Der Tempoverteidiger

Leonidas Stergiou kommt beim VfB Stuttgart nach schwierigen Monaten immer besser in Fahrt. Ein Verbleib über die Saison hinaus ist dennoch ungewiss.

Leonidas Stergiou ist vom FC St. Gallen an den VfB Stuttgart ausgeliehen.

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Leonidas Stergiou ist vom FC St. Gallen an den VfB Stuttgart ausgeliehen.

Von David Scheu

Stuttgart - Es war schon eine gehörige Portion Geduld, die Leonidas Stergiou in dieser Saison aufbringen musste. Über Monate kam der Abwehrspieler beim VfB Stuttgart kaum zum Zug, musste sich hinten anstellen, mit Kurzeinsätzen Vorlieb nehmen. Weshalb? Es gab schlicht kaum Gründe zu Umstellungen in der eingespielten und erfolgreichen Mannschaft – und gerade in der Defensive verschieben sich die teaminternen Kräfteverhältnisse in aller Regel langsamer als vorne, wo ein starkes Dribbling oder ein wichtiges Tor schon für nachdrückliche Eigenwerbung sorgen kann. So blieb Stergiou nicht viel anderes übrig, als fleißig zu arbeiten und auf seine Chance zu warten. Die kam.

Ein Mix aus eigenen Trainingsleistungen und einem akutem Abwehrnotstand – Dan-Axel Zagadou, Anthony Rouault und Josha Vagnoman fehlen derzeit allesamt – hat den Leihspieler vom FC St. Gallen in den Fokus gerückt. Auf die Halbzeit-Einwechslung bei Borussia Dortmund (1:0) für den verletzten Vagnoman folgte gegen Eintracht Frankfurt (3:0) sein zweiter Startelf-Einsatz der Saison, für den er im Anschluss viel Lob erhielt. Auch von Kapitän Waldemar Anton, der seinem defensiven Nebenmann Stergiou „ein unglaubliches Spiel“ auf der rechten Außenverteidiger-Position attestierte. Im eigenen Ballbesitz war das Ganze unspektakulär, aber ruhig und abgeklärt. Und eine wesentliche Stärke des 22-jährigen Schweizers kommt ja ohnehin meist bei gegnerischem Ballbesitz zum Tragen: Stergiou ist verdammt schnell.

Eine wichtige Eigenschaft – nicht zuletzt in der Defensive, wo ja immer wieder Laufduelle aufgenommen werden müssen. Insbesondere bei einem VfB-Team, das sich oft im Angriff befindet und mitunter mit allen Feldspielern bis zur Mittellinie aufrückt. Gegen die Frankfurter erstickte Stergiou so mehrfach gegnerische Chancen im Keim. „Er hat zwei, drei Bälle sehr gut abgelaufen mit seiner Schnelligkeit, die vielleicht gefährlich geworden wären“, sagte Anton. Für Sportdirektor Fabian Wohlgemuth zeigte sich darin ein grundsätzlicher Wert für die Mannschaft, unabhängig vom Frankfurt-Spiel: „Seine außergewöhnliche Schnelligkeit ist total wertvoll für uns.“

Die hat Stergiou zu Beginn seiner Karriere in der Schweiz meist als Innenverteidiger eingebracht, das perfekte Gardemaß für die unvermeidlichen Kopfballduelle auf dieser Position fehlt ihm mit seinen 1,81 Metern allerdings. Beim VfB jedenfalls sammelte Stergiou in den vergangenen beiden Partien als Außenverteidiger Pluspunkte – und hatte dabei nach dem BVB-Spiel von Cheftrainer Sebastian Hoeneß vor versammelter Mannschaft sogar ein Sonderlob erhalten. „Er hat schon gegen Dortmund in der zweiten Halbzeit bewiesen, dass er sehr hochklassig Widerstand leisten kann“, sagt Wohlgemuth über den Kapitän der Schweizer U-21-Nationalmannschaft, der trotz seines jungen Alters schon einiges an Erfahrung auf dem Buckel hat: Immerhin 139 Einsätze stehen für ihn in der ersten Schweizer Liga zu Buche, in der Stergiou einst im zarten Alter von 16 Jahren und elf Monaten unter Trainer Peter Zeidler für den FC St. Gallen debütierte.

Ob er für den VfB auf eine ähnliche Anzahl an Einsätzen kommen wird, steht allerdings längst noch nicht fest. Stergiou ist bis Saisonende an die Stuttgarter ausgeliehen, die ihn für rund zwei Millionen Euro fest verpflichten können. Zu stemmen wäre das, isoliert betrachtet zumindest. Zugleich ist die Personalie auch ein Puzzleteil unter vielen in der Kaderplanung, bei der es ähnliche Fälle gibt.

Der formstarke Flügelstürmer Jamie Leweling spielt in dieser Saison ebenfalls leihweise beim VfB, eine Festverpflichtung vom 1. FC Union Berlin würde rund fünf Millionen Euro kosten. „Wir sind immer noch in einer wirtschaftlichen Konsolidierung und müssen genau schauen, was wir umsetzen und was nicht“, sagt Wohlgemuth. Noch ist keine Entscheidung gefallen.

Und ein Stück weit hat Leonidas Stergiou deren Ausgang in der eigenen Hand, mit weiteren starken Auftritten wie zuletzt. Gegen Eintracht Frankfurt habe er jedenfalls einen weiteren Schritt getan, so Wohlgemuth, „um vielleicht auch in der nächsten Saison zusammenzuarbeiten“. Fünf Bundesliga-Spieltage bleiben dem Abwehrspieler mit dem hohen Tempo noch, um weitere Schritte in diese Richtung zu gehen.

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Erstellt:
15. April 2024, 22:16 Uhr
Aktualisiert:
16. April 2024, 22:03 Uhr

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