Bewegung bei der Bottwartalbahn

Das Bundesverkehrsministerium hat die Förderkriterien für Schienenprojekte geändert. Das könnte einer Verbindung zwischen Marbach am Neckar und Heilbronn zum Durchbruch verhelfen, weil sich das Kosten-Nutzen-Verhältnis verbessern dürfte.

Die Gleise werden schon überwuchert. Eventuell erfährt die Bottwartalbahn aber perspektivisch eine Renaissance. Foto: Archiv/Werner Kuhnle

Die Gleise werden schon überwuchert. Eventuell erfährt die Bottwartalbahn aber perspektivisch eine Renaissance. Foto: Archiv/Werner Kuhnle

Von Christian Kempf

Marbach am Neckar. Die Machbarkeitsstudie für die Bottwartalbahn könnte fast schon Schimmel angesetzt haben, so lange wie sie mittlerweile schon in der Schublade verschwunden ist. Denn dort war sie vor nunmehr zwei Jahren fürs Erste abgelegt worden, nachdem sich abgezeichnet hatte, dass neue Richtlinien die Aussichten auf eine Förderung verbessern dürften. Bis dahin waren die wirtschaftlichen Prognosen eher düster, ein Zwischenergebnis bescheinigte der Schienenstrecke zwischen Marbach und Heilbronn einen unzureichenden Kosten-Nutzen-Faktor.

Machbarkeitsstudie sorgt für Hoffnung

Das könnte sich nun allerdings schlagartig ändern. Seit Juli gilt nun endlich die seit Langem angekündigte neue Version der sogenannten Standardisierten Bewertung – worauf man im Landratsamt Ludwigsburg auch prompt reagieren möchte. Es sei erforderlich, die Machbarkeitsstudie und die Prognose zur Bottwartalbahn auf der Basis der neuen Leitlinien zu überarbeiten, kündigt Carmen Sprinkart, persönliche Referentin von Landrat Dietmar Allgaier, an. Eine Aufgabe, an die man noch in diesem Jahr einen Knopf machen wolle.

„Aktuell werden mit den Gutachtern und den Projektbeteiligten der Arbeitsumfang und das weitere Vorgehen abgestimmt“, erläutert Sprinkart, die außerdem hervorhebt, dass man anschließend gleich den nächsten Schritt in die Wege leiten möchte. Sollte das Ergebnis eine positive Standardisierte Bewertung erwarten lassen, also verheißungsvoll im Hinblick auf die Förderfähigkeit ausfallen, „wird diese anschließend durchgeführt. Die Standardisierte Bewertung könnte dann im zweiten Quartal 2023 vorliegen“. Wie es dann weitergehen soll, werde in den Gremien der Projektbeteiligten beraten – also beispielsweise in den Kreistagen von Ludwigsburg und Heilbronn oder in den Gemeinderäten von Kommunen, die an der Strecke liegen.

Daseinsvorsorge sowie Klima- und Umweltschutz fallen stärker ins Gewicht

Bei Kennern der Branche ist die Zuversicht groß, dass sich die neuen Vorgaben als Gamechanger erweisen. „Bei der Bewertung der Wirtschaftlichkeit fallen nun zum Beispiel die Faktoren Klima- und Umweltschutz, Verkehrsverlagerung und Daseinsvorsorge stärker ins Gewicht“, erläutert Sprinkart, woraus sich dieser Optimismus speist. Eine Akzentuierung, die der Landrat Dietmar Allgaier übrigens begrüße. Außerdem gehe der Chef des Kreishauses davon aus, dass „sich das positiv auf das Gesamtprojekt auswirken könnte. Auch die Gutachter gehen von positiven Auswirkungen auf den Nutzen in unserem Projekt aus.“

Hans-Joachim Knupfer von der Bürgeraktion Bottwartalbahn, die sich für eine Reaktivierung der Route in Form einer modernen Regionalstadtbahn starkmacht, möchte den Tag nicht vor dem Abend loben, hält jedoch zumindest schon mal fest: „Überschlägige Modellrechnungen zeigen bisher in den behandelten Fällen bessere Tendenzen.“ Das sei freilich dringend nötig. Zuletzt seien die Richtlinien weniger darauf ausgelegt gewesen, Schienenprojekte anzukurbeln, als vielmehr darauf, Geld zu sparen.

Knupfer gibt außerdem zu bedenken, dass sich in einer Standardisierten Bewertung stark die Vorgaben einer Regierung widerspiegelten. „Daher sagt das Ergebnis nicht, ob ein Projekt sinnvoll oder notwendig ist oder nicht. Es sagt nur aus, ob der Bund Fördermöglichkeiten sähe oder nicht“, erläutert der Fachmann. „Die Frage ist doch, ob man es will oder nicht“, ergänzt Oliver Kämpf, ebenfalls von der Bürgeraktion Bottwartalbahn.

Überregionaler Freizeitverkehr wird in der Bestandsaufnahme nicht gewürdigt

Knupfer kritisiert außerdem, dass Verfahren wie die Standardisierte Bewertung zufällige Ungleichheiten verstärkten. Bei der Bottwartalbahn schlage beispielsweise unverschuldet negativ zu Buche, dass der Aufwand wegen des erforderlichen Neubaus hoch wäre – weil die Infrastruktur im Gegensatz zu anderen aktuell diskutierten Schienenprojekten nicht mehr vorhanden ist. Im Straßenbau indes sei der verkehrliche Bedarf ausschlaggebend, „während der Aufwand und die Folgekosten so gut wie keine Rolle spielen“. Davon abgesehen werde auch der überregionale Freizeitverkehr nicht in der Bestandsaufnahme gewürdigt. „Das sind durchaus verschenkte Mengeneffekte. Es wird Zeit, dass die Bewertungskriterien sich den Projekten anpassen, nicht umgekehrt“, findet der Bahnfreund.

Als weiteres Defizit der bisherigen Studien hat Knupfer den Umstand ausgemacht, dass das Potenzial von Schienenstrecken zu niedrig angesetzt werde. Paradebeispiele seien die Schönbuchbahn und die Albtalbahn Karlsruhe, die es angesichts einer vorausgegangenen negativen Bewertung gar nicht geben dürfte – und die doch auf Erfolgskurs seien. „De facto sollten daher die Erwartungen an neue Ergebnisse vorsichtig sein – was nichts an der Bedeutsamkeit des Vorhabens ändert –, zumal kein anderes Verkehrsmittel die geplante Rolle übernehmen kann“, fasst Knupfer zusammen. Der Bürgeraktionsprecher betont: „Unser Projekt ist nicht dazu da, die Ansprüche eines Stücks Papier zu erfüllen, das vielleicht in fünf Jahren wieder anders aussieht, sondern die Bedürfnisse eines direkten Einzugsgebiets von über 190000 Einwohnern.“

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Erstellt:
10. August 2022, 06:00 Uhr

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