Oktoberfest wegen Corona-Krise abgesagt

dpa München. Sechs Millionen Besucher aus aller Welt - kann in Corona-Zeiten ein Oktoberfest gefeiert werden? Schon länger standen die Zeichen auf Absage. Jetzt haben die Verantwortlichen ihre Entscheidung verkündet.

Das Oktoberfest fällt in diesem Jahr aus. Foto: Felix Hörhager/dpa

Das Oktoberfest fällt in diesem Jahr aus. Foto: Felix Hörhager/dpa

Keine Münchner Wiesn für Millionen Feierfreudige aus aller Welt: Das berühmte Oktoberfest ist wegen der Corona-Pandemie für dieses Jahr abgesagt worden. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) gaben die Entscheidung am Dienstagmorgen bekannt.

„Es tut uns weh, es ist unglaublich schade“, sagte Söder. Ein Fest in der Größe, mit der Internationalität und unter den Bedingungen der Wiesn bedeute jedoch eine zu hohe Gefahr.

Die Wiesn 2020 sollte vom 19. September bis zum 4. Oktober stattfinden, rund sechs Millionen Besucher aus aller Welt wurden dazu erwartet. In Corona-Zeiten wäre die Ansteckungsgefahr auf dem Volksfest mit oft bis auf den letzten Platz besetzten Bierzelten und dem Gedränge in den Gassen zu groß, hieß es nun.

„Wir haben erlebt, dass der Apres-Ski in Ischgl, verschiedene Starkbierfeste beispielsweise oder auch Karnevalsveranstaltungen leider Viren-Drehscheiben waren“, sagte Söder. Insofern gelte bei Festen die größte Sensibilität. „Solange es keinen Impfstoff gibt, solange es kein Medikament gibt, muss besonders aufgepasst werden.“

Reiter sagte, dies sei ein emotional schwieriger Moment. Die Wiesn sei das zentrale Fest und das Highlight des Jahres - jedenfalls für ganz viele Menschen. „Und es einfach nicht stattfinden zu lassen, ist schon eine bittere Pille.“

Es habe auch ökonomisch in wirtschaftlich ohnehin schwierigen Zeiten negative Auswirkungen auf München. Nicht nur Schausteller, Wirte und Budenbesitzer auf dem Volksfest selbst, sondern auch Hotels, Gaststätten, Taxifahrer und Einzelhändler profitieren von dem Volksfest. Die Wiesn 2019 hatte nach Angaben der Stadt einen Wirtschaftswert von rund 1,23 Milliarden Euro.

Der Münchner Wirtschaftsreferent und Wiesnchef Clemens Baumgärtner (CSU) bedauert die Absage, sieht darin aber den richtigen Weg. Eine Verschiebung oder ein verkleinertes Fest sei keine Option gewesen. „Schon wegen der langwierigen Vorläufe bei der Planung und der Vergabe kann die Wiesn weder zeitlich verlegt werden noch in einem anderen Format stattfinden.“

Die Wiesnwirte reagierten mit großem Bedauern, aber auch großem Verständnis. „Die Gesundheit unserer Gäste liegt uns besonders am Herzen und hat oberste Priorität“, sagte Wirte-Sprecher Peter Inselkammer. Die Absage berühre auch die Wirte emotional.

Neben dem Oktoberfest stehen laut Söder auch weitere bayerische Volksfeste im Spätsommer und Herbst vor der Absage. Wenn die Wiesn nicht stattfinden könne, dann gelte dies auch für „ähnliche Feste“, die im selben Zeitraum in Bayern stattfinden sollten. „Da glauben wir auch, es wäre unverantwortlich, das dort zu machen“, sagte Söder.

Es gehe nicht nur um das Oktoberfest, sondern auch um einige andere Feste, die um dieselbe Zeit seien, betonte Söder und erwähnte auch das Gillamoos-Volksfest. Wenig später sagte die niederbayerische Stadt Abensberg das Fest ab - es sollte Anfang September beginnen. Das Volksfest mit rund 700-jähriger Tradition ist überregional bekannt, weil am letzten Festtag in den verschiedenen Bierzelten Spitzenpolitiker bei zeitgleichen Kundgebungen auftreten.

In Stuttgart steht das Cannstatter Volksfest als zweitgrößtes Volksfest in Deutschland auf der Kippe. Der baden-württembergische Sozialminister Manne Lucha (Grüne) sagte, er rechne auch hier mit einer Absage. Die größte Gefahr gehe derzeit von Großveranstaltungen aus. Im vergangenen Jahr hatten rund 3,5 Millionen Menschen den Cannstatter Wasen besucht. Der Auftakt für das Fest ist derzeit noch für den 25. September geplant, es soll bis zum 11. Oktober dauern.

Auch Münchens OB Reiter betonte, es könne Volksfeste, vor allem natürlich das Oktoberfest, aber „auch andere in dieser Zeit einfach nicht geben“. Auch das Bayerische Zentral-Landwirtschaftsfest, bei dem die Bauern alle vier Jahre den Südteil des Wiesn-Geländes ihre Arbeit, Land- und Forsttechnik sowie Nutztiere präsentieren, wird nicht stattfinden.

Die Schausteller wehrten sich unterdessen dagegen, das Wiesn-Aus zur Blaupause für andere Volksfeste zu machen. „Die Absage des Oktoberfestes darf kein Indikator sein, andere Volksfeste ab Ende August in Deutschland zwingend und voreilig abzusagen“, verlangte der Deutsche Schaustellerbund. „Die Feste sind für die Schausteller von existenzieller Bedeutung und für die einheimische Bevölkerung zentraler Anker ihres gesellschaftlichen und kulturellen Zusammenlebens.“ Das Oktoberfest sei mit seinen hohen Besucherzahlen und dem internationalen Publikum auch nicht repräsentativ für die 9750 anderen deutschen Volksfeste.

Spätestens seit Bund und Länder in der vergangenen Woche beschlossen hatten, Großveranstaltungen bis Ende August zu verbieten, war klar, dass dies auch für viele Volksfeste im Herbst das Aus bedeuten würde - darunter das Oktoberfest. Noch Ende März hatte es geheißen, man wolle über die Wiesn so spät wie möglich entscheiden - Ende Mai oder Anfang Juni. Dann hätten die Zulassungen für Wirte, Schausteller und Marktkaufleute durch die Stadt erteilt werden müssen. Anfang Juli hätte auf der Theresienwiese der Aufbau begonnen.

Nicht zum ersten Mal wird ein Oktoberfest abgesagt. Schon im 19. Jahrhundert war die Wiesn wegen einer Seuche ausgefallen: Weil die Cholera tobte, fiel das Fest 1854 und 1873 aus. Auch zu Kriegszeiten gab es vielfach keine Oktoberfeste. Während der Weltkriege wurde das Volksfest gestrichen, ebenso 1923 in der Phase der Hyperinflation.

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Erstellt:
21. April 2020, 04:02 Uhr

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