Neuer Pflege-TÜV soll Qualität von Heimen exakter bewerten

dpa Berlin. Reihenweise bekamen die Pflegeheime bisher Bestnoten - auch wenn es an der Versorgung der Bewohner haperte. Das soll sich mit einem neuen Pflege-TÜV ändern. Doch schon zum Start gibt es Zweifel.

Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sollen künftig aussagekräftigere Bewertungen von Pflegeheimen bekommen. Foto: Holger Hollemann/dpa

Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sollen künftig aussagekräftigere Bewertungen von Pflegeheimen bekommen. Foto: Holger Hollemann/dpa

Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sollen ab kommendem Jahr aussagekräftige Informationen über die Qualität der 13.000 Heime erhalten.

Die Angaben sollen bei der Auswahl einer Einrichtung helfen. Am Dienstag startete die Sammlung entsprechender Daten für eine grundlegend neue Qualitätsprüfung, wie der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen in Berlin mitteilte.

Nach jahrelanger Kritik wird der alte Pflege-TÜV schrittweise abgelöst. Bisher erhalten die Heime oft Bestnoten. Man konnte an ihnen kaum ablesen, wie gut die insgesamt 700.000 Heimbewohner jeweils wirklich versorgt werden. So lag der bundesweite Gesamtdurchschnitt im September bei 1,2. Zudem wurde vor allem die Dokumentation der Pflege-Arbeit in Unterlagen geprüft.

Nun sollen Qualität und mögliche Missstände in einem zweistufigen Verfahren gemessen werden. Die Heime selbst sollen nun Daten liefern zu zehn Themen - etwa wie gut sie die Mobilität der Bewohner erhalten oder wie selbstständig diese noch Körperpflege und anderes machen können. Dies soll bei jedem Bewohner jedes halbe Jahr gemessen und an eine Datenstelle gemeldet werden.

Alle 14 Monate sollen zudem Prüfer der gesetzlichen und privaten Krankenkassen die Qualität der einzelnen Heime zu 24 Aspekten prüfen und dabei auch die Stimmigkeit der gesammelten Daten bewerten. Geprüft werden soll unter anderem, wie gut die Unterstützung der Bewohner beim Essen und Trinken, die Wundversorgung oder die Unterstützung bei der Strukturierung des Tags ist. Die Heimprüfer sollen angemeldet kommen und jeweils neun Bewohner begutachten - aber die Heime dabei auch beraten.

Veröffentlicht wird zum einen, wie gut die Heime bei den einzelnen Qualitätsthemen im Vergleich zum Durchschnitt abschneiden. Dargestellt wird auch, ob die Prüfer Qualitätsdefizite fanden - für die einzelnen Prüfpunkte jeweils einzeln. Eine Gesamtbewertung ist nicht geplant. Aber alle schwerwiegenden Defizite würden künftig erkennbar, sagte der Geschäftsführer der Medizinischen Dienste der Krankenkassen, Peter Pick.

Auch weitere Informationen über die Heime sollen geliefert werden, etwa zur personellen Ausstattung. Angaben etwa zur Zimmergröße oder dem Vorhandensein von Balkonen oder einem Garten sind dagegen freiwillig. Die Ergebnisse sollen wie bisher im Internet veröffentlicht werden und in den Heimen selbst einsehbar sein. Bis Ende 2020 sollen alle Heime nach dem neuen Verfahren geprüft sein.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte: „Der bisherige Pflege-TÜV war leider eine Farce.“ Künftig gehe es darum, wie es den Bewohnern wirklich geht. „Das ist ein Riesenschritt für mehr Vertrauen ins System.“ Auch die Pflegebeauftragte der SPD-Fraktion, Heike Baehrens, lobte, dass künftig die Qualität der Versorgung im Mittelpunkt stehe.

Die Grünen-Expertin Kordula Schulz-Asche forderte die stärkere Einbeziehung der Angehörigen. Die FDP-Expertin Nicole Westig verlangte einfachere Darstellungen. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, nannte es fraglich, ob die neue Darstellung wirklich eine schnelle Einschätzung bei der Heimsuche bringen werde. Linksparteichef Bernd Riexinger kritisierte, das zentrale Problem des Personalmangels werde nicht gelöst.

Der Gesetzgeber hatte die Pflegeeinrichtungen, -kassen und Kommunen bereits 2015 beauftragt, bis März 2017 ein neues Prüfverfahren zu entwickeln. Aber es gab immer wieder Verzögerungen.

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Erstellt:
1. Oktober 2019, 16:45 Uhr

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