Dachfensterwerfer muss hinter Gitter

Landgericht verurteilt den Waiblinger zu knapp drei Jahren Haft und zum Alkoholentzug.

Vor dem Stuttgarter Landgericht konnte sich der Angeklagte nicht mehr an die Einzelheiten der Tat erinnern. Archivfoto: A. Becher

© Alexander Becher

Vor dem Stuttgarter Landgericht konnte sich der Angeklagte nicht mehr an die Einzelheiten der Tat erinnern. Archivfoto: A. Becher

Von Bernd S. Winckler

WAIBLINGEN/STUTTGART. Der 36-Jährige, der am 8. September des vergangenen Jahres in Waiblingen nach dem Legen eines Feuers vom Dach seines erst kürzlich renovierten Eigenheims gegen auf der Straße stehende Polizeibeamte und Passanten ein schweres Dachfenster und Dachziegel warf, ist jetzt vom Landgericht Stuttgart zu zwei Jahren und acht Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Zudem ordnete das Gericht noch seine Einweisung in eine Alkoholentzugseinrichtung an.

Im gestern verkündeten Urteilstenor heißt es, dass die Straftaten als einmal versuchte schwere Brandstiftung, in drei Fällen als versuchte gefährliche Körperverletzung und Angriff gegen Vollstreckungsorgane gewertet werden. Der Angeklagte habe damals auch durch seinen „Ausraster“, wie er es vor Gericht formulierte, erreicht, dass zunächst die Feuerwehr den Brand nicht sofort löschen konnte. Deshalb ist bei dem Feuer im Innern des Hauses ein Schaden in Höhe von 7000 Euro entstanden.

Die Polizei war damals gerufen worden, weil der Angeklagte an seinem Haus in Waiblingen randaliert hatte, sich dann auf das Dach des Gebäudes setzte und von dort aus Ziegel und das schwere Dachfenster in Richtung Straße warf. Das Fenster hatte er zuvor gewaltsam aus seiner Verankerung gerissen.

Der Angeklagte konnte sich nicht mehr an Einzelheiten erinnern.

Diese Tat jedoch wertete jetzt das Gericht in Abweichung von der Anklageschrift nicht mehr als versuchten Totschlag an den unten stehenden Polizeikräften, sondern „nur“ als den Versuch, diese Menschen damit zu verletzen. Schließlich hatten die Polizisten auf der Straße Platz zum Ausweichen und trugen auch noch ihre Schutzwesten. Bei zwei der Beamten sei somit der Tatbestand der versuchten gefährlichen Körperverletzung erfüllt, sagte der Gerichtsvorsitzende gestern im Urteil.

Was das Werfen der Dachziegel betrifft, ging auch hier das Gericht nicht von einer Tötungsabsicht aus, sondern ebenfalls von versuchter Körperverletzung. Nur eine Person sei dabei gefährdet gewesen, alle anderen Menschen waren zu diesem Zeitpunkt außerhalb der Gefahrenzone.

Als Motiv erkannte das Gericht, dass der Angeklagte damals das Haus selbst renoviert hatte, ihm dies aber seiner Meinung nach plötzlich die angerückte Polizei habe streitig machen wollen. Dazu kam der recht hohe Alkoholpegel des Angeklagten, der strafrechtlich mit einer erheblichen verminderten Schuldfähigkeit bewertet wurde.

Der 36-Jährige selbst konnte sich vor der Stuttgarter Strafkammer nicht mehr an die Einzelheiten der Taten erinnern. Auch diese Amnesie nahmen ihm die Richter ab und stellten lediglich fest, dass der Beschuldigte sich nur noch an das Abreißen des Dachfensters erinnert habe. Bei der ganzen Aktion sei zudem niemand verletzt worden. Der Angeklagte hatte sich nach den Ziegelwürfen selbst der Polizei gestellt und ließ sich widerstandslos festnehmen.

Um seine Alkoholsucht in den Griff zu bekommen, ordnete die Strafkammer neben der Verhängung der Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten noch seine Unterbringung in einer Alkoholentzugsklinik an. Diese Zeit wird auf die Freiheitsstrafe angerechnet.

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Erstellt:
10. April 2021, 06:00 Uhr

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