May wendet Revolte ab - Boris Johnson will Parteichef werden

dpa London. Drei Wochen Aufschub hat Theresa May bekommen, um ihren Brexit-Deal noch durchs Unterhaus zu bringen. Ihre Partei will sie los werden, aber bis Anfang Juni stillhalten. Zu denen, die sich für ihre Nachfolge warmlaufen, gesellt sich offiziell eine schillernde Figur.

Zunächst wird es kein neues Misstrauensvotum gegen Theresa May geben. Foto: Stefan Rousseau/PA Wire

Zunächst wird es kein neues Misstrauensvotum gegen Theresa May geben. Foto: Stefan Rousseau/PA Wire

Die angedrohte Parteirevolte gegen die britische Premierministerin Theresa May bleibt vorerst aus. Das einflussreiche 1922-Komitee der Konservativen Partei setzt seine Drohung, ein neues Misstrauensvotum gegen May durchzusetzen, zunächst nicht um.

Das ging aus einer Einigung mit May nach einem Gespräch hervor. Gleichzeitig bekräftigte einer der schärfsten Kritiker Mays, Ex-Außenminister Boris Johnson, dass er sich um ihr Amt bewerben will. Formal geht es immer um den Parteivorsitz, aber die Chefs der Regierungsparteien werden nach den britischen Gepflogenheiten immer auch Regierungschefs.

„Natürlich werde ich mich bewerben“, sagte Johnson, der sich wochenlang zurückgehalten hatte, am Rande einer Rede in Manchester auf die Frage, ob er bei einem Rücktritt Mays für das Amt des Parteichefs kandidiere. „Das dürfte kein Geheimnis sein.“ Die Regierung sei in den Brexit-Verhandlungen mit Brüssel nicht sehr dynamisch gewesen. Er habe endlosen Appetit, „dem Land auf den richtigen Weg zu helfen“. Neben ihm haben schon zahlreiche andere Politiker der Konservativen Partei ihr Interesse bekundet.

May wird für das Versagen der Regierung verantwortlich gemacht, den Brexit, den Austritt aus der Europäischen Union, wie versprochen bis 29. März 2019 zu vollziehen. Sie selbst schiebt dem Parlament die Schuld zu. Sie hat nur eine hauchdünne Mehrheit, und zahlreiche Konservative haben drei Mal mit der Opposition gegen das von ihr mit der EU ausgehandelte Austrittsabkommen gestimmt. Eine Alternative ist nicht auf dem Tisch. May vereinbarte mit der EU eine neue Brexit-Frist bis 31. Oktober. Sie will den EU-Austritt aber vor der Sommerpause vollziehen.

Das 1922-Komitee hatte vor dem Gespräch mit May einen klaren Zeitplan für ihren Rücktritt verlangt. Nun hieß es, man werde sich nach der Anfang Juni geplanten Abstimmung über das Gesetz zur Umsetzung des Brexit-Abkommens erneut treffen, „damit wir uns auf einen Zeitplan zur Wahl eines neuen Chefs der Konservativen Partei einigen“, wie der Vorsitzende des Gremiums, Sir Graham Brady, mitteilte.

Mitglieder des 1922-Gremiums hatten angesichts des schlechten Ansehens Mays in der eigenen Partei und alarmierender Umfragewerte mit einem neuen parteiinternen Misstrauensvotum gedroht. Dafür müssten die Parteiregeln geändert werden, was in der Befugnis des Gremiums liegt. Sie erlauben bislang pro Jahr nur ein Misstrauensvotum. Da May eine Abstimmung am 12. Dezember 2018 gewonnen hatte, ist sie eigentlich bis Dezember 2019 unantastbar. Das Komitee wurde von 1922 gewählten Abgeordneten gegründet, die damit die innerparteiliche Zusammenarbeit verbessern wollten.

May hatte aber selbst einen Rücktritt in Aussicht gestellt, sobald das Parlament ihrem Brexitabkommen zustimmt. Mit einem politischen Schachzug will sie es nach den drei Niederlagen in der ersten Juni-Woche erneut versuchen. Dann sollen die Parlamentarier nicht über das Abkommen selbst, sondern über das Gesetz zur Umsetzung des Abkommens abstimmen. May hofft dabei auf Unterstützung der Labour-Opposition, aber die Verhandlungen über gegenseitige Zugeständnisse stocken.

„Natürlich werde ich mich bewerben“, sagte Johnson auf die Frage, ob er bei einem Rücktritt Mays für das Amt des Parteichefs kandidiere. Foto: Andy Rain/EPA

„Natürlich werde ich mich bewerben“, sagte Johnson auf die Frage, ob er bei einem Rücktritt Mays für das Amt des Parteichefs kandidiere. Foto: Andy Rain/EPA

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Erstellt:
16. Mai 2019, 18:03 Uhr

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