Protestforscher: Extinction Rebellion „mehr Schein als Sein“

dpa Berlin. Klimaaktivisten von Extinction Rebellion haben am Kanzleramt in Berlin mit dem Aufbau eines Klimacamps begonnen. In den kommenden Tagen soll es mehrere Aktionen geben. Ein Protestforscher hält die Gruppierung aber für „ein Stück weit aufgeblasen“.

Das Logo der Umweltschutzgruppe „Extinction Rebellion“ bei einem Pressegespräch der Umweltschützer in Berlin. Foto: Paul Zinken/dpa

Das Logo der Umweltschutzgruppe „Extinction Rebellion“ bei einem Pressegespräch der Umweltschützer in Berlin. Foto: Paul Zinken/dpa

Die Aktivistengruppe Extinction Rebellion ist nach Ansicht des Protestforschers Dieter Rucht in Deutschland bislang eine relativ kleine Gruppe.

„Extinction Rebellion ist ein Stück weit aufgeblasen, mehr Schein als Sein“, sagte Rucht der Deutschen Presse-Agentur. Das zeige sich auch an „vollmundigen Ankündigungen“ zur Mitgliederzahl und Anzahl der nationalen Verbände. Die von der Gruppe genannten Zahlen seien „nicht unbedingt durch die Realität gedeckt“. Ab Montag plant die Gruppe in Berlin und etlichen Städten weltweit Aktionen. Heute begann der Aufbau eines Klimacamps vor dem Kanzleramt.

Zu den jüngsten Aktionen der Gruppe in Berlin sei je nur eine kleine Gruppe von Aktivisten gekommen, erklärt Rucht. Dennoch habe es die Gruppe mit ihren Protestaktionen stets in die Medien geschafft, was für eine gewisse Professionalität spreche. Rucht verglich den Aufbau der Bewegung mit einem Franchise-System: So genügten wenige Klicks, um auf der Internetseite als Ortsgruppe in Gründung genannt zu werden. Auf diese Weise erweckten die Aktivisten den Eindruck, dass die Bewegung mit vielen Ortsgruppen weltweit präsent ist. „Aber die Präsenz ist weitgehend eine Webpräsenz und keine physische Präsenz.“ 

Extinction Rebellion (auf Deutsch etwa: Rebellion gegen das Aussterben) kommt ursprünglich aus Großbritannien. Nach eigenen Angaben gibt es die Gruppe seit November vorigen Jahres auch in Deutschland.

Heute begann nach Angaben der Veranstalter der Aufbau eines sogenannten Klimacamps in der Nähe des Kanzleramts in Berlin. Extinction Rebellion will dort von Sonntag an unter anderem Workshops und Arbeitsgruppen abhalten, wie eine Sprecherin sagte.

Viele Gruppen aus ganz Deutschland reisten bereits heute an. Unter den Campern waren auch einige Kinder. Die Stimmung war am Nachmittag friedlich und ausgelassen, wie ein dpa-Reporter beobachtete.

Insgesamt werden nach Angaben der Veranstalter mehrere Tausend Menschen in Berlin erwartet. Wie viele schlussendlich in dem Camp übernachten würden, konnte die Sprecherin nicht sagen. Laut Polizeiangaben waren 6000 Teilnehmer für die Versammlung bis zum 13. Oktober angemeldet.

Extinction Rebellion will am Montag auch den Straßenverkehr in der Hauptstadt behindern - etwa am Potsdamer Platz. „Wir empfehlen Autofahrern, das Auto stehen zu lassen“, hatte es am Freitag geheißen. Die Bewegung fordert von der Bundesregierung unter anderem, den Klimanotstand auszurufen und den CO2-Ausstoß bis 2025 auf null zu senken.

Die geplante Blockade erhöhe die Gefahr einer Eskalation, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, der „Passauer Neuen Presse“. „Dabei ist der Klimawandel eine Menschheitsaufgabe, die sich nur im Konsens lösen lässt.“ Sein Fraktionsvorsitzender Christian Lindner sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, Gruppierungen wie Extinction Rebellion riefen zur Verkehrsblockade in Städten auf. Autos würden beschädigt und die Besitzer beschimpft. „Trotz der Bedeutung des Klimaschutzes hört für mich das Verständnis auf, wenn Gewalt angewendet wird.“

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Erstellt:
5. Oktober 2019, 17:19 Uhr

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