Fest, fester, Staphylococcus

Bakterium hält stärker als Sekundenkleber

Ein verbreitetes Hautbakterium zeigt eine Haftkraft, die stärker ist als jede natürliche Proteinbindung. Der Erreger ist harmlos, kann aber schwere Infekte verursachen.

3D-Illustration vom Bakterium Staphylococcus aureus auf menschlicher Haut.

© Imago/Depositphotos

3D-Illustration vom Bakterium Staphylococcus aureus auf menschlicher Haut.

Von Markus Brauer/dpa

Ein Bakterium klebt auf unserer Haut stärker als ein Sekundenkleber - wie ein Forscherteam herausgefunden hat, haftet Staphylococcus aureus mit der stärksten jemals nachgewiesenen natürlichen Proteinbindung. Die Haftkraft übertreffe die von Sekundenkleber und sei in der Natur nahezu beispiellos, schreibt die Auburn University. Möglicherweise biete das neue Ansätze zur Bekämpfung.

Staphylococcus aureus zählt zu den häufigsten Mikroorganismen auf der menschlichen Haut, etwa 20 Prozent aller gesunden Erwachsenen sind damit besiedelt. Das Bakterium ist meist ein harmloser Mitbewohner, kann aber auch schwere Infektionen auslösen und ist ein gefürchteter Krankenhauskeim.

Es kann zu Läsionen und lebensbedrohlichen Krankheiten wie Lungenentzündung, Sepsis und Schocksyndrom kommen. Insbesondere Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) stellen weltweit ein großes Problem dar, da sie gegen viele gängige Antibiotika resistent sind.

Protein wirkt wie ein Enterhaken

Forscher beschäftigten sich seit Jahren damit, warum Staphylokokken so hartnäckig an der menschlichen Haut haften bleiben, heißt es. Das Forschungsteam, zu dessen leitenden Autoren Rafael Bernardi von der Auburn University im US-Bundesstaat Alabama zählt, fand nun heraus, dass das Bakterium ein bestimmtes Protein wie einen Enterhaken nutzt, um sich an ein menschliches Protein auf der Haut zu binden.

Mit Rasterkraftmikroskopie maßen die Forscher die Kraft, mit der sich ein einzelnes Bakterium an menschliche Hautproteine bindet. Zudem wurde die Wechselwirkung Atom für Atom auf leistungsstarken Supercomputern modelliert. Beide Ansätze kamen zu dem gleichen Ergebnis: Die Bindung ist stärker als jede andere in der Biologie bekannte Proteinbindung, wie das Team im Fachjournal „Science Advances“ berichtet.

„Verbindung ist einzigartig“

„Die Verbindung zwischen den beiden ist einzigartig“, teilt die Auburn University mit. „Sie widersteht Kräften, die so stark sind, dass sie mit der Stärke einiger chemischer Bindungen konkurrieren.“

Das erkläre, warum Staphylokokken auch beim Kratzen, Waschen oder Schwitzen an der Haut haften bleiben. Zudem zeigten die Analysen: Unter mechanischer Belastung wird die Wechselwirkung zwischen Bakterium und Haut sogar noch verstärkt.

Die Studie ergab auch, dass Kalzium eine Schlüsselrolle für das bakterielle Haftvermögen spielt. Wurde der Kalziumspiegel in Laborversuchen gesenkt, schwächte sich die Bindung deutlich ab. Die Wiedereinführung stellte die Bindungsstärke nicht nur wieder her, sondern erhöhte die Stabilität des Komplexes noch deutlich weiter.

Neue Ansätze für Therapien

„Wir waren überrascht, wie sehr Kalzium zur Stärke dieser Wechselwirkung beiträgt“, erklärt Mitautorin Priscila Gomes von der Auburn University. „Es stabilisierte nicht nur das bakterielle Protein, sondern machte den gesamten Komplex auch viel widerstandsfähiger gegen Zerbrechen.“

In geschädigter Haut verändert die gestörte Barriere den Kalziumgehalt - womöglich wird die bakterielle Haftfähigkeit dadurch verstärkt und eine Infektion noch wahrscheinlicher, mutmaßen die Forscher. Sie sehen als potenzielles Ziel Therapien an, die das Anhaften der Bakterien blockieren oder zumindest schwächen.

„Indem wir auf die Adhäsion (das Aneinanderhaften zweier Substanzen oder Körper, Anm. d. Red.) abzielen, suchen wir nach einem völlig neuen Weg, bakterielle Infektionen zu bekämpfen“, sagt Bernardi. „Wir versuchen nicht, die Bakterien zu zerstören, sondern sie daran zu hindern, sich überhaupt anzuheften.“

Zum Artikel

Erstellt:
8. September 2025, 13:40 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen