Entscheidung über Lufthansa-Rettungspaket steht kurz bevor

dpa Berlin. Seit Wochen wird verhandelt, nun sei in „Kürze“ mit einer Entscheidung zu rechnen, sagt Kanzlerin Merkel. Es geht um milliardenschwere Staatshilfen für die in der Corona-Krise angeschlagene Lufthansa.

Laut Kanzlerin Merkel steht eine Entscheidung über ein Rettungspaket für die schwer angeschlagene Lufthansa kurz bevor. Foto: Boris Roessler/dpa

Laut Kanzlerin Merkel steht eine Entscheidung über ein Rettungspaket für die schwer angeschlagene Lufthansa kurz bevor. Foto: Boris Roessler/dpa

Eine Entscheidung über ein milliardenschweres Rettungspaket des Bundes für die Lufthansa steht kurz bevor. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, es sei in Kürze“ damit zu rechnen.

Die Regierung sei in „intensiven Gesprächen“ mit dem Unternehmen und der EU-Kommission. Details zu laufenden Gesprächen könne sie nicht nennen, sagte Merkel weiter.

Die Verhandlungen über Staatshilfen für die Lufthansa sind nach Angaben der Bundesregierung noch nicht beendet. „Die Gespräche sind zwar weit gediehen, aber noch nicht abgeschlossen“, sagte ein Regierungssprecher der Deutschen Presse-Agentur am Mittwochabend.

Nach dpa-Informationen hat sich die Regierung auf einen gemeinsamen Vorschlag für ein Rettungspaket geeinigt. Demnach will sich der Bund zunächst mit weniger als 25 Prozent an der Lufthansa beteiligen. Demnach hätte der Bund keine Sperrminorität - er könnte wichtige strategische Entscheidungen nicht blockieren. Die Bundesregierung soll zudem zwei Aufsichtsräte in das Kontrollgremium entsenden.

Nach Informationen des „Handelsblatts“ und der Deutschen Presse-Agentur“ soll zunächst mit einem Kredit der staatseigenen KfW-Bank über drei Milliarden Euro die Liquidität der Lufthansa gesichert werden. Hinzu komme eine direkte Beteiligung des Staates von 20 Prozent - sowie eine Wandelanleihe im Wert von fünf Prozent plus einer Aktie. Über diese Konstruktion solle der Staat in die Lage versetzt werden, im Falle des Versuchs einer feindlichen Übernahme eine Sperrminorität aufzubauen. Mit den Verhandlungen vertraute Kreise erklärten der dpa, die Wandelanleihe könne nur unter besonderen Bedingungen wie der Abwehr einer Übernahme gezogen werden. Zuerst hatte das „Handelsblatt“ über die Ausgestaltung berichtet.

Zuvor hatte der „Spiegel“ berichtet, die Bundesregierung habe sich darüber geeinigt, wie der Staat bei der Fluggesellschaft einsteigen soll. Merkel, Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hätten einen Kompromiss erzielt. Sprecher des Wirtschafts- sowie des Finanzministeriums wollten sich auf dpa-Anfrage dazu nicht äußern. Auch die Lufthansa wollte den Bericht nicht kommentieren.

Die Bundesregierung und die Lufthansa verhandeln seit Wochen über Staatshilfen. Dabei ging es nach dpa-Informationen um ein Paket von bis zu neun Milliarden Euro. Die Modalitäten waren in der Koalition lange umstritten. Vor allem die Union warnte vor einer „Quasi-Verstaatlichung“ der Airline. Das Modell einer Staatsbeteiligung von rund 25 Prozent plus einer Aktie und damit einer Sperrminorität wurde in der Union sehr kritisch gesehen.

Das Lufthansa-Management hatte wiederholt vor einem zu starken Staatseinfluss auf unternehmerische Entscheidungen und einer zu hohen Verschuldung gewarnt.

Die Lufthansa und ihre Betriebsräte hatten am Dienstag schnelle Entscheidungen zu der geplanten Staatshilfe in Milliardenhöhe gefordert. Die Arbeitnehmervertreter warnten in einem Offenen Brief vor einer Insolvenz oder einem Schutzschirmverfahren für den Dax-Konzern. Beides berge unkalkulierbare Risiken und würde wirtschaftlich und politisch das falsche Signal setzen, argumentierten die Beschäftigten.

In einer Botschaft an die Mitarbeiter erklärte der Lufthansa-Vorstand um Vorstandschef Carsten Spohr, dass man „in diesen Tagen“ ein Finanzierungskonzept erwarte, dass zwischen dem geplanten Wirtschaftsstabilisierungsfonds und der Bundesregierung abgestimmt sei.

„Da sich unsere Liquidität absehbar weiter verringert, hoffen wir auf einen raschen Abschluss der politischen Willensbildung und einen zukunftsweisenden Kompromiss in Berlin, der auch unsere Zukunftsfähigkeit im globalen Wettbewerb berücksichtigt“, hieß es in dem Brief an die Mitarbeiter.

Dem Lufthansa-Konzern droht das Geld auszugehen. Das Unternehmen war wie die gesamte Branche vom Corona-Schock hart getroffen worden und verliert derzeit rund 800 Millionen Euro Barmittel im Monat. Von den angeblich vorhandenen Bar-Reserven von mehr als 4 Milliarden Euro gehören 1,8 Milliarden Euro eigentlich den Kunden, die auf Erstattungen für nicht durchgeführte Flüge warten.

Das Virus mit den folgenden Reisebeschränkungen hatte den globalen Flugverkehr mit Ausnahme der Fracht nahezu zum Erliegen gebracht. Lufthansa reduzierte den Passagierbetrieb auf ein Minimum und flog zwischenzeitlich nur noch knapp 1 Prozent der Passagiere aus dem Vorjahr. Inzwischen läuft der Verkehr langsam wieder an, so dass bis Ende Juni rund 14 Prozent des eigentlich geplanten Verkehrs wieder in der Luft sein sollen.

Die Lufthansa hatte am 7. Mai einen Zwischenstand zu den Gesprächen über ein Rettungspaket von rund 9 Milliarden Euro veröffentlicht. Neben einer stillen Beteiligung des noch nicht etablierten Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) geht es um einen KfW-Kredit und als kleinsten Bestandteil um eine direkte Beteiligung des Bundes am Grundkapital des Dax-Konzerns. Diese könnte bis zu einer Sperrminorität von 25 Prozent plus einer Stimme reichen. Auch will der Staat im Aufsichtsrat vertreten sein. Lufthansa will den staatlichen Einfluss möglichst gering halten.

Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit warnte am Mittwoch vor einer Insolvenz in Eigenverwaltung bei der Lufthansa. Sie würde eine „schwerwiegende Vertrauenskrise von Mitarbeitern, Kunden, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in das Unternehmen auslösen und die Zukunft deutscher Airlines nachhaltig gefährden“, erklärte VC-Präsident Markus Wahl. Das Unternehmen prüft dieses Schutzschirmverfahren für den Fall, dass eine umfangreiche Staatshilfe in den derzeit laufenden Gesprächen mit der Bundesregierung nicht zustande kommt.

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Erstellt:
20. Mai 2020, 19:00 Uhr

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