Städtetag erwartet beispiellose Einbußen durch Corona-Krise

dpa Berlin. Die Corona-Krise hinterlässt tiefe Spuren in den Kassen von Städten und Gemeinden. Vor allem die wichtigste Einnahmequelle bricht weg, weil es der Wirtschaft schlecht geht. Nun sollen Bund und Länder helfen. Es geht um Milliarden.

„Die kommunalen Haushalte werden so hohe Einbußen erleiden, wie wir sie in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gesehen haben“, sagt Burkhard Jung. Foto: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa

„Die kommunalen Haushalte werden so hohe Einbußen erleiden, wie wir sie in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gesehen haben“, sagt Burkhard Jung. Foto: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa

Der Deutsche Städtetag erwartet infolge der Corona-Krise beispiellose finanzielle Einbußen für die Kommunen. Die Belastungen liegen nach einer neuen Prognose bei mindestens 20 Milliarden Euro in diesem Jahr.

„Die kommunalen Haushalte werden so hohe Einbußen erleiden, wie wir sie in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gesehen haben“, sagte der Präsident des Städtetages und Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, Burkhard Jung, der Deutschen Presse-Agentur.

Mindestens 15 bis 20 Prozent der Gewerbesteuer würden im Bundesdurchschnitt wegbrechen, möglicherweise sogar noch deutlich mehr, sagte Jung. Mitte Mai werden die Ergebnisse der aktuellen Steuerschätzung erwartet. Der Städtetag erneuerte die Forderung, Bund und Länder müssten einen milliardenschweren kommunalen Rettungsschirm aufspannen. Die Aussagen kommen kurz vor erneuten Beratungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder an diesem Mittwoch.

Auch die Gewerkschaft Verdi forderte einen Rettungsschirm für Kommunen. Der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke sagte, die Kommunen dürften nicht in Haushaltsschieflagen getrieben werden, in denen sie Angebote der Kinder- und Jugendhilfe oder andere soziale Dienste kürzen, öffentliche Schwimmbäder und Kultureinrichtungen dauerhaft schließen oder den öffentlichen Nahverkehr reduzieren müssten. Zudem müssten Altschulden erlassen werden.

„Die Städte schultern in der Corona-Krise viele Aufgaben“, sagte Jung. „Wir unterstützen Bund und Länder mit ganzer Kraft, um diese Krise zu meistern. Zahllose Beschäftigte leisten vor Ort ihr Bestes dafür.“ Der starke Rückgang der Wirtschaftsleistung werde aber auch die Haushalte aller Kommunen massiv treffen. „Hohe Einnahmeverluste, aber auch der Anstieg von Ausgaben werden die Kommunen mit mindestens 20 Milliarden Euro in diesem Jahr belasten.“

Die Bundesregierung rechnet in ihrer Frühjahrsprojektion damit, dass das Bruttoinlandsprodukts in diesem Jahr um 6,3 Prozent sinkt - dies wäre die bislang schwerste Rezession der Nachkriegszeit. Die Prognose ist Grundlage für die Steuerschätzung. Die Wirtschaft ist von den massiven Einschränkungen im Kampf gegen das Virus schwer getroffen. Bei vielen Firmen sind Aufträge und Umsätze weggebrochen.

Jung sagte, der Städtetag erwarte den stärksten Einbruch bei der Gewerbesteuer im zweiten Quartal. „Hier müssen wir mit Einbußen bei unserer wichtigsten städtischen Steuer rechnen, die weit über 25 Prozent hinausgehen. Genaueres können wir Anfang Juni sagen.“

Nötig sei nun eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Ländern, um die Handlungsfähigkeit der Städte sicherzustellen. „Wir brauchen einen kommunalen Rettungsschirm, der mit einem zweistelligen Milliardenbetrag unterlegt ist“, so Jung. „Kommunale Einnahmeverluste und Mehrausgaben müssen damit in großem Umfang von Bund und Ländern kompensiert werden. Denn unsere Städte müssen in, aber auch nach der Krise handlungs- und leistungsfähig sein. Sie müssen die Folgen der Krise bewältigen und ihren Bürgerinnen und Bürgern gute Dienstleistungen anbieten, Vereine und Verbände unterstützen, die Stadtentwicklung vorantreiben, Kitas und Schulen bauen.“

Bund und Länder dürften die Kommunen nicht im Stich lassen. „Und ich bin zuversichtlich, dass sie diesen Aufruf ernst nehmen.“ Die Ankündigung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), einen Vorschlag vorzulegen, mache Mut. „Diese Ankündigung gilt es nun schnell bis zum Sommer zu konkretisieren.“

Von den Ländern erwarte der Städtetag, dass sie einen erheblichen Teil zu einem Rettungsschirm für die Kommunen beitragen. „Sie werden eigene zusätzliche Mittel in die Hand nehmen müssen, damit ihre Städte handlungsfähig bleiben“, so Jung. „Die Länder werden die kommunale Finanzausstattung durch ihre Gemeindefinanzierungsgesetze für das nächste Jahr so aufstocken müssen, dass dies gelingt.“

Der Städtetag hatte bereits vor knapp einem Monat erklärt, er erwarte hohe Steuerausfälle. Unterm Strich rechnete der Städtetag Anfang April für das Jahr 2020 mit einem Defizit der Kommunen in zweistelliger Milliardenhöhe.

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Erstellt:
5. Mai 2020, 05:34 Uhr

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