Heuschreckenplage in Ostafrika könnte zu Hungersnot führen

dpa Nairobi/Addis Abeba. Einer der Schwärme hat fast die Größe des Saarlandes: Eine Heuschreckenplage mit „beispiellosem Zerstörungspotenzial“ könnte für die Menschen in Ostafrika zu einer Katastrophe führen.

Eine Heuschreckenplage könnte in Ostafrika eine Hungersnot auslösen. Foto: Isak Amin/FAO/ap/dpa

Eine Heuschreckenplage könnte in Ostafrika eine Hungersnot auslösen. Foto: Isak Amin/FAO/ap/dpa

In Ostafrika macht sich die schlimmste Plage von Wüstenheuschrecken seit mehreren Jahrzehnten breit - und könnte Experten zufolge eine Hungersnot auslösen. Schwärme der Insekten fallen seit Monaten über Landstriche in Äthiopien, Kenia und Somalia her.

Sie seien „beispiellos in ihrer Größe und ihrem Zerstörungspotenzial“, teilte die UN-Landwirtschaftsorganisation (FAO) mit. In der ohnehin armen, von Dürren und Überschwemmungen geplagten Region könne die Plage zu einer Hungersnot führen, warnte Jasper Mwesigwa, ein Analyst beim Klimazentrum der ostafrikanischen Regionalgemeinschaft IGAD.

Der Ausbruch sei „von einer Dimension, die weit über die Norm hinausgeht und die wir seit 25 Jahren nicht gesehen haben“, erklärte Daniele Donati, der stellvertretende Leiter der Abteilung für Notfälle bei der FAO. Ein Schwarm in Kenia mit Hunderten von Millionen von Insekten sei etwa 2400 Quadratkilometer groß - fast so groß wie das Saarland. Ein einziger Quadratkilometer der Insekten könne an einem Tag so viel vertilgen wie 35.000 Menschen. Und ein Schwarm kann demnach bis zu 150 Kilometer am Tag zurücklegen.

Mitverantwortlich für diese Notlage ist ein Wetterphänomen, das jüngst in Australien zu den verheerenden Bränden beigetragen hat: Der Indische-Ozean-Dipol. Diese natürlich vorkommende Schwankung der Wassertemperaturen hat Ostafrika viel Regen beschert. In der Region sind dem UN-Nothilfebüro (Ocha) zufolge 3,4 Millionen Menschen von den Überschwemmungen betroffen.

Die Nässe hat sehr gute Bedingungen für die Wüstenheuschrecke geschaffen. Die Insekten können sich von der Vegetation optimal ernähren, die feuchte Erde ist ideal für die Reproduktion und die Winde unterstützen die Verbreitung der Heuschrecken, wie Mwesigwa vom IGAD erklärte. „Wäre der Regen nicht so intensiv gewesen, wäre der Ausbruch aus unserer Sicht unterdrückt worden.“

Die Lage ist besonders verheerend, weil in Ostafrika ohnehin große Nahrungsmittelunsicherheit herrscht. Fast 25,5 Millionen Menschen haben dort Ocha zufolge derzeit nicht genug zu essen. Viele Bewohner mussten mit einer schlimmen Dürre kämpfen, dann mit Überschwemmungen. Die meisten Menschen sind Kleinbauern oder Hirten, also stark vom Land abhängig. Hinzu kommen Konflikte, wie etwa in Somalia, wo die Miliz Al-Shabaab die Bevölkerung terrorisiert.

Die Behörden sind bei der Bewältigung der Plage überfordert. Die Länder seien auf diese Dimension des Ausbruchs nicht vorbereitet gewesen, sagte Mwesigwa. Die einzige effektive Maßnahme gegen die Heuschrecken ist aus Sicht der Experten das großflächige Sprühen von Pestiziden aus der Luft. Die FAO braucht nach eigenen Angaben 70 Millionen Dollar für die Bekämpfung der Insekten und die Unterstützung der Betroffenen in Kenia, Somalia und Äthiopien.

Sollte der Ausbruch nicht unter Kontrolle gebracht werden, könne die Zahl der Heuschrecken bis Juni auf das 500-fache anwachsen, warnte Donati. Das ganze Ausmaß vorherzusagen ist schwierig. Heuschrecken richteten Schaden an „ähnlich wie Brände“, erklärte der FAO-Experte - einige Felder können komplett verwüstet sein, ander unberührt. Doch klar ist: Die wichtigste Erntezeit der Region steht ab März an. Die Plage könne „zu einem hundertprozentigen Verlust der Ernte führen“, wenn die Heuschrecken angreifen, während die Pflanzen noch jung seien, sagte Mwesigwa.

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Erstellt:
23. Januar 2020, 06:25 Uhr

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