Grüner Umweltminister überschreitet Tempolimit

dpa/lsw Stuttgart. Ein grüner Raser? Und dann noch Minister? Nach einer drastischen Tempoüberschreitung geht Baden-Württembergs Umweltminister Untersteller in Sack und Asche. Seine Kritiker fordern Konsequenzen.

Franz Untersteller (Bündnis 90/Die Grünen), Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft von Baden-Württemberg. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild

Franz Untersteller (Bündnis 90/Die Grünen), Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft von Baden-Württemberg. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild

Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller hat sich in eine unangenehme Lage hineinmanövriert: Ende November ist der Grünen-Politiker und Befürworter eines generellen Tempolimits von 130 Kilometern pro Stunde auf der Autobahn 8 von der Polizei bei einer drastischen Tempoüberschreitung erwischt worden.

Der Grüne war mit 177 Sachen unterwegs. Auf dem Abschnitt der Autobahn zwischen Stuttgart und Karlsruhe, wo er gestoppt wurde, waren aber nur Tempo 120 erlaubt. Das Ministerium bestätigte den Vorfall, über den die „Bild“-Zeitung berichtet hatte. Der Minister betonte am Mittwoch: „Es tut mir leid.“

Der Chef der FDP-Landtagsfraktion, Hans-Ulrich Rülke, legte Untersteller den Rücktritt nahe. Auch die Junge Union hält ihn für nicht mehr tragbar. „Ein Umweltminister, der ein allgemeines Tempolimit fordert und dann selbst soviel zu schnell ist, hat sämtliche Glaubwürdigkeit verspielt und sollte zurücktreten“, sagte der Landeschef der CDU-Nachwuchsorganisation, Philipp Bürkle. „Wasser predigen und Wein saufen - das ist Grüne Doppelmoral pur.“

Untersteller wies die Forderungen zurück und sagte an die Adresse der FDP: „Ich denke, dass Herr Rülke sich besser überlegen sollte, für welche Vergehen er diese Forderung aufstellt.“ Er sehe seine Glaubwürdigkeit nicht beschädigt: „Wenn ich mit erhobenem Zeigefinger als Moralapostel Politik machen würde, wäre das vielleicht so. Aber das tue ich nicht.“ Der Grünen-Politiker wollte die Familie seines Sohnes besuchen, der mit zwei Kindern in Frankfurt lebt. Der Minister erläuterte: „Ich war unterwegs zu meiner Familie und hatte es eilig, ich habe die Geschwindigkeitsbegrenzung nicht beachtet und die Straßenlage hat es erlaubt, schnell zu fahren.“

Das sei aber keine Rechtfertigung. „Ich bin unzulässigerweise deutlich zu schnell gefahren, das darf mir nicht passieren.“ Dem Blatt sagte er: „Das ist natürlich kein Kavaliersdelikt, wenn man so deutlich über der vorgeschriebenen Geschwindigkeit unterwegs ist, wie ich es war.“

Die Konsequenzen würden ihm eine Lehre sein. Er erhält vier Wochen Fahrverbot, zwei Punkte in Flensburg und muss ein Bußgeld von 240 Euro zahlen.

FDP-Mann Rülke sagte: „Peinlich, dass ausgerechnet der grüne Umweltminister auf der Autobahn beim Rasen mit deutlicher Geschwindigkeitsüberschreitung von 57 km/h erwischt wurde.“ Er erinnerte an einen Vorfall aus dem Jahr 2009: Damals hatte der heutige baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann den Rücktritt des damaligen CDU-Verkehrsministers in Nordrhein-Westfalen wegen Raserei gefordert hatte. „Wenn die Grünen die Maßstäbe, die sie an andere anlegen, an sich selbst anlegen, dann muss Untersteller zurücktreten.“ Hermann äußerte sich dazu auf Anfrage nicht.

Der alternative Verkehrsclub VCD betonte, wer als Führungsperson für einen Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel werbe, müsse als Vorbild vorangehen. „Man hat eine gewisse Verantwortung, das auch zu leben, wofür man eintritt“, sagte VCD-Landeschef Matthias Lieb.

Die Strecke Stuttgart - Frankfurt sei überdies schneller mit dem ICE zurückzulegen als mit dem Auto. „Vielleicht kann das der Minister in der Zeit des Fahrverbotes einmal ausprobieren“, empfahl Lieb. Der Vorfall sei ein Warnschuss für den Grünen, sein Verhalten stärker zu reflektieren. Untersteller versprach: „Ich werde sicher künftig umsichtiger unterwegs sein, wenn ich am Steuer sitze.“

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Erstellt:
9. Dezember 2020, 12:44 Uhr

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