Am meisten stören sich die Backnanger am vielen Verkehr

Kommunalwahl 2024 Die Stadt hat hohe Erwartungen an die Verbesserungen durch den Ausbau der B14 und die daraus resultierende Entlastung der Backnanger Innenstadt.

Die Arbeiten an der B-14-Anschlussstelle Backnang-West laufen auf Hochtouren. Aber die B-14-Gesamtbaustelle wird die Verkehrsteilnehmer noch viele Jahre beschäftigen.Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Die Arbeiten an der B-14-Anschlussstelle Backnang-West laufen auf Hochtouren. Aber die B-14-Gesamtbaustelle wird die Verkehrsteilnehmer noch viele Jahre beschäftigen.Foto: Alexander Becher

Von Matthias Nothstein

Backnang. Grundsätzlich findet weit mehr als die Hälfte aller Befragten die Stadt Backnang attraktiv oder sogar sehr attraktiv. Das ist das Ergebnis des zweiten BKZ-Bürgerbarometers. Eigentlich ein sehr erfreulicher Wert. Worüber sich die Einwohner allerdings maßlos ärgern, das sind die Bereiche Verkehr und Staus. Die Verkehrssituation bezeichnen nur 0,3 Prozent als sehr gut. Die Note gut vergeben gerade einmal 13,8 Prozent. Und es gleicht geradezu einer Ohrfeige für die Verantwortlichen, wenn über 60 Prozent nur befriedigend und ausreichend vergeben und ein Viertel der Bürger sogar die schlechteste Zensur, die überhaupt möglich ist, nämlich mangelhaft.

Wie kommt es zu diesen schlechten Werten? Bei der allgemein gehaltenen Frage „Was stört Sie in Backnang am meisten?“ haben die Bürger die unterschiedlichsten Aspekte wie etwa „marode Häuser“ oder „schlechtes Internet“ angesprochen. Rechnerisch dürfte deshalb aufgrund der Vielzahl der genannten Gesichtspunkte auf einen einzelnen Aspekt kein großer Wert entfallen. Und doch ist genau dies der Fall. Über 25 Prozent geben die Punkte Verkehr/Stau als Antwort an. Das ist mit Abstand der Spitzenwert. Und wenn nur die Antworten genommen werden von Menschen, die in der Kernstadt wohnen und die es also aus eigener Erfahrung am Besten wissen müssten, dann steigt der Wert sogar auf 29 Prozent.

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Die Stadtverwaltung zeigt sich nicht überrascht

Mehr noch. Selbst Platz zwei in dieser Nörgelliste geht auf das Konto Verkehr, denn 12,7 Prozent missfallen die Parkmöglichkeiten. Schlechte Straßen und Gehwege sowie Schlaglöcher monieren weitere 6,4 Prozent, und über die Verkehrsführung und die Ampelschaltungen regen sich weitere 6,2 Prozent auf. Unter den knapp 1000 Antworten waren auch 34 Personen, die „fußgängerunfreundlich“ als größten Störfaktor benannt haben.

Für die Stadtverwaltung kommt es vermutlich nicht überraschend, dass der Verkehr der Hauptknackpunkt im Ranking der Unzufriedenheit ist. So verweist sie auf Erhebungen, wonach der Motorisierungsgrad, also die Anzahl der zugelassenen Kraftfahrzeuge je 1000 Einwohner, in den vergangenen Jahren stetig zugenommen hat. In Backnang und dem Umland zum Beispiel liegt der Wert bei über 600 Fahrzeugen je 1000 Einwohnern. Das ist ein hoher Wert. Zum Vergleich: In Berlin beträgt der Wert laut statistischem Bundesamt 337, in Hamburg 435. Wenn aber immer mehr Menschen im Raum Backnang aufs Auto als Fortbewegungsmittel setzen, braucht man sich über viele Staus und wenig Parkplätze nicht zu wundern.

