Saudi-Arabien schafft Todersstrafe für Kinder ab

dpa Riad. In dem autoritär regierten Saudi-Arabien gilt ein äußerst rigides Strafrecht. Jetzt kündigt der Wüstenstaat zwei maßgebliche Reformen an. Beobachter reagieren eher verhalten auf die Neuerungen.

Salman bin Abdelasis al-Saud, König von Saudi-Arabien, leitet eine Regierungssitzung per Video-Schalte. Foto: -/Saudi Press Agency/dpa

Salman bin Abdelasis al-Saud, König von Saudi-Arabien, leitet eine Regierungssitzung per Video-Schalte. Foto: -/Saudi Press Agency/dpa

Das islamisch-konservative Königreich Saudi-Arabien hat die Todesstrafe für Minderjährige und das Auspeitschen als Strafe abgeschafft.

König Salman schaffte Hinrichtungen Minderjähriger per Dekret ab, wie der von Saudi-Arabien finanzierte Nachrichtenkanal Al-Arabija berichtete. Die Todesstrafen würden nun in Haftstrafen von maximal zehn Jahren umgewandelt werden. Das gelte für alle Strafen von Tätern unter 18 Jahren.

Fast zeitgleich zu diesem Schritt teilte die staatlich kontrollierte Menschenrechtskommission auf Twitter mit, dass Auspeitschen als Strafe in Saudi-Arabien künftig verboten sei. Das habe der oberste Gerichtshof entschieden. Dieser wies die Strafrichter des Landes an, stattdessen Geld- oder Haftstrafen zu verhängen. Die Entscheidung sei Teil des von König Salman und Kronprinz Mohammed eingeleiteten Reformprozesses in Menschenrechtsfragen.

In dem autoritär regierten Wüstenstaat gilt ein rigides Strafrecht. Todesstrafen werden unter anderem wegen Terrorvorwürfen und Drogendelikten verhängt. Weltweit zählt Saudi-Arabien neben China und dem Iran zu den Ländern mit den meisten Hinrichtungen. 2019 wurden dort nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International 184 Menschen hingerichtet - eine Steigerung um 23 Prozent und die höchste Zahl, die Amnesty je für das autoritär geführte Land dokumentiert hat.

Das Auspeitschen war bislang unterdessen eine gängige Strafe für verschiedene Vergehen. So wurde etwa der Blogger Raif Badawi 2015 zu einer Haftstrafe und 1000 Peitschenhieben verurteilt, weil er den Islam beleidigt haben soll. Tatsächlich erhielt er am Ende nur 50 Hiebe, weil er gesundheitlich angeschlagen war.

Beobachter äußerte sich nach den Ankündigungen am Montag verhalten optimistisch. Die Ankündigung sei „in erster Linie eine leicht durchschaubare PR-Masche von Kronprinz bin Salman, um davon abzulenken, dass die Anzahl der Hinrichtungen unter seiner Führung im vergangenen Jahr um ein Viertel gestiegen ist“, sagte Gyde Jensen, Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte im Bundestag. Ob die Neuerung auch für Aktivisten und Oppositionelle gelte, müsse sich zeigen.

Kritiker machen für die Menschenrechtslage vor allem Kronprinz Mohammed bin Salman verantwortlich, den faktischen Herrscher Saudi-Arabiens. Sie sehen in ihm auch den Drahtzieher für den Mord an dem regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi. Saudi-Arabien hat in diesem Jahr die Präsidentschaft in der G20-Staatengruppe der führenden Wirtschaftsmächte und will im November zum Gipfeltreffen in der saudischen Hauptstadt Riad laden.

Trotz der beiden Neuerungen sehen Beobachter andere Teile des saudischen Strafrechts als kritisch. Menschen dürfen etwa monatelang ohne Anklage festgehalten werden. Ein einheitliches Strafgesetzbuch gibt es nicht. Stattdessen werden Urteile auf Grundlage der Scharia gefällt, einer strengen Auslegung des islamischen Rechts. So ist der Konsum von Alkohol in Saudi-Arabien eine Straftat.

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Erstellt:
27. April 2020, 11:40 Uhr

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