Robert Habeck und der Atomausstieg

Dieser Skandal ist keiner

Kommentar: Axthieb an Grundfeste der Demokratie Was geschah in den Monaten vor dem Atomausstieg im Wirtschaftsministerium? Darüber weiß man jetzt mehr. Skandalöses lässt sich aber nicht erkennen, findet Rebekka Wiese.

Robert Habeck erschien am Freitagmorgen zu einer Sondersitzung, um sich zu erklären.Robert Habeck erschien am Freitagmorgen zu einer Sondersitzung, um sich zu erklären.

© dpa/Kay Nietfeld

Robert Habeck erschien am Freitagmorgen zu einer Sondersitzung, um sich zu erklären.Robert Habeck erschien am Freitagmorgen zu einer Sondersitzung, um sich zu erklären.

Von Kerstin Dolde

Berlin - Es ist eine Recherche mit Brisanz: Laut einem Bericht des Magazins „Cicero“ sollen sowohl im Wirtschafts- als auch im Umweltministerium im Frühjahr 2022 interne Bedenken zum damals noch für den folgenden Jahreswechsel geplanten Atomausstieg unterdrückt worden sein. Darunter auch Bedenken, die einen höheren Strompreis als Folge einer Abschaltung der AKW für unumgänglich gehalten hätten.

Aber auch der Umgang mit der Veröffentlichung ist brisant. Es geht um nicht weniger als die Frage, ob getrickst und getäuscht wurde. Es gilt nun, die Causa sorgfältig aufzuarbeiten. Denn wenn am Ende nur der Hauch eines Anscheins bestehen bliebe, dass ein Minister getäuscht wurde oder gar mit dessen Wissen das Parlament nicht in Kenntnis gesetzt worden wäre, dann ist das ein Axthieb auf die Grundfeste der Demokratie.

Abgesehen davon ist es momentan ganz egal, ob Robert Habeck oder Steffi Lemke ein Fehlverhalten nachzuweisen wäre: Selbstverständlich darf jeder Bürger und jede Bürgerin erwarten, dass dieses Thema transparent aufgearbeitet wird. Es muss nachvollziehbar und für alle einsehbar sein, das ist der demokratische Auftrag. Somit sind weitere Prüfungen notwendig, die sachliche Einordnung am Ende ist die Pflicht. In diesem Land sind vormals Politiker wie Willy Brandt und Rudolf Seiters zurückgetreten. Sie haben in Krisen Verantwortung übernommen und Haltung gezeigt.

Berlin - Es geht um Täuschung und Manipulation. So steht es in einem Artikel, den das „Cicero“-Magazin veröffentlicht hat. Dem Bericht zufolge sollen das Wirtschafts- und das Umweltministerium Informationen zurückgehalten haben, die dafür sprachen, den Atomausstieg vom Jahresende aufs Frühjahr zu verschieben – so wie es letztlich geschah. Aber erst, nachdem der Kanzler ein Machtwort gesprochen hatte.

Wer sich an die Debatte über den verschobenen Atomausstieg erinnert, merkt aber schnell: Was hier als Skandal verkauft wird, ist keiner. Es ist gut, dass die zuständigen Minister Habeck und Lemke am Freitagmorgen in die einberufene Sondersitzung kamen, um Nachfragen zu beantworten. Aber wer Minister in Erklärungsnot sehen wollte, dürfte enttäuscht sein. Es ist keine Affäre in Sicht.

In den nun veröffentlichten Unterlagen finden sich ein paar interessante Details. Es geht vor allem um Vermerke zur Frage, ob ein Weiter- oder Streckbetrieb möglich und nötig sei. Sie illustrieren, dass auch untere Ebenen in einem Ministerium einen gewissen Einfluss haben können. Dass sich das wesentlich auf politische Entscheidungen ausgewirkt hätte, ist aber nicht zu erkennen.

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Erstellt:
26. April 2024, 22:28 Uhr
Aktualisiert:
27. April 2024, 21:53 Uhr

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