EU-Kommission zuversichtlich für 750-Milliarden-Aufbauplan

dpa Brüssel. Nach dem Vorschlag von Kommissionschefin von der Leyen für ein europäisches Wiederaufbauprogramm liegt der Ball nun bei den 27 Mitgliedsstaaten. Erwartet werden schwierige Verhandlungen - aber auch ein erfolgreiches Ende.

Die Flagge der Europäischen Union. Foto: Vesa Moilanen/Lehtikuva/dpa

Die Flagge der Europäischen Union. Foto: Vesa Moilanen/Lehtikuva/dpa

Trotz des Widerstands einiger Länder gegen den milliardenschweren Corona-Wiederaufbauplan für Europa rechnet die EU-Kommission nur mit kleineren Änderungen.

„Wir werden vielleicht einige leichte Korrekturen haben, aber nicht substanziell“, sagte Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni in einem Interview der Webseite „Politico“.

Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte am Mittwoch ein schuldenfinanziertes Programm zur wirtschaftlichen Erholung Europas im Umfang von 750 Milliarden Euro vorgeschlagen. Davon sollen 500 Milliarden Euro als Zuschüsse und 250 Milliarden als Kredite an EU-Staaten vergeben werden. Allein das von der Pandemie schwer getroffene Italien könnte rund 173 Milliarden Euro bekommen.

Doch müssten alle 27 EU-Staaten das Programm einstimmig billigen. Österreich, die Niederlande, Dänemark und Schweden - genannt die „sparsamen Vier“ - haben Einspruch eingelegt. Sie sind gegen das Prinzip, als Kredit aufgenommenes Geld als Zuschüsse weiter zu geben. Denn das bedeutet, dass die Schulden gemeinsam getilgt werden müssen. Verhandelt werden soll bei einem EU-Gipfel am 19. Juni und möglicherweise einem weiteren Spitzentreffen Anfang Juli.

Gentiloni erwartet schwierige Verhandlungen. „Aber ich bin ziemlich zuversichtlich, dass diese Diskussion nicht sozusagen die Architektur des Gebäudes untergraben wird.“ Er bezog dies auf das Grundprinzip, Geld an den Kapitalmärkten aufzunehmen und den Plan in den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen der EU für 2021 bis 2027 einzubetten. Gentiloni sagte Streit über den Umfang, die Laufzeit der Kredite und die Zuteilung voraus, aber: „Ich glaube nicht, dass die großen Pfeiler verändert werden.“

Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire drängte die „Sparsamen Vier“, ihren Widerstand aufzugeben. „Ich appelliere an die vier Mitgliedstaaten, die sich dieser Lösung immer noch widersetzen, ihr Urteil zu revidieren und sich dem Kompromissvorschlag der EU-Kommission anzuschließen“, sagte Le Maire der „Welt“ (Samstag). „Ein besserer Vorschlag wird nicht mehr kommen.“ Der Vorschlag der Kommission müsse schnellstmöglich umgesetzt werden.

Im Gegenzug für ein Einlenken der Vier könne man über die Rabatte der Nettozahler beim Beitrag zum EU-Haushalt reden, die eigentlich gestrichen werden sollten, regte Le Maire an. Er unterstützte die Idee neuer Abgaben auf EU-Ebene zur Finanzierung des Wiederaufbauplans - etwa eine europäische Steuer auf Digitalumsätze sowie eine Mindeststeuer für die größten Unternehmen.

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen verteidigte ebenfalls die Position, direkte Zuschüsse an Krisenstaaten zu vergeben statt nur Kredite. Würden sich Italien und Spanien nach „Jahren der Austerität“ von den anderen Europäern im Stich gelassen fühlen, „wären wir dem Scheitern der EU ganz nah“, sagte der Chef des Auswärtigen Ausschusses „Zeit Online“.

Gesprächsbedarf zum Vorschlag der EU-Kommission sieht Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus. „Was nicht passieren darf, ist, dass etwa ein italienisches Parlament eine Entscheidung trifft, und die finanziellen Konsequenzen in Form von Haushaltsdefiziten auf den europäischen Deckel schreibt“, sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstag).

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Erstellt:
1. Juni 2020, 12:51 Uhr

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