Autobauer geben sich nicht verloren

Chinas Industrie wirkt übermächtig, doch die Stärken Deutschlands sind noch nicht ausgespielt.

Von Eidos Import

Jahrelang hat Elon Musk bei der Elektromobilität das Tempo vorgegeben und Mercedes und Porsche ebenso vor sich hergejagt wie eine Vielzahl von Mittelklasse-Herstellern. Dass andere sich ihm, dem Vorreiter, jemals an die Fersen heften würden, konnte sich der Tesla-Chef zunächst gar nicht vorstellen. „Haben Sie deren Autos gesehen?“, kanzelte er in höhnischem Ton eine Journalistin ab, die es gewagt hatte, sich nach der Rolle des chinesischen Autoherstellers BYD als Wettbewerber zu erkundigen.

Heute, 13 Jahre später, schlägt Musk völlig andere Töne an. „Ohne neue Handelsschranken werden sie die meisten anderen Autofirmen in der Welt so ziemlich zerstören“. So hört sich Respekt aus dem Munde Musks an.

Wo aber steht die deutsche Autoindustrie in diesem Duell der E-Riesen? Diese bange Frage dürften sich etliche der zahlreichen Topmanager stellen, die in den kommenden Tagen die Messe Auto China in Peking besuchen werden. Wer auf dem E-Markt mithalten will, kommt an China nicht vorbei. Sieben Millionen der elf Millionen E-Autos, die weltweit im Jahr 2022 neu zugelassen wurden, bekamen ein chinesisches Nummernschild verpasst. Doch die Lage für deutsche Hersteller sieht auf den ersten Blick trostlos aus. BYD ist dort mit 25,6 Prozent unangefochten Marktführer vor Tesla und verkauft achtmal so viele E-Autos wie Volkswagen, dem einzigen deutschen Hersteller in den Top Ten. Mercedes liegt im Promillebereich.

Es gäbe für deutsche Automanager also eine überwältigende Anzahl von Gründen, an China zu verzweifeln. Doch diesen Gefallen tun sie dem Wettbewerber nicht. Natürlich hat China gewaltige Vorteile, nicht nur wegen der Größe des Marktes, des überlegenen Zugangs zu Batterierohstoffen und der Kenntnis der speziellen Ansprüche des digitalaffinen Publikums. Gleichwohl ist der Vorsprung chinesischer Autobauer bisher nicht mehr als ein – wenn auch eindrucksvoller – Zwischenstand.

Denn zur Entwicklung gehört auch dies: Der Erfindergeist deutscher Ingenieurinnen und Ingenieure wird durch die wuchtige Herausforderung nicht erstickt, sondern angestachelt. Mercedes wird bald beginnen, komplett neue Elektroplattformen auszurollen, die bei Reichweite, Ladegeschwindigkeit und Energieeffizienz den Vergleich nicht scheuen müssen.

Auch Chinas Vorsprung beim Herzstück des E-Autos ist nicht auf Dauer gesichert. Gelingen den Deutschen die größten Sprünge bei Technologien wie der Feststoffbatterie, besteht durchaus die Chance, den Vorsprung des überlegenen Wettbewerbers aufzuholen und zudem – noch wichtiger – die gefährliche Abhängigkeit von dessen Rohstoffen zu vermindern.

Anders als viele chinesische Wettbewerber verfügen die Deutschen mit dem Benziner und Diesel zudem über ein hoch profitables Stammgeschäft, aus dem sie die Antriebswende finanzieren können. Und wenn China als Wettbewerber in Europa Fuß fassen will, muss es hier auch investieren und wird es dann mit ähnlichen Energiekosten zu tun bekommen wie europäische Hersteller – was Deutschlands Politik allerdings nicht davor bewahrt, wenigstens innerhalb der EU wettbewerbsfähig werden zu müssen.

Im vergangenen Jahr sind viele Automanager tief beeindruckt von der Automesse in Shanghai zurückgekehrt – sie waren geplättet von den Fortschritten, zu denen das Land während seiner pandemiebedingten Abschottung imstande war. Inzwischen haben sie aber längst in den Kampfmodus geschaltet, der zwar eine Besserung ihrer Position nicht garantiert – aber eine wichtige Voraussetzung ist, um die gewaltige Herausforderung zu bestehen.

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Erstellt:
23. April 2024, 22:06 Uhr
Aktualisiert:
24. April 2024, 21:59 Uhr

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