Angst vor der Antifa?

Wie die AfD ihren Verzicht bei der Kommunalwahl in Tübingen rechtfertigt

Die rechtspopulistische Partei tritt bei der Kommunalwahl im Juni nicht mehr in Tübingen an – aus Angst vor „Übergriffen der Antifa“. Die Polizei kennt zwar einzelne Vorfälle, relativiert sie aber.

„Deportiert die AfD“ – die Botschaft mit der vorbelasteten Formulierung auf einem Anhänger bei Tübingen unterstreicht die Abneigung gegenüber der rechtspopulistischen Partei in der Universitätsstadt.

© imago//Markus Ulmer

„Deportiert die AfD“ – die Botschaft mit der vorbelasteten Formulierung auf einem Anhänger bei Tübingen unterstreicht die Abneigung gegenüber der rechtspopulistischen Partei in der Universitätsstadt.

Von Florian Dürr

Etwas trotzig und eingeschnappt liest sich die Begründung der AfD, warum die Partei bei der Kommunalwahl im Juni nicht mehr in Tübingen antritt: „Wieso sollten wir uns das antun, sollen die Tübinger ihre Probleme doch selbst lösen“, schreibt Wolfram Schillinger, Mitglied im AfD-Kreisvorstand Tübingen.

Die Angst vor der Antifa geht um – und reicht so weit, dass sich mögliche Kandidaten davon offenbar einschüchtern lassen: „Wir treten in Tübingen im Gemeinderat nicht an, weil niemand Lust hat, sich den Übergriffen auszusetzen“, so Schillinger.

Beleidigende Flugblätter in der Nachbarschaft eines AfD-Mitglieds

Bereits 2019 zogen für die AfD lediglich vier mutige Kandidaten ins Rennen um die Plätze im Tübinger Gemeinderat (bei 40 zu vergebenden Sitzen). Nur 0,9 Prozent holten die vier AfD-Vertreter für ihre Partei – und verpassten damit deutlich den Einzug in den Gemeinderat. Ob auch da die Antifa Schuld trifft, ist nicht bekannt.

Ein AfD-Mitglied sei mal Opfer von Schmierereien vor der Wohnung geworden – und beleidigende Flugblätter seien in der Nachbarschaft verteilt worden, berichtet Schillinger auf Nachfrage nach konkreten „Übergriffen“. Zudem hätten AfD-Infostände nur unter Polizeischutz stattgefunden.

Der Tübinger OB Boris Palmer (parteilos) ist häufiger betroffen

Die mutmaßlichen Beschützer wissen davon jedoch nichts: „Polizeischutz ist eine übertriebene Formulierung. Wir haben die Infostände durch die Streife immer mal im Blick, wie die aller anderen Parteien auch“, stellt ein Polizeisprecher klar. Zwar bestätigen die Beamten den Vorfall mit den Flugblättern sowie eine „beleidigende Parole im Eingangsbereich einer Wohnanschrift“, aber ansonsten sei bei den Anti-AfD-Vorfällen kaum „etwas Nennenswertes“ dabei.

Aus dem aktuellen Jahr ist kein Fall bekannt, seit 2019 liegen die Fälle von „Beleidigungen oder Sachbeschädigungen zum Nachteil mutmaßlicher AfD-Mitglieder“ im unteren, einstelligen Bereich. Da sei der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) häufiger betroffen. Und ähnliche Vorfälle gebe es auch bei anderen Parteien. Dennoch treten jene zur Kommunalwahl in der Stadt am Neckar an. Die Tübinger haben also noch genug Auswahl – auch ohne die AfD.

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Erstellt:
16. April 2024, 17:12 Uhr
Aktualisiert:
16. April 2024, 17:13 Uhr

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