Sané und der ablösefreie Mark Uth gelten als Verstärkungen. Frühere Leistungsträger wie Max Meyer, Leon Goretzka oder Thilo Kehrer konnten nicht gehalten werden. Laut „Sport Bild“ (Mittwoch) wurde Heidel vom Aufsichtsrat angeblich sogar nahegelegt, sich noch im Winter von früheren Einkaufsflops wie Johannes Geis, Jewgeni Konopljanka oder Breel Embolo zu trennen.

Viele Kritiker schielen auch auf Borussia Dortmund oder Borussia Mönchengladbach, die Topspieler wie Allasane Pléa, Axel Witsel, Thomas Delaney, Paco Alcácer oder Talente wie Jadon Sancho für weniger Geld holten. Nicht zuletzt deshalb dachte Tönnies womöglich auch über das BVB-Modell nach: Dortmund nahm in Matthias Sammer (Externer Berater) oder Ex-Profi Sebastian Kehl (Leiter der Lizenzspielerabteilung) zusätzliche Fußball-Kompetenz ins Boot.

Gleichwohl lehnt Heidel eine ähnliche Konstruktion wie beim BVB fast beleidigt ab. Stattdessen verteidigt er seine Einkaufspolitik, für die man im Sommer gefeiert worden sei. Offenbar fürchtet er um seine Kompetenzen. „Jetzt sagt natürlich jeder, die stehen auf dem ersten Platz, weil ein externer Berater seit dem 31. März da ist. Das kann man so deuten, man muss es aber nicht“, sagte er Blick auf den BVB.