Bestrafungsaktion: Männer wegen versuchten Mordes verurteilt

dpa/lsw Heilbronn. „Das passiert mit Verrätern!“ - mit einer blutigen Strafaktion wollten fünf Männer mit einem 21-Jährigen abrechnen. Er überlebte nur wie durch ein Wunder und wird zeitlebens entstellt bleiben. Nun entschied ein Gericht über die Strafen.

Auf einem Tisch liegt ein Richterhammer aus Holz, darunter liegt eine Richterrobe. Foto: Uli Deck/dpa/Archivbild

Auf einem Tisch liegt ein Richterhammer aus Holz, darunter liegt eine Richterrobe. Foto: Uli Deck/dpa/Archivbild

Sie haben ihren Bekannten bei Minusgraden in den Wald gelockt und schwer verletzt zurückgelassen - fünf Männer sind am Landgericht Heilbronn wegen versuchten Mordes zu Haftstrafen zwischen 6 und 14 Jahren verurteilt worden. Der Vorsitzende Richter sprach bei der Urteilsverkündung am Mittwoch von „lebensverachtender Brutalität“. Mit zehn Stichwunden am ganzen Oberkörper und zwei tiefen Schnitten in beiden Mundwinkeln hatte eine Familie das 21-jährige Opfer in einer kalten Nacht im vergangenen Januar an einer Bundesstraße entdeckt - dessen Körpertemperatur betrug am Ende nur noch 30,4 Grad.

Einem „Sechser im Lotto“ sei es gleichgekommen, dass der 21-Jährige überhaupt überlebte, erklärte eine Sachverständige im später folgenden Prozess. Entstellt bleiben werde er sein Leben lang. Das Gericht sah es als erwiesen, dass sich die zur Tatzeit 20 bis 31 Jahre alten Männer zusammengetan hatten, um ihn zu bestrafen. Denn der sei ihrer Ansicht nach ein „Verräter“ gewesen, der sie wegen Drogendelikten bei der Polizei verpfiffen habe – die Täter haben eine lange Drogenvergangenheit, vier von ihnen stehen auch an dem Tag im Januar unter Drogeneinfluss.

Ihr Opfer lockten sie am 19. Januar unter einem Vorwand in ein Auto und fuhren gemeinsam in ein abgelegenes Waldstück bei Gaildorf (Kreis Schwäbisch Hall). Der damals ebenfalls 21 Jahre alte Täter sticht zehn Mal auf ihn ein. Der 31-Jährige hält ihn fest, der 20-Jährige sitzt bei laufendem Motor im Fluchtwagen, die anderen stehen daneben.

Der 21-Jährige fügte dem Opfer auch zwei je etwa vier Zentimeter tiefe Schnitte von den Mundwinkeln nach außen zu – laut Gericht eine Bestrafung für „31er“, wie in der Drogenszene Leute genannt werden, die mit der Polizei reden. „Das passiert mit Verrätern“, ruft ihm der 31-Jährige dabei zu. Dann verschwinden die fünf und lassen den 21-Jährigen niedergestochen und bei minus fünf bis minus acht Grad zurück. „Allen ist bewusst, dass da jemand lebensgefährlich verletzt ist“, so der Vorsitzende Richter.

Der Verletzte kämpfte sich eineinhalb Kilometer zurück zur Bundesstraße: Fast drei Stunden brauchte er dafür, robbte, fiel immer wieder hin - im Prozess sagte er, er hätte mit dem Leben abgeschlossen. Schließlich hatte ihn die Familie gefunden, die sich angesichts des brutal zugerichteten Mannes psychiatrisch behandeln ließ.

Während ihr Bekannter um sein Leben kämpfte, fuhren die Täter zurück, spielten Computerspiele oder tätowierten. Das Gericht entscheidet am Mittwoch, dass die fünf sich des versuchten Mordes, der gefährlichen sowie der schweren Körperverletzung schuldig gemacht haben. Bei den vier erwachsenen Tätern wird auf verminderte Schuldfähigkeit entschieden. Sie hatten vor der Tat getrunken und Amphetamine genommen. Es sei zumindest nicht ausschließbar, dass sie zur Tatzeit im Rausch waren, sagte der Richter. Bei dem zur Tatzeit 20-Jährigen wurde das Jugendstrafrecht angewandt.

„Eine Gratwanderung“ sei die Entscheidung für diese Strafen gewesen, sagt der Vorsitzende Richter - die Staatsanwaltschaft hatte für alle fünf lebenslange Haft gefordert. So sei aber ein Urteil möglich gewesen, bei dem nach Rolle und Beteiligung gewichtet wurde. Die Männer bekamen Strafen von 6, 7 (Jugendstrafe), 12, 13,5 und 14 Jahren Haft.

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Erstellt:
23. Oktober 2019, 15:36 Uhr

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