Deutschland erklärt Wien zum Corona-Risikogebiet

dpa Berlin/Wien. Die Stadthotellerie in Wien ist ohnehin schwer angeschlagen - mit einer Erholung von den Corona-Folgen wird erst in Jahren gerechnet. Nun kommt ein neuer Schlag für den wichtigen Stadttourismus in Österreichs Hauptstadt.

Menschen sitzen in einem Touristenbus und tragen Gesichtsmasken. 3600 der aktuell rund 6600 aktiven Fälle in Österreich werden aus Wien gemeldet.. Foto: Ronald Zak/AP/dpa

Menschen sitzen in einem Touristenbus und tragen Gesichtsmasken. 3600 der aktuell rund 6600 aktiven Fälle in Österreich werden aus Wien gemeldet.. Foto: Ronald Zak/AP/dpa

Wegen der gestiegenen Zahl von Corona-Neuinfektionen hat die deutsche Bundesregierung die österreichische Hauptstadt Wien zum Risikogebiet erklärt.

Das bundeseigene Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlichte am Mittwoch eine aktualisierte Liste der Corona-Risikogebiete, in der nun auch das Bundesland Wien als einziges Risikogebiet in Österreich aufgeführt wird.

Zentrales Kriterium für die Einstufung als Risikogebiet ist, in welchen Staaten oder Regionen es in den vergangenen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100 000 Einwohner gegeben hat. Meist folgt kurz nach der Einstufung als Risikogebiet eine entsprechende Reisewarnung des Auswärtigen Amtes.

Eine Reisewarnung geht dabei weiter: Sie ist zwar kein Verbot, soll aber eine erhebliche abschreckende Wirkung haben. Allerdings hat sie auch eine positive Seite für Verbraucher: Sie ermöglicht es Reisenden, Buchungen kostenlos zu stornieren.

Vor diesem Hintergrund ist die neue Einschätzung aus Berlin ein heftiger Schlag für den für Wien wichtigen und ohnehin angeschlagenen Stadttourismus. Als Folge der Corona-Krise hatte beispielsweise das Traditionshotel Sacher am Dienstag an seinen Standorten in Wien und Salzburg 140 Mitarbeitern gekündigt. Allein in Wien sind 105 Beschäftigte betroffen. „Dramatischer kann eine Situation nicht sein“, sagte Sacher-Chef Matthias Winkler. Der Umsatz bei Sacher werde 2020 bei nur 25 Prozent des Vorjahres (rund 100 Millionen Euro) liegen. Im nächsten Jahr würden es „vielleicht 30 bis 35 Prozent“, so Winkler. Er rechne damit, dass der internationale Tourismus vier bis Jahre brauchen werde, um sich wieder zu erholen.

Vor allem Feiern im Familien- oder Freundeskreis sind nach Ansicht von Österreichs Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) für die anhaltend hohe Zahl der Corona-Neuinfektionen in der gesamten Alpenrepublik verantwortlich. Das Land befinde sich in einer entscheidenden Phase, sagte Anschober am Mittwoch.

Die Prognosen gingen deutlich auseinander. Die eher positive Variante sage ein tägliches Plus von etwa 650 Fällen voraus, pessimistischere Varianten gingen von 1500 täglichen Neuinfektionen aus. Am Mittwoch wurden 768 neue Fälle verzeichnet. Auch die Zahl der belegten Krankenhausbetten beginne spürbar zu steigen, sagte Anschober.

Mit dieser Entwicklung liegt Österreich deutlich über dem Trend in Deutschland. Unter Berücksichtigung der Zahl der Einwohner sind die Infektionszahlen in Österreich gut drei Mal höher. 3600 der derzeit rund 6600 aktiven Fälle in Österreich werden aus Wien gemeldet. Die Schweiz hatte die österreichische Hauptstadt daher bereits auf die Liste der Risikogebiete gesetzt.

© dpa-infocom, dpa:200916-99-591640/2

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Erstellt:
16. September 2020, 19:52 Uhr

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