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Große Hoffnungen sind mit dem B-14-Ausbau verbunden

Um die Situation zu verbessern, sind mehrere Steuerungsmöglichkeiten denkbar: etwa den Verkehrsfluss beschleunigen, die Nutzung des Individualverkehrs verringern oder den ÖPNV stärken. Beim Thema Straßenausbau tut sich eben Gewaltiges. Der vierstreifige Ausbau der B14 läuft an zwei Abschnitten auf Hochtouren: Aktuell entsteht das zweite Viadukt, und der Abschnitt Backnang-West wird mit Volldampf ausgebaut. Die Stadtverwaltung hegt große Hoffnungen, dass nach dem endgültigen Ausbau der Bundesstraße die Verkehrssituation in der Stadt deutlich besser wird. Die Logik dahinter lautet: Aktuell nutzen viele Autofahrer „die Schleichwege“ durch die Innenstadt, weil die Fahrt auf der Umgehungsstraße aufgrund der ständigen Staus zwischen der Spritnase und den Lerchenäckern vor allem im Berufsverkehr länger dauert. Ist die B14 erst einmal komplett vierspurig, werde der Verkehr in der Innenstadt spürbar abnehmen, so die Hoffnung der Stadtverwaltung. Ein Aspekt dabei ist auch, dass dann endlich die Anschlussstelle Backnang-Mitte besser als bisher angenommen wird. Dies würde vor allem die Stuttgarter Straße sehr entlasten.

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Die Backnanger stehen dem Ausbau der B14 (sehr) positiv gegenüber

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Die Hoffnung teilen offensichtlich auch viele Mitbürger. In der Umfrage lautet eine Frage: „Wie stehen Sie zum geplanten vierstreifigen Ausbau der B 14?“ Die meisten der Befragten, nämlich 34 Prozent, stehen diesem Ausbau „sehr positiv“ gegenüber, weitere 28,3 Prozent eher positiv und 14,1 Prozent neutral. Eher negativ (12,2 Prozent) und sehr negativ (10,1) kommen in der Summe nur auf 22,3 Prozent.

Dass die Bürger über viele Baustellen klagen, hängt auch damit zusammen, dass in der Vergangenheit viele Straßen saniert werden mussten. Jahrelang zerrte zum Beispiel die Baustelle an der Aspacher Brücke an den Nerven der Verkehrsteilnehmer, dann die Baustelle in der Eduard-Breuninger-Straße, und aktuell in der Schöntaler Straße. Doch Aussicht auf Besserung gibt es zumindest mittelfristig nicht. Im Gegenteil. Noch haben die Arbeiten am B-14-Ausbau noch keine gravierenden Auswirkungen auf den Verkehrsfluss. Das ändert sich mit Sicherheit, wenn einseitige Fahrbahnsperrungen oder Ampelregelungen ins Spiel kommen. Oder wenn wegen verschiedenster Arbeiten Vollsperrungen der B14 anstehen. Etwa beim Bau der neuen Bahnbrücken im Jahr 2027. Zudem ziehen sich die Arbeiten am Ausbau allein schon laut der aktuell gültigen Planung bis ins Jahr 2029. Und es wäre nicht das erste Mal, wenn sich die Fertigstellung des riesigen Projekts noch verzögern würde.

Mehr Wege werden mit dem Fahrrad zurückgelegt

Auf die Entlastung durch flüssigeren Verkehr müssen die Bürger also noch länger warten. Bliebe der Umstieg auf den ÖPNV. Doch auch hier sind die Perspektiven nicht rosig. Vielfältige Beeinträchtigungen aufgrund von Straßenbaumaßnahmen oder Störungen im S-Bahn-Verkehr machen die Schiene derzeit nicht unbedingt attraktiv. Und das trotz des grundsätzlich lohnenden Deutschlandtickets. Auch die bislang noch negativen Auswirkungen von Stuttgart 21 strahlen bis Backnang aus. 44,7 Prozent sind der Ansicht, die Verbesserung des ÖPNV sei sehr wichtig, weitere 34 Prozent bezeichneten eine solche Verbesserung als wichtig.

Aussicht auf Besserung resultiert auch aus der Tatsache, dass die Anzahl der Wege, die mit dem Fahrrad zurückgelegt werden, ebenfalls immer mehr zunimmt, genauso wie – nach dem Einbruch während der Coronapandemie – die Auslastung in den Bussen. Die Stadtverwaltung setzt vehement auf Verbesserungen für Radfahrer. Neue Radwege, Schutzstreifen oder Fahrradboxen sind nur ein Teil der Strategie. Aktuell wird sogar geprüft, ob eine Fahrspur der Stuttgarter Straße stadteinwärts zu einer Radspur umgewandelt werden soll. Doch auch dies ist nicht allen Recht. Nochmals zurück zur Frage „Was stört Sie in Backnang am meisten?“. Etwa 2,5 Prozent haben auch angegeben, der Fokus liege zu sehr auf Radfahrern und es gebe zu viele Radler und Radwege.

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Erstellt:
30. April 2024, 06:00 Uhr

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