Kein Fluss an der Weser

Das Fellbacher Unternehmen Wohninvest ist als Namensgeber des Bremer Weserstadions vor dem Gastspiel des VfB in Zahlungsverzug – ebenso wie bei einigen Clubs in der Region Stuttgart.

Wohninvest ist Werbepartner beim VfB Stuttgart . . .

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Wohninvest ist Werbepartner beim VfB Stuttgart . . .

Von Marco Seliger

Stuttgart - Wenn der VfB Stuttgart am Sonntag bei Werder Bremen antritt (15.30 Uhr), ist das Schauspiel im Stadion mit den legendären vier Flutlichtmasten womöglich noch einmal zu sehen. Einige Werder-Ultras hielten bis vor einiger Zeit bei jedem Bundesliga-Heimspiel unter einer Loge ein Banner mit der Aufschrift „Immobilienhaie – Vorsicht bissig“ hoch. Sie verdecken einigen Logengästen des Namenssponsors des Wohninvest-Weserstadions kurz die Sicht.

Wenn das nur die einzige Sorge wäre für Werder und das Unternehmen aus Fellbach.

Seit dem Jahr 2019 ist Wohninvest Sponsor und für zehn Jahre (Vor-)Namensgeber des Weserstadions – die Firma aber kommt ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nach, weil sie in finanziellen Nöten steckt. Drei Millionen Euro jährlich stehen Werder zu. Es ist ein Deal, gegen den es vonseiten der aktiven Bremer Fanszene von Anfang an Proteste gegeben hat – der für Werder in den vergangenen Jahren aber zunächst gut gelaufen war, weil das Unternehmen aus der Immobilienbranche als verlässlicher Partner auftrat.

Wie aus Bremen zu hören ist, hat Wohninvest seine Zahlungen nach dem Abstieg 2021 als einziger Sponsor des Clubs in selber Größenordnung weiter geleistet und ist obendrein noch als Geldgeber rund um das Werder-Frauenteam eingestiegen.

Doch so gut und vertrauensvoll das Verhältnis ist – alles hängt nun daran, ob und wann das kriselnde Unternehmen aus Fellbach seinen Verpflichtungen nachkommen und zahlen wird. Und das ist offener denn je. Ebenso wie beim Handball-Bundesligisten TVB Stuttgart oder den Zweitliga-Handballerinnen des VfL Waiblingen, bei denen Wohninvest ebenso als Sponsor aktiv ist. Beim TVB stehen nach Informationen unserer Redaktion Sponsorengelder aus, weshalb die Trikotfläche des Co-Sponsors freigegeben wurde – sie wird nun von Spiel zu Spiel an unterschiedliche Partner vermarktet.

Beim VfB Stuttgart wiederum ist Wohninvest auf der dritten Stufe der Sponsoring-Pyramide des Clubs als sogenannter Premium-Partner aktiv; insgesamt gibt es sechs Stufen. Nach Informationen unserer Redaktion wurde das Volumen ebenfalls reduziert – es gibt aber offenbar von beiden Seiten keine Bestrebungen, die Partnerschaft vorzeitig zu beenden. Der VfB wollte sich auf Anfrage nicht zur Thematik äußern.

Und in Bremen? Da hat das Namensrecht am Weserstadion Bestand. Aber Wohninvest ist inzwischen von den im Zuge der Partnerschaft miterworbenen Möglichkeiten der Bandenwerbung zurückgetreten. Sie werden mittlerweile auf dem Markt angeboten, um den Zahlungsrückstand nicht noch weiter wachsen zu lassen.

Bei der Stadion-Namensgebung wiederum sucht Werder seit Monaten über seinen Vermarkter Infront einen Nachfolger – der aber, wie zu hören ist, alles andere als leicht zu finden sein soll. Die Sache werde sich, so sagen es Insider, ziehen, mindestens über Monate. Bis dahin bleiben Wohninvest und Hoffnung auf Licht am Ende des Tunnels. Das Unternehmen aus Fellbach teilt auf Anfrage unserer Redaktion, ob es einen neuen Stand gebe, was die Zahlungsverpflichtungen an Werder angehe, nun dies mit: „Die Wohninvest ist in ihrer Geschichte immer allen Vereinbarungen nachgekommen. Das wird auch beim Weserstadion der Fall sein.“ Auf die Frage, ob man den vertraglichen Verpflichtungen bis 2029 nachkommen könne, gibt es diese Antwort: „Auch hier gilt, dass die Wohninvest in einem vertrauensvollen Dialog mit Werder Bremen ist.“ Bei anderen Vereinen wie dem TVB Stuttgart und den Waiblinger Handballerinen gelte, so das Unternehmen weiter, „dasselbe wie bei Werder Bremen“.

Klar ist nach Informationen unserer Redaktion: Es ist inzwischen Geld vom Stadionsponsor an die Betreibergesellschaft des Weserstadions geflossen, aber lange nicht die vertraglich fixierten drei Millionen Euro. Die Immobilienbranche steckt in einer tiefen Krise, die Zinssituation ist unverändert – und dazu kam für Wohninvest ja noch der Gerichtsprozess gegen Geschäftsführer Harald Panzer wegen des Vorwurfs der Bestechung. Kürzlich wurde das Verfahren am Stuttgarter Landgericht nach neun Monaten eingestellt – gegen die Zahlung einer Geldauflage in Höhe von einer Million Euro an soziale Einrichtungen. Panzer bleibt damit ein Richterspruch erspart. Seit 2015 hatte die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Obwohl von einigen Seiten stets betont wurde, dass die ausgebliebenen Sponsoring-Zahlungen der Firma nichts mit dem Prozess gegen Panzer zu tun gehabt hätten, stellt sich die Lage in Wirklichkeit anders dar: Es gibt Verfahren von Banken und anderen Unternehmen, die ihre Kunden und Geschäftspartner beständig auf Dinge wie deren Geschäftsfähigkeit oder die Integrität prüfen. Ein Gerichtsprozess, der ein Fragezeichen hinter den finanziellen Fortbestand eines Unternehmens setzt, ist dem Geldfluss auf verschiedenen Ebenen dann nicht förderlich. Um es vornehm auszudrücken.

Auf Anfrage teilt Wohninvest nun mit: „Die Einstellung des unsäglichen Verfahrens (. . .) war sehr wichtig, die Projekte des Unternehmens können nun befreit bearbeitet werden – die Zurückhaltung bei Partnern ist gewichen, viele Gespräche laufen sehr positiv.“

Das Ende des Prozesses ist aber aktuell wohl nicht mehr als ein kleines Licht am Ende des noch immer dunklen Sponsoring-Tunnels der Fellbacher Firma.

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Erstellt:
18. April 2024, 22:08 Uhr
Aktualisiert:
19. April 2024, 22:01 Uhr

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