Kritik an Amthor wird lauter - SPD und Linke für Aufklärung

dpa Schwerin/Berlin. Gerät CDU-Jungstar Philipp Amthor wegen einer Tätigkeit für eine US-Firma in Bedrängnis? Er räumt Fehler ein, die CDU im Nordosten steht hinter ihm. Doch SPD und Linke halten das Thema nicht für erledigt.

Der Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor (CDU) beantwortet bei einer Pressekonferenz die Fragen von Journalisten. Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa

Der Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor (CDU) beantwortet bei einer Pressekonferenz die Fragen von Journalisten. Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa

Die Kritik am Verhalten des CDU-Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor aus Mecklenburg-Vorpommern nimmt zu.

Während sich die dortige CDU, wo er weiter einziger Kandidat für den Landesvorsitz ist, mit offener Kritik zurückhielt, forderten die Bundes-SPD und Linke die Aufklärung der Lobbyarbeit des 27-Jährigen für ein US-Unternehmen. „Es reicht nicht, einfach von einem Fehler zu sprechen und zu versuchen, zur Tagesordnung überzugehen. Das ist inakzeptabel“, sagte die Vizechefin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast. Bundestagsabgeordnete hätten eine besondere Vorbildfunktion. „Wir erwarten, dass die Causa Amthor vollumfänglich aufgeklärt wird.“

Schleswig-Holsteins SPD-Fraktionschef Ralf Stegner legte Amthor den Rücktritt nahe, sollte er die Vorwürfe nicht entkräften können. „Wem Käuflichkeit vorgeworfen wird, der muss das ausräumen, wenn er Bundestagsabgeordneter bleiben will, anstatt darüber nachzudenken, neue Ämter wie den CDU-Landesvorsitz und die Spitzenkandidatur in Mecklenburg-Vorpommern anzustreben“, sagte er dem Berliner „Tagesspiegel“.

Amthor ließ bislang offen, ob er 2021 im Nordosten als Spitzenkandidat gegen Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) antreten will. Der CDU-Landesvorstand will am Freitag in Güstrow darüber entscheiden, ob der Landesparteitag im August oder erst im Oktober stattfindet.

Amthor hatte am Freitag seine Arbeit für eine US-Firma rückblickend als einen Fehler bezeichnet. Zwar habe er seine Nebentätigkeit für das Unternehmen bei Aufnahme im vergangenen Jahr der Bundestagsverwaltung offiziell angezeigt. „Gleichwohl habe ich mich politisch angreifbar gemacht und kann die Kritik nachvollziehen. Es war ein Fehler“, hatte Amthor erklärt. Er habe die Nebentätigkeit beendet und Aktienoptionen nicht ausgeübt. „Ich bin nicht käuflich“.

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, äußerte sich zurückhaltend. „Wir nehmen die Berichterstattung und die Reaktion von Herrn Amthor wahr. Es wird sicherlich ein Gespräch geben, um den Sachverhalt zu klären“, sagte der CDU-Politiker der „Welt.

Wie der „Spiegel“ berichtete, hatte Amthor für die Firma Augustus Intelligence Lobbyarbeit betrieben und im Herbst 2018 mit einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) um politische Unterstützung gebeten. Der Entwurf des Schreibens wurde dem Nachrichtenmagazin zufolge auf Briefpapier des Bundestags verfasst und kursierte vor Versenden im Unternehmen.

Das Bundeswirtschaftsministerium gibt an, mit der Firma nicht über Kooperationen oder Fördergelder gesprochen zu haben. Amthor und die Geschäftsführung seien am 26. November 2018 zu einem Gespräch empfangen worden, teilte das Ministerium der „Welt“ mit. „Themen des Termins waren eine kurze Unternehmensvorstellung sowie ein Austausch über Entwicklungen im Bereich Künstliche Intelligenz und Blockchain. Es wurden weder Kooperationen noch Fördergelder besprochen oder später vereinbart.“ Folgetermine gab es demnach keine.

Ausweislich einer älteren Regierungsantwort zu dem Treffen hatte es aber auch schon vier Tage vorher ein Gespräch gegeben, beide führte der damalige Parlamentarische Staatssekretär Christian Hirte (CDU). „Ich habe definitiv nichts falsch gemacht“, sagte Hirte der „Thüringischen Landeszeitung“. „Ich habe den Termin im Auftrag des Ministeriums wahrgenommen. Es ist „Business as usual“ gewesen.“ Er habe sich in den zwei Jahren seiner Amtszeit „wahrscheinlich mit Hunderten Firmenvertretern getroffen, mit vielen auch mehrfach“.

Hirte, der selbst in Thüringen als neuer CDU-Vorsitzender im Gespräch ist, gerät nun aber ebenfalls in den Fokus. Thüringens linker Ministerpräsident Bodo Ramelow twitterte: „Nicht käuflich aber bezahlbar? Mindestens aber berechenbar - für eine Handvoll Aktienoptionen und Direktorenpöstchen gibt’s halt Gespräche mit der Bundespolitik. Lieber Herr Christian Hirte kannten Sie die Hintergründe? Wussten Sie von den Verbindungen? Wie ist Ihre Bewertung?“

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, forderte grundsätzliche Reformen. „Der Einfluss von Lobbyismus auf die Politik ist da. Das zeigt jetzt auch wieder der Fall Amthor“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. „Ein verbindliches, gesetzliches Lobbyregister ist überfällig, klarere Veröffentlichungspflichten bei Nebentätigkeiten und ein legislativer Fußabdruck bei Gesetzgebungsverfahren sind dringend notwendig.“

SPD-Vize Kevin Kühnert forderte die Union auf, ihren Widerstand gegen ein Lobbyregister umgehend aufzugeben. „CDU und CSU müssen ihre jahrelange Blockade beenden und den Weg für mehr Transparenz endlich frei machen“, sagte er dem „Tagesspiegel“ (Montag).

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Frank Junge, der wie Amthor einen Wahlkreis in Mecklenburg-Vorpommern vertritt, forderte eine „lückenlose Aufklärung“. „Auch wenn sich Philipp Amthor für sein eklatantes Fehlverhalten entschuldigt hat, kann die Angelegenheit nicht als erledigt betrachtet werden“, sagte der Sprecher der ostdeutschen SPD-Abgeordneten der dpa. „Ich fordere außerdem, dass der Präsident und das Präsidium des Deutschen Bundestags eine entsprechende Bewertung vornehmen, um danach notwendige Konsequenzen einzufordern.“

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Erstellt:
14. Juni 2020, 13:24 Uhr

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