Über fünf Jahre Haft für Ex-Handballtrainer

Gutachter attestiert pädophile Neigungen. Jeweils 10000 Euro Schmerzensgeld für die Missbrauchsopfer.

Ex-Handballtrainer aus Fellbach muss in den Knast. Symbolfoto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Ex-Handballtrainer aus Fellbach muss in den Knast. Symbolfoto: Alexander Becher

Von Heike Rommel

Fellbach/Stuttgart. Fünf Jahre und vier Monate Gefängnis lautet das Urteil über den ehemaligen Handballtrainer des SVFellbach, der 15 Jahre lang Spieler im Kindes- und Jugendalter sexuell missbraucht hat (wir berichteten). Der heute 53-Jährige hat sich bereit erklärt, jeweils 10000 Euro Schmerzensgeld an seine acht Opfer zu leisten, die vor dem Stuttgarter Landgericht als Nebenkläger auftraten.

Mit fünf Jahren und vier Monaten Haft für den teilweise schweren sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen sowie für den Besitz von kinder- und jugendpornografischem Material blieb die Kammer unter dem Strafantrag der Stuttgarter Staatsanwaltschaft auf sechs Jahre. Der Verurteilte hat seine Taten teilweise gefilmt. Tatort war zumeist seine Fellbacher Wohnung. Gutachterlich wurden dem Mann von einem Psychiater pädophile Neigungen attestiert, die sich nach den Worten des vorsitzenden Richters, Johannes Steinbach, im Jugendalter heraus gebildet und im Erwachsenenalter fortbestanden hätten. Psychisch krank sei der Verurteilte aber nicht, er sei voll schuldfähig.

Vom Maßregelvollzug mit anschließender Sicherungsverwahrung hat das Gericht abgesehen, weil es „eine nicht wesentlich erhöhte Rückfallgefahr“ sieht.

Der 1968 in Stuttgart geborene Diplom-Sozialpädagoge aus Fellbach war seit 1993 als Sozialarbeiter beim Jugendamt tätig, dann als EDV-Berater und in seiner Freizeit als Handballtrainer. Zwischen den Jahren 2001 bis 2019 trainierte er bei verschiedenen Vereinen auch Kinder und Jugendliche. Der sexuelle Missbrauch passierte zwischen den Jahren 2006 und 2019 beim SV Fellbach. Als die Kripo die Wohnung des Fellbachers durchsuchte, fand sie das pornografische Material.

Trainer übte Druck auf seine Opfer, die von ihm abhängig waren, aus

Der Urteilsbegründung zufolge hat er Druck auf seine Opfer ausgeübt, die wegen ihrer sportlichen Förderung von ihm abhängig waren. Für sexuelle Gefälligkeiten gab es auch Geschenke wie beispielsweise Amazon-Einkaufsgutscheine.

Gespräche mit dem Täter führen, wie es sich dieser im Zuge seines Geständnisses und seiner öffentlichen Entschuldigung vor Gericht gewünscht hat, wollten nur wenige der Opfer.

Strafschärfend wirkte sich bei der Urteilsfindung der lange Tatzeitraum und die Ausnutzung der Machtposition als Trainer aus. Strafmildernd wertete die Kammer, dass der Mann keine Gewalt angewendet hat, jedoch sehr wohl „psychologische Tricks“, dass er von Anfang an geständig war, dass er den sämtlich männlichen Opfern Aussagen im Detail erspart hat, und dass er nicht vorbestraft war.

In Fellbach hatte der Verurteilte seine Trainer-Tätigkeit angeblich wegen „sportlicher Differenzen“ beendet. Von 2020 bis zu seiner Verhaftung Ende November 2021 war er bei der SG BBM Bietigheim, wo er einen weiteren Jugendspieler missbrauchte. Auch diese Tat gab der heute 53-Jährige vor Gericht zu. Die Mutter des Jungen hatte sich an die Vereinsleitung gewandt, wo der Fellbacher als recht väterlich, kompetent und angesehen galt. Eine Art Vaterersatz soll der Mann auch für den Sohn einer Alleinerziehenden und den Neffen seiner Ex-Ehefrau in Fellbach gewesen sein. Auch diesen Jugendspielern ging er an die Hose. „Knuddeln“ nannte er das.

Die Verhandlungen in dieser Sache liefen vor dem Landgericht in Stuttgart zum Schutz der Opfer teilweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Ursprünglich sollte der Prozess bis in den Juni hinein dauern, doch wegen des Geständnisses konnte das Gericht auf einige der ursprünglich vorgesehenen Zeugen verzichten.

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Erstellt:
19. Mai 2022, 15:16 Uhr

